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Helga Boddin

(22.11.1926 Hamburg – 26.12.2006 Hamburg)
Radiopionierin, Leitende Rundfunkjournalistin des N(W)DR
Semperstraße 57, Winterhude (Wohnadresse der Eltern)
Grasweg 38a (Wohnadresse)
Bestattet auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756, Grab: AF 25,446
Ein stromlinienförmiger „Karrieremensch“ sei sie nie gewesen – „obwohl ich immer weiterkommen wollte“. Mit diesem Resümee startete die Medienhistorikerin Janina Fuge ihr anschauliches Interviewporträt der prominenten Radiopionierin Helga Boddin aus Hamburg. Als Helga Boddin 1926 als mittlere von drei Schwestern in Hamburg geboren wurde, ahnte noch niemand, dass sie mit ihrer charakteristischen, dunklen Stimme ganze Generationen von Radiohörenden in ihren Bann ziehen würde. Ihre Eltern besaßen ein Meiereigeschäft in der Semperstraße in Winterhude. Regelmäßige Besuche von Aufführungen der Hamburger Theater und der Staatsoper prägten ihre kulturelle Bildung. In der Zeit des Nationalsozialismus gehörte Boddin der Hamburger Gebietsspielschar im BDM-Bezirk Nordmark an; sie führte Regie bei kleineren Stücken und wurde schließlich Assistentin der Gruppenleiterin für Florettfechten. Mit Datum vom 14.2.1944 beantragte sie ihre Aufnahme in die NSDAP und wurde unter der Mitgliedsnummer 1000671 am 20. April 1944 in die Ortsgruppe Hamburg aufgenommen (Mitgliedskarte ausgestellt am 15.7.1944 laut NSDAP-Zentralkartei beim Bundesarchiv Berlin). In den Monaten zwischen Winter 1944 bis zum Kriegsende 1945 war sie nach Wismar in ein Arbeitsdienstlager verpflichtet.
Nach Kriegsende in die Hansestadt zurückgekehrt, aktivierte Helga Boddin frühere Kontakte. Über ihre Florettmeisterin erhielt sie ein Engagement als Regieassistentin beim Städtebundtheater, „mit dem eine bunt gemischte Truppe auf einem Lastwagen von Ort zu Ort durch Schleswig-Holstein ruckelte“ (Janina Fuge 2012: 40). Kurzfristig spielt sie mit dem Gedanken, Theaterwissenschaft zu studieren, dafür paukte Regisseur Ludwig Cremer mit ihr „am Küchentisch“ Latein.
Doch schon 1946 startete sie ihre Laufbahn als Radiopionierin. Ihr Mentor Ludwig Cremer, Regisseur beim Städtebundtheater und ab Oktober 1945 Hörspielleiter beim NWDR, vermittelte der damals 20-Jährigen den Einstieg als Assistentin beim NWDR-Schulfunk „und damit das Entrébillet für eine steile Karriere im damals größten Rundfunksender Deutschlands“ (Janina Fuge 2012: 40).
Helga Boddin arbeitete sich hoch: Schritt um Schritt. „Sie machte sich in der zweiten Reihe unentbehrlich. Vielen Weggefährten war sie die zuverlässige ‚rechte Hand’, kommentierte sie salopp. Und das begann eben mit dem ‚Schulfunk’, der so etwas war wie eine frühe ‚Sendung mit der Maus’, sagt Boddin. In puncto ‚Authentizität’ setzte Regisseur Kurt Becker unbedingte Perfektion voraus. Da konnte es schon einmal vorkommen, dass die Boddin und ihre Kollegen bis nach Elmshorn fahren mussten, um das Motorengeräusch eines Oldtimers aufzunehmen. Und wenn eine Person im Rahmen einer Ton(!)-Aufnahme ins Wasser springen sollte, musste sich der Darsteller morgens eben auch tatsächlich die Badehose einpacken“ (Janina Fuge 2006).
Ihre Bewerbung für die Rundfunkschule, die renommierte Ausbildungsstätte des Senders, scheitert um Haaresbreite, „da Boddin im Personalfragebogen ihre ehemalige Mitgliedschaft in der NSDAP verschwiegen hatte. Boddin verteidigte sich: Nie habe sie ‚das Bonbon’ erhalten, es sei eine Art ‚kollektiver Überweisung’ aller BDM-Mädchen in die Partei gewesen“. Schließlich ermöglichte der Einspruch des britischen Chief Controllers Hugh Carleton Greene – des sogenannten Chefarchitekten des NWDR – der 21-Jährigen die Teilnahme am dreimonatigen Unterricht des dritten Jahrgangs der Rundfunkschule (vgl. Janina Fuge 2006).
Sie war in ihrem Element, ein exquisites Empfehlungsschreiben bescheinigte ihr Führungsqualitäten. Als Regieassistentin arbeitete sie weiterhin beim Schulfunk. Drei Jahre beim Frauenfunk folgten: Hier wurde sie Redaktionsassistentin, übernahm die Leitung der Aufnahmen, redigierte Manuskripte. „Die Fülle der Aufnahmen war es dann auch, die Helga Boddins Mutter ihrer Tochter den Spitznamen ‚Treppenterrier’ zukommen ließ – ‚wenn jemand ruft, musst du hoch und runter laufen’“ (Janina Fuge 2006).
Ende der 1960er Jahre wechselte Helga Boddin in die Abteilung „Unterhaltung“ des Norddeutschen Rundfunks (aus dem NWDR waren 1955 der NDR und der WDR hervorgegangen). Für die „Morgenmusik“ wählte sie die Schallplattenprogramme aus und moderierte zeitweise. Als Redakteurin präsentierte sie später den berühmten „Saturday Night Club“. Eine Musiksendung, die in in ihrer stilistischen Bandbreite, moderiert von “the voice“, der sonor dunkel-reizvollen Stimme Boddins, zu später Stunde Standards setzte. Überhaupt: Ihre Stimme war ihr unverwechselbares Kennzeichen. „Nie, sagt Helga Boddin gänzlich uneitel, sei sie eine Marlene Dietrich gewesen. Aber die Stimme konnte Fantasien anregen. Die vielen Hörerbriefe so mancher Verehrer können das beweisen...“ (Janina Fuge aus ihrem Interview mit Helga Boddin vom 8. Dezember 2005, zit. nach Fuge 2006).
Auch verbandspolitisch engagierte sich Helga Boddin seit Ende der 1950er Jahre beim Deutschen Gewerkschaftsbund DGB als Vertreterin der Frauen in der Bundesorganisation der Gewerkschaft Kunst. Zunächst einzige Frau und jüngste Rundfunkredakteurin vertrat sie seit Anfang der 1960er die ARD als Koordinatorin des NDR-„Nordring“-Engagements (gehobene Unterhaltung auf internationaler Ebene). Den Höhepunkt ihrer Laufbahn bildete ihre Position als stellvertretende Hauptabteilungsleiterin „Unterhaltung“ des Norddeutschen Rundfunks Hamburg von 1979 - 1981. Ihr Berufsleben meisterte Helga Boddin auf hanseatisch-unsentimentale Art, gewürzt mit ihrem spitzbübisch-bodenständigen Humor.
Text: Dr. Cornelia Göksu
Quellen:
– Janina Fuge 2006 = Janina Fuge: Die „rechte Hand“ – Wie Helga Boddin von der Regieassistentin zur stellvertretenden Hauptabteilungsleiterin Unterhaltung wurde. ndr.de/unternehmen/organisation/ndr-geschichten/1945_1947/nwdr 107 page (Forschungsstelle Geschichte des Rundfunks in Deutschland – FGRN)
und dies.: Kurzbiografie Helga Boddin, Hans-Bredow-Institut, Hamburg 2013
– Janina Fuge 2012 = Beitrag von Janina Fuge „Boddin, Helga“ in Hamburgische Biografie, Personenlexikon. Hg. von Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke, Band 6, Göttingen 2012, Seite 40f. sowie die dort angegebenen Quellen
– NSDAP-Mitgliedskarte Nr. 10006717, Helga Boddin, Hamburg, Semperstr. 57, Aufnahme beantragt: 14.2.1944; ausgestellt am: 15.7.1944; Aufnahme: 20.4.1944 in: NSDAP-Zentralkartei (ehem. BDC), Bundesarchiv Berlin, Info und Faksimile per E-Mail durch Simone Langner, Referat 3, an die Autorin v. 23.2.2016.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Zuletzt eingetragene Namen

Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

Wie nutzen Sie die Datenbank?

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  • Sie interessieren sich für bestimmte Themen, Berufsgruppen, Orte/Gebäude, Vereine oder Institutionen, die im Zusammenhang mit Frauen eine Rolle spielen? Dann nutzen Sie das Schlagwortregister, die freie Suche oder das Namens-/Sachregister.

Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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