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Frauenbios

Erika Mintel

(15.4.1938 Königsberg; seit 1946 Kaliningrad/Russland – 18.5.1990 Hamburg)
Malerin und Kunstpädagogin mit eigener Kunstschule
Friedrich-Legahn-Straße 19, Blankenese (lt Hamburger Adressbuch 1958, Wohnadresse gemeinsam mit ihrem Vater)
Grindelberg 5 (Institut für Verbrauchs- und Einkaufsforschung, Wirkungsstätte)
Universität Hamburg, HfBK Lerchenfeld 2 und Armgartstraße 54, ehemals Fachbereich Gestaltung
Malschulen, teilweise als Wohnateliers: Wandsbeker Keksfabrik, Königstraße 1; im Hammoniabad an der Mundsburg; Sentastraße/ Dehnhaide; Bussestraße/Winterhude; zuletzt Altona, Hinterhof Donnerstraße Nr. 5 und 9 bis 1991
Im Winkel 2 (letzte Wohnadresse)
Geboren in Königsberg (Kaliningrad), lebte sie seit 1948 in Hamburg. Nachdem sie drei Jahre unter schweren Bedingungen in isolierten Kindergruppen im Nachkriegs-Ostpreußen unter russischer Herrschaft herumgeirrt war, hatte ihr Vater sie über den Suchdienst des Roten Kreuzes wiedergefunden. Es war Dr. Otto Mintel, der im Hamburger Adressbuch von 1958 als Konrektor – vermutlich an der „Wissenschaftlichen Oberschule für Mädchen und für Jungen“ (heute Gymnasium Blankenese) – mit Privatanschrift in Blankenese zu finden ist. Nach dem Abitur studierte Erika von 1959 bis1963 auf Betreiben ihres Vaters zunächst „etwas Vernünftiges“, nämlich Volkswirtschaft an der Universität Hamburg. Das war damals ein eher ungewöhnliches Studienfach für junge Frauen. Nach dem Tod ihres Vaters folgte sie sofort dem Ruf ihrer künstlerischen Neigung. Aber dazu fehlte das Geld, also arbeitete sie von 1964 bis 1966 als Technische Assistentin am (Unilever-)Institut für Verbrauchs- und Einkaufsforschung in Hamburg, da sie auch mathematisch sehr begabt war. Dies ermöglichte ihr, ehrgeizig ihre eigentliche künstlerische Neigung auf eine breite akademische Basis zu stellen: Acht Semester studierte sie an der Hochschule für Bildende Künste HfBK Hamburg, u. a. bei dem Maler und Grafiker Willem Grimm, Hamburger Sezession; bei Hans Thiemann und Kurt Kranz, beide ebenfalls Maler und Grafiker vom Bauhaus Dessau. Und mit einem Diplom in freier und angewandter Kunst schloss sie ihre Studien 1975 am Fachbereich Gestaltung an der Armgartstraße ab.
Danach machte sich Erika Mintel quasi selbstständig mit der Eröffnung ihrer Malschule(n). Mehr als zwei Jahrzehnte sammelte sie resolut, mit hohem Anspruch an sich und andere, eine künstlerische „Familie“ um sich: „Wir mussten arbeiten, nicht-inspiriert-Sein gab es nicht“, erinnert sich eine langjährige „Malschülerin“ schmunzelnd, aber: „Erika Mintel war eben eine prägende Persönlichkeit. Sie förderte ein sehr effizientes Arbeiten. Mit ihrer Art, streng, aber gerecht, wirkte sie befruchtend. Sie besprach mit uns unsere Arbeiten, sie hat Ausstellungen für uns organisiert. Das Wichtigste: Sie hat jeden so gelassen, wie er ist, und jede Person in ihrer Eigenart gefördert. Ja, und neben all ihren Tätigkeiten hat Erika Mintel auch noch Zeit für die eigene Malerei gefunden, am liebsten nachts, wenn alles ruhig war. Sie sprach wenig von ihren Bildern und ihre Malschüler bekamen ihre eigenen Werke höchstens auf einer Ausstellung (...) zu sehen. Dort waren die Bilder auch käuflich zu erwerben. Nach ihrem Tod konnten die Schüler den Restbestand erwerben und so kam es, dass viele Schüler viele Mintel-Originale besitzen. Einige davon fließen in den Künstlernachlass ein“.
Darüber hinaus war Erika Mintel zwischen 1978 und 1990 freiberuflich an der Neurologisch-Psychiatrischen Abteilung des Albertinen-Krankenhauses als Gestalt- und Beschäftigungstherapeutin tätig. Auch und vor allem dort galt ihr Motto: „Malen ist beinahe jedem Menschen möglich. Gerade trotz Krankheit und Behinderung!“ Vielleicht half ihr diese klinische Tätigkeit auch ein wenig dabei, ihre eigenen traumatischen Kindheitserlebnisse zu integrieren bzw. zu wandeln?
1990 verstarb Erika Mintel mit nur 52 Jahren an den Folgen einer schweren Krankheit. Private Initiative ermöglichte ihr ein Begräbnis auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Bis heute ist sie als engagierte, Mut machende Vermittlerin schöpferischer Überlebenstechniken in den Reihen ihrer einstigen Schülerinnen und Schüler unvergessen. Ihren Nachlass verwaltet das „Forum für Nachlässe von Künstlerinnen und Künstlern e.V.“ im Künstlerhaus Sootbörn.
Anschaulich formulierte eine ehemalige Schülerin, die 20 Jahre bei Erika Mintel gearbeitet hatte, die besonderen Qualitäten der Malpädagogin aus Leidenschaft: „Es war 1972, eine Bekannte nahm mich mit in eine alte Keksfabrik. Hier hatte Erika Mintel ihre kleine Malschule: Diese Frau war mir sofort sympathisch: schlicht, ungekünstelt, wach, präsent, echt. – Meine erste Arbeit war eine Papiercollage, vier Abende saß ich daran. ... Sie griff auch früher Gemachtes auf. Bei mir waren dies ‚Punkte’. Mit einem teuren, spitzen Aquarellpinsel brachte ich in den nächsten Monaten Tausende in allen Farben aufs Papier. Vielfältige Übungen dachte sie sich dazu aus (warm-kalt, Komplementärkontraste u. a.). Später entstand ein Bild, an dem ich sechs Monate arbeitete: ‚Baumblüte im Alten Land’. Ich lernte Geduld und Ausdauer. Dieses Bild liebe ich: Außerdem lernte ich genaues Hinsehen, Farbnuancen, Licht und Schatten erkennen. Auch Loslassen und Zerstören will gelernt sein, wenn Neues entstehen soll; d. h. in der Kunst: Übermalen, Überkleben, Verändern... Ich schwelgte auch in Ölfarbe. Diese Malweise war mir die liebste. ‚Malschwein’ war für Erika Mintel ein erstrebenswerter Ehrentitel. War ich eins, ich weiß es nicht.
Wir Schüler wurden alle individuell betreut. Im Gespräch fand sie zunächst heraus, was der Einzelne bisher gemacht hatte, und was er/sie gerne machen würde. Sie beriet uns fachkundig und sorgfältig. Ihr Urteil war ehrlich, treffend, witzig, deftig und hilfreich. So kam es, dass jeder Malschüler etwas ganz Eigenes in Arbeit hatte. Ihr lag nicht daran, mit uns einen akademisch künstlerischen Weg zu beschreiten, sondern sie lockte aus jedem Schüler/jeder Schülerin Fantasie und unsere ganz besondere künstlerische Gestaltungskraft heraus. So entstanden in den Kursen Arbeiten, sehr vielfältig in Technik und Thematik.
.. Eines Tages schleppte Frau Mintel eine Malerin an, die vorher an der Volkshochschule war und dort nicht weiterkam, bzw. nicht ‚ankam’ mit ihren Blumenbildern. Die Blumenstillleben wurden allgemein geschätzt, aber sie entdeckte zwischen den Blumen Köpfe, denen sie auch nachging ... Bei Mintel herzlich willkommen. Einer malte Faultiere und andere Landschaften und sah überall nackte Frauen.
20 Jahre habe ich bei Erika Mintel verbracht und in dieser Zeit einige Ateliers und viele nette Hobbykünstler erlebt. Es war eine wunderbare Zeit“ (zitiert aus dem Bericht einer ehemaligen Malschülerin, freundliche Zusendung von Frau Katja Ewtuschenko).
Text: Dr. Cornelia Göksu
Quellen:
– Tabellarische Vita zu Erika Mintel auf Website des Forums für Künstlernachlässe im Künstlerhaus Sootbörn 22, Hamburg; Onlineversion unter: www.kuenstlernachlaesse.de/blog/portfolio/erika-mintel/
– Freundliche Informationen von Katja Ewtuschenko: eigene Erinnerungsberichte, angereichert mit Informationen aus dem Kreis der ehemaligen Malschüler_innen von Erika Mintel.
– Thorsten Dittrich M.A. und Dr. Walter Kauffmann vom Nachlassbüro/Künstlernachlässe Sootbörn haben diese Recherche mit wertvollen Hinweisen unterstützt. Das Künstlerhaus Sootbörn betreut auch die Nachlässe von Künstlerinnen wie Margrit Kahl, Ingeborg Sello oder Alexandra Povórina; vgl. Kurzbiografien in dieser Datenbank.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Dr. Rita Bake,
Rita.Bake@hamburg.de

Zuletzt eingetragene Namen

Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae

Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons

März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

Wie nutzen Sie die Datenbank?

  • Sie kennen den Namen einer Frau – und möchten mehr wissen?
    Dann geben Sie den Namen ein. Sie finden: Wohn- bzw. Wirkungsstätte und mehr oder weniger ausführlich biografische Daten, ggf. mit Hinweisen auf weitere Veröffentlichungen, Webseiten.
  • Sie möchten wissen, wer in einer bestimmten Straße oder einem bestimmten Stadtteil/Bezirk gewohnt hat? Dann geben Sie den Straßennamen ein oder wählen einen Stadtteil oder Bezirk aus.
  • Sie interessieren sich für bestimmte Themen, Berufsgruppen, Orte/Gebäude, Vereine oder Institutionen, die im Zusammenhang mit Frauen eine Rolle spielen? Dann nutzen Sie das Schlagwortregister, die freie Suche oder das Namens-/Sachregister.

Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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