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Frauenbios

Hilde Marchwitza

( Hilde Marchwitza, geb. Stern, gesch. Schottlaender )
(7.4.1900 Breslau – 8.9.1961 Ost-Berlin)
Berufsberaterin, Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus
Klosterallee 31 (Wohnadresse)
Hilde Marchwitza wurde am 07.04.1900 als Hilde Stern in Breslau geboren. [1] Sie entstammte einer jüdischen Gelehrtenfamilie. Ihre Eltern waren Clara und William Stern, Philosoph, Begründer der Differenziellen Psychologie oder Persönlichkeitspsychologie und Erfinder des ersten Intelligenzquotiententests. Sie hatte zwei jüngere Geschwister: Eva (1904–1992) und den bekannten Philosophen Günther Anders (1902–1992). 1916 erhielt William Stern eine Professorenstelle an dem Hamburger Vorlesungswesen und die Familie zog nach Hamburg.
Die Eltern führten über Jahre umfangreiche Tagebücher über die Kindheit der drei Geschwister. Die Entwicklung Hilde Sterns verlief normal. Zu ihren herausragenden Eigenschaften, im Vergleich zu ihren beiden anderen Geschwistern, gehörte ein ausgesprochener Gemeinsinn, der sich schon darin äußerte, dass sie früh in der Lage war, sich bewusst sozial zu verhalten. „Günther war krank und durfte nichts ‚Gutes‘ essen. Sonntag sollte er sich mit einfachem Backwerk begnügen, während Eva und Hilde vom ‚Hochzeitstagbuch‘ verlockendere Stücke erhielten. G. [Günther] fing gekränkt an zu weinen – was thut Hilde? Sie bringt mir ihr Stück zurück und bittet, sie wolle auch nur das haben was G. habe, damit er ruhig würde. Ich willfahrte ihr und lobte sie. Ich bin mir natürlich klar, dass hier der Wunsch, vor der Mutter brav dazustehen und ein grosses Lob einzuheimsen noch kausaler war als der, dem Bruder etwas Gutes zu tun – immerhin aber versagte sie sich materielle Genüsse ideeller halber. (Tagebuch XI [der Mutter] / Hilde /10.03.1908).“ [2]
Eine zweite Eigenschaft der jungen Hilde Stern war nach den Tagebuchaufzeichnungen der Mutter ihr ausgeprägtes Pflichtgefühl: „Nur ihre [schulischen] Leistungen [enttäuschten uns], nicht ihr Pflichteifer. Sie sucht sich niemals um eine Aufgabe herumzudrücken und arbeitet oft unermüdlich. (Tagebuch [der Mutter] XII / Hilde /19.09.1910) … Für Hilde existiert schon Pflicht ohne Neigung, im Kantischen Sinne, jedenfalls ohne bewusste Neigung. Obgleich sie die Anfangsgründe des Klaviers leicht erfasst und auch nicht ungern übt, so bedauert sie doch manchmal, dass „morgen Stunde ist“. Ich meinte nun, sie müsse ja nicht spielen lernen, wenn sie nicht gern wolle – darauf Hilde: „Ich muss es aber doch lernen“; sie meint damit nicht den Zwang von aussen, sondern von innen, den sie selbst auf sich ausübt. (Tagebuch [der Mutter] XII / Hilde / 17.08.1909).“ [3]
Zugleich ließ sie sich offenbar durch die Schule und andere soziale Kontakte nicht dominieren, sondern blieb sich selbst treu: „Deutsch lesen war auch ‚gut‘, ebenso Fleiß und Betragen. Aber die Körperhaltung lautet auf ‘Noch zu unruhig‘. Ich hatte im Geheimen meine Freude daran; ist es doch ein Zeichen, dass Ä‘ sie sich nicht allzuschnell zermahlen lässt. … Natürlich bringt sie manch kleine Angewohnheiten heim, die sie von den Kameradinnen annimmt – doch im Großen und Ganzen bleibt sie sie selbst (Tagebuch [der Mutter] XII / Hilde / 06.01.10).“ [4]
Hilde Stern machte in Hamburg ihr Abitur und ging anschließend an die Soziale Frauenschule in der Moorweidenstr. 24, die von der Vorsitzenden des Bundes deutscher (bürgerlicher) Frauenvereine, Gertrud Bäumer, geleitet wurde. Es war das erste Hamburger Institut für die Ausbildung von Sozialpädagoginnen. 1921 erhielt Hilde Stern eine Anstellung beim Hamburger Arbeitsamt, zunächst als Praktikantin, dann als Berufsberaterin.
1922 heiratete Hilde Stern den Philosophen und Altphilologen Rudolf Schottlaender (1900–1988), den sie über ihren Bruder kennengelernt hatte, und zog mit ihm nach Berlin. Hier arbeitete sie als Sekretärin für Gertrud Bäumer. Die Ehe hielt bis 1926 und wurde 1927 geschieden. Es gab Differenzen über die Austragung eines dritten Kindes – Hilde Schottlaender war dagegen – und wohl auch politische Differenzen. Rudolf Schottlaender schilderte diese in seiner 1986 veröffentlichten Autobiographie: „Der Tod meiner ersten Frau Hilde, … im September 1961 … gibt mir Anlaß zum Rückblick nicht nur auf die persönlichen, sondern mehr noch politischen Gründe einer so tiefen Entfremdung. Spätestens das Exil in New York hatte in der Bürgerstochter mit gemäßigt emanzipatorischen Linkstendenzen die radikale Wendung zum fanatischen Kommunismus bewirkt, die wohl schon vor der Auswanderung nach Amerika eingetreten war und dort endgültig wurde.“ [5]
Mit den beiden gemeinsamen Kindern Michael (1924–1989) und Hanna (geboren 1925) ging Hilde Schottlaender nach Hamburg zurück. Sie arbeitete dort wiederum im Arbeitsamt.
Im Juli 1933 wurde ihr Arbeitsverhältnis als Jüdin nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ gekündigt. Anschließend arbeitete sie in der Jüdischen Berufsberatungsstelle in Hamburg, wo es in Bezug auf die mögliche Auswanderung nach Palästina vor allem darum ging, die jüdischen Jugendlichen bevorzugt in handwerkliche, auch von der Jüdischen Berufsberatung selbstorganisierte Ausbildungen zu orientieren. Ihre Kinder gab sie an eine Quäker-Schule in den Niederlanden, um sie vor den antisemitischen Maßnahmen in Deutschland zu schützen. Auch ihre Eltern Clara und William Stern waren 1935 und Bruder Günther schon 1933 ins Exil gegangen.
Hilde Schottlaender engagierte sich aber nicht allein in der Jüdischen Gemeinde, sondern arbeitete auch unter dem Decknamen Edith Stahl in der Widerstandsgruppe um den von der KPD unabhängigen Kommunisten Hans Westermann gegen die NS-Diktatur mit. Westermann war 1925 und 1930 als sogenannter Versöhnler, der eine Zusammenarbeit der KPD mit Sozialdemokratie und Gewerkschaften in der Weimarer Republik befürwortet hatte, aus der KPD ausgeschlossen worden und arbeitete erst in der Illegalität wieder mit der Partei zusammen. In der Nacht auf den 06.03.1935 wurden Hans Westermann und seine Lebenspartnerin Käthe Latzke als führende Mitglieder der Widerstandsgruppe in Hilde Schottlaenders Wohnung, Klosterallee 31, von der Gestapo verhaftet.
Hilde Schottlaender war mit beiden befreundet. Sie hatte Hans Westermann 1932 während einer Veranstaltung der „Gesellschaft der Freunde des neuen Russland“ kennengelernt und ihn nach seiner Entlassung aus einer ersten „Schutzhaft“ vom Juli bis September 1934 bei sich aufgenommen. Später wohnte Käthe Latzke bei ihr. Westermann wurde nach seiner Verhaftung am 16.03.1935 im KZ Fuhlsbüttel ermordet, Käthe Latzke starb 1945 im KZ Ravensbrück.
Das Hanseatische Oberlandesgericht verurteilte Hilde Schottlaender im Oktober 1935 wegen „Vorbereitung zu einem hochverräterischen Unternehmen“ zu einer zweijährigen Haftstrafe, weil sie der Westermann-Gruppe ihre Wohnung für deren politische Arbeit zu Verfügung gestellt hatte. Sie verbüßte die Haftstrafe im Frauengefängnis Lübeck-Lauerhof. Ihre Schwester Eva, die sie während des Gefängnisaufenthaltes oft besuchte, schrieb 1991: „Ich bin überzeugt, dass ihre politische Tätigkeit und ihr Anschluss an linksgerichtete Kreise der Ausdruck ihres Gerechtigkeitssinnes war. Sie hat immer betont, dass sie kein Mitglied der Kommunistischen Partei war, da sie jede Gewaltanwendung ablehnte. Sie schloß sich deshalb einer Widerstandsgruppe an, die mit ihrer Auffassung übereinstimmte.“ [6]
Nach Ende der Haftzeit musste Hilde Schottlaender Deutschland gegen ihren Willen verlassen und reiste 1937 zu ihren Kindern in die Niederlande. Ihre Schwester Eva schilderte die Gespräche im Gefängnis: „Meine Schwester versuchte mir immer klar zu machen (in versteckter Form), daß sie auf keinen Fall bereit wäre, nach der Entlassung auszuwandern, da ihre Aufgabe im Widerstand in Deutschland läge. … Während sie im Gefängnis war, hatte sie – ich weiß nicht, wie – gehört, daß die beiden Freunde, die bei ihr gefunden wurden, im KZ unter Tortur umgebracht worden waren [zu diesem Zeitpunkt lebte Käthe Latzke allerdings noch]. Dieser Schock und die Verantwortung für ihre Kinder haben sie möglicherweise umgestimmt, nicht auf ihren Verbleib in Deutschland zu bestehen. Hinzu kam, daß (zu meiner großen Erleichterung), die Gestapo dem Anwalt mitgeteilt hatte, daß sie nach den zwei Jahren nur entlassen werden würde, wenn sie sich schriftlich verpflichtete, Deutschland sofort nach der Entlassung zu verlassen. Zu meiner Erleichterung erklärte sie sich zu dieser Unterschrift bereit.“ [7]
Noch im selben Jahr reiste Hilde Schottlaender mit ihren Kindern in die USA nach New York. Sie nahm später die amerikanische Staatbürgerschaft an und änderte ihren Namen in Hilde Scott.
Von 1937 bis 1939 arbeitete Hilde Scott als Redaktionssekretärin und Mitarbeiterin für die deutsch-englisch-sprachige Wochenzeitung „Deutsches Volksecho“. Herausgeber und Autor der meisten Artikel war der damals erst 23 Jahre alte deutsche Schriftsteller Stefan Heym. Namhafte Autoren veröffentlichten Beiträge, u. a. Thomas Mann, Ludwig Renn, Ilja Ehrenburg und Albert Einstein. Politische Linie des Blattes war die Umsetzung der so genannten Volksfrontstrategie der Kommunistischen Internationale (Komintern) unter Einbeziehung breiter Bündnisse mit linken, demokratischen und bürgerlichen Menschen und Parteien. Nach dem deutschen Überfall auf Polen 1939 und der Umsetzung des Hitler-Stalin-Paktes entfiel die politische Grundlage des „Deutschen Volksechos“, das auch wirtschaftlich in Schwierigkeiten war. Die Zeitung wurde im November 1939 eingestellt.
Danach wirkte Hilde Scott als Sozialarbeiterin für mehrere Hilfsorganisationen jüdischer Auswanderer und verfasste für die deutsch-jüdische Exilzeitung „Aufbau“ sozialpolitische Beiträge, die in der Rubrik „Probleme des Alltags“ erschienen. Sie schrieb auch für die Frauenseite des „German-American“, einer deutschen antifaschistischen Exil-Zeitschrift.
Beim „German-American“ lernten sich Hilde Scott und der deutsche kommunistische Arbeiter und proletarische Schriftsteller Hans Marchwitza kennen. Marchwitza war 1933 über die Schweiz emigriert und nahm von 1936 bis 1938 in den Interbrigaden auf Seiten der Republik am Spanischen Bürgerkrieg teil, wurde nach Francos Sieg beim Grenzübertritt in Frankreich interniert und konnte 1941 in die USA flüchten. Dort wurde er zunächst ebenfalls interniert, konnte sich aber später als Bau- und Hilfsarbeiter durchschlagen.
Seit 1942 lebten die beiden zusammen. Hilde Scott war gut in den USA integriert und sprach sehr gut Englisch, während Hans Marchwitza schlecht Englisch sprach und sich fast ausschließlich in der kommunistischen Exilgruppe bewegte. 1945 heirateten die beiden und kehrten nach Ende des Zweiten Weltkriegs Ende 1946 – die US-Regierung hatte wenig Interesse an der Aufbauarbeit durch deutsche Kommunisten und verzögerte deren Ausreise aus dem US-Exil – nach Deutschland zurück. Sie erreichten es über Bremerhaven und Bremen und gingen zunächst nach Stuttgart, weil sie lediglich ein Visum für die amerikanisch besetzte Zone erhielten. Von dort gingen sie 1947 wie von Anfang an geplant und quasi im Parteiauftrag in die sowjetisch besetzte Zone nach Babelsberg.
In der DDR übersetzte Hilde Marchwitza für den Dietz-Verlag aus dem Englischen mehrere Bücher, darunter „Kultur in einer sich ändernden Welt“: Eine marxistische Studie (1949) des kulturpolitischen Sprechers der KP der USA, V. J. Jerome, und „Indien heute“ (1951) von dem britischen kommunistischen Autoren Rajani Palme Dutt. Bis 1950 war sie 2. Landessekretärin des Demokratischen Frauenbundes Deutschland (DFD) in Brandenburg. Von 1950 bis 1951 leitete sie, als ihr Mann Kulturattaché der DDR in Prag war, die Pressestelle der diplomatischen Vertretung. Später unterstützte sie die schriftstellerische Arbeit ihres Mannes.
Nach Auskunft von Hilde Marchwitzas Tochter Hanna Obermann war die Beziehung zwischen Hilde und Hans Marchwitza sehr eng. „Hilde Stern überbrückte durch die gemeinsame Arbeit an Büchern so manche Wissenslücken ihres Mannes. Sie redigierte seine Texte und begann selbst wieder zu studieren. Sie wird als wissbegierige und kluge Frau beschrieben (Interview Obermann 2005).“ [8]
Hilde Marchwitza war während des amerikanischen Exils zu einer Parteikommunistin geworden, die überzeugt den Aufbau eines sozialistischen Deutschlands in der DDR unterstützte.
Hilde Marchwitza starb am 08.09.1961 in Ost-Berlin an einem Herzinfarkt. Ihre Urne befindet sich in der Grabanlage „Pergolenweg“ der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Berlin-Friedrichsfelde.
Text: Ingo Böhle
Quellen:
1 Alle biographischen Angaben nach: Eine vergessene Widerstandskämpferin: Hilde Schottländer, geb. Stern, in Ursula Wamser/Wilfried Weinke (Hg.): Ehemals in Hamburg zu Hause: Jüdisches Leben am Grindel, Hamburg 1991, S. 185¬–189; Biographien: Marchwitza, Hilde. In: Mario Keßler: Westemigranten. Deutsche Kommunisten zwischen USA-Exil und DDR. Köln 2019, S. 506f.; Raimund Bahr: Günther Anders. Leben und Denken im Wort. Wien 2010, Kapitel 9: Hilde Stern (1900–1961), S. 52–57; Wilfried Weinke: Marchwitza, Hilde. In Hamburgische Biografie. Personenlexikon. Band 2. Hamburg 2003, S. 272.
2 Raimund Bahr: Günther Anders. Leben und Denken im Wort. Wien 2010, S. 52.
3 Ebenda, S.53.
4 Ebenda, S. 53–54.
5 Rudolf Schottlaender: Trotz allem ein Deutscher. Mein Lebensweg seit Jahrhundertbeginn. Freiburg 1986, S. 96.
6 Eine vergessene Widerstandskämpferin: Hilde Schottländer, geb. Stern, in Ursula Wamser/Wilfried Weinke (Hg.): Ehemals in Hamburg zu Hause: Jüdisches Leben am Grindel, Hamburg 1991, S. 186.
7 Ebenda, S. 187.
8 Raimund Bahr: Günther Anders. Leben und Denken im Wort. Wien 2010, S. 56.
 

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

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Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

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