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Frauenbios

Jutta Heinrich

(4.4.1940 Berlin – 23.7.2021 Hamburg)
Schriftstellerin
In ihrem Wikipedia Eintrag heißt es über die Herkunft von Jutta Heinrich: Sie „war die Tochter eines Juristen und Unternehmers und einer ausgebildeten Kunstmalerin. Sie wuchs in Bayern auf, besuchte die Schule bis zur mittleren Reife und übte anschließend verschiedene Tätigkeiten im Groß- und Einzelhandel aus; u. a. leitete sie zeitweise die väterliche Funier- und Sperrholzfabrik.“ 1) Jutta Heinrich arbeitete als „Sekretärin, Handelsvertreterin und Inhaberin eines Großhandels für Gardinen sowie mehrerer Einzelhandelsgeschäfte“. 2)
„Nachdem sie ihr Abitur nachgeholt hatte, studierte sie ab 1972 Sozialpädagogik an der Fachhochschule Hamburg und ab 1975 Literaturwissenschaft und Germanistik an der Universität Hamburg. Parallel zu ihrem Studium begann sie mit der Veröffentlichung literarischer Werke. 1987 nahm sie am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt teil. Ab 1988 war sie Lehrbeauftragte für Literatur, Politik und Geschichte an Universitäten in Bremen, Hamburg und Berlin; 2005 hatte sie eine Gastdozentur [für szenisches Schreiben] an der Universität der Künste in Berlin. (…)“ 1)
1999 wurde sie in den P.E.N. gewählt. „Sie erhielt neben diversen Arbeitsstipendien 1989 den Würzburger Literaturpreis und 2017 die Biermann-Ratjen-Medaille“ 1) in Hamburg. Bei dieser Verleihung sagte der amtierende Kultursenator Carsten Brosda: „Jutta Heinrich hat mit ihrer Literatur den feministischen Diskurs vorangetrieben. Ihr Hauptwerk ‚Das Geschlecht der Gedanken‘ ist ein hoch moderner Text, der an Aktualität nicht verliert. In den vergangenen Jahren hat sich Jutta Heinrich vor allem um die Literaturvermittlung verdient gemacht, unter anderem mit dem von ihr 2009 ins Leben gerufenen Schulschreibprojekt ‚LIT. Junge Köpfe, im Literaturzentrum‘. Jutta Heinrich lehrt Jungen und Mädchen in allen Teilen der Stadt die Schönheit der Literatur und die Kraft der Worte. Dafür gebührt ihr unser Respekt und Dank.‘“ 3)
Jutta Heinrich war auch Vorstandsvorsitzende des Literaturzentrums im Literaturhaus Hamburg und Kuratoriumsmitglied der Kulturstiftung Schloss Agathenburg, Niedersachsen.
„Ihre Werke: ‚Mit meinem Mörder Zeit bin ich allein‘, München 1981, ‚Alles ist Körper‘, Frankfurt am Main 1991 und das in mehrere Sprachen übersetzte und von Wolfgang Emck verfilmte Buch ‚Das Geschlecht der Gedanken‘, München 1977, wurden 2015 bei S. Fischer neu aufgelegt. Weitere Veröffentlichungen waren: ‚Unterwegs‘, Berlin 1978, ‚Eingegangen‘, Berlin 1987, ‚Männerdämmerung‘, Köln 1989, der Essayband, ‚Im Revier der Worte‘, Frankfurt am Main 1994, ‚Sturm und Zwang‘, Hamburg 1995 (zusammen mit Elfriede Jelinek und Adolf Ernst-Meyer), ‚Unheimliche Reise‘, Hamburg 1998“, 3) heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller anlässlich des 80. Geburtstages von Jutta Heinrich.
Die Journalistin der taz, Petra Schellen, schrieb einen Nachruf auf Jutta Heinrich. Darin heißt es: „Da war einmal die 14-Jährige, die sich nach dem Weggang der Mutter auch um die jüngeren Schwestern kümmerte und im väterlichen Unternehmen mitarbeitete. Da war später die selbstständige Handelsvertreterin und Unternehmerin, die zwar der bürgerlichen Enge entkommen war, aber oft männliche Dominanz erlebte. Erfolgreich war sie trotzdem, die Geschäfte florierten.
Ausschließlich aufs Materielle fixiert war Jutta Heinrich dabei nie, hat schon als Kind geschrieben. Dafür habe sie sogar manchmal die Schule geschwänzt, erzählt ihre langjährige Weg- und Lebensgefährtin Heidemarie Ott. (…). Früh hat Jutta Heinrich auch die strukturelle und individuelle Unterdrückung der Frau gespürt und sie 1966 in ihrem Debütroman ‚Das Geschlecht der Gedanken‘ beschrieben.
In dem Buch rebelliert ein Mädchen gegen die beengende Erziehung zur Frau im kleinbürgerlichen Milieu, gegen männliche Dominanz und den Chauvinismus der deutschen Nachkriegsgesellschaft überhaupt. Der Roman ist analytisch scharf, erbarmungslos, bissig. Er hätte sofort erscheinen können – wenn sich Jutta Heinrich ein männliches Pseudonym zugelegt hätte. Denn die Verlage wollten ein so radikales, nicht larmoyantes Buch nur einem Mann zuschreiben – zynischer Beleg für den im Buch verhandelten Herrschaftsanspruch.
Aber Jutta Heinrich wollte sich nicht verleugnen und genau jene Strukturen stärken, gegen die sie schrieb. Also wartete sie, bis auch die Verlags- und Feuilletonbranche so weit war, und brachte das Buch 1977 heraus.
Das Echo: furios. Statt der bis dato Frauen zugeschriebenen Leidensliteratur sei dies die ‚Rache des Opfers‘, schrieb die Zeit. (…). ‚Eines der aufregendsten, poetischsten und genauesten Bücher über die Wechselwirkung von Unterdrückung und Gewalt‘, schrieb Prof. Renate Möhrmann im ‚Kritischen Lexikon der Gegenwartsliteratur‘. (…)
Doch so radikal Jutta Heinrich auch war: Sie hatte auch eine zarte, ängstliche Seite, ja: eine Ur-Angst, die nach dem Fast-Atom-GAU von Harrisburg 1979 viel Raum bekam: ‚Mit meinem Mörder Zeit bin ich allein‘ heißt die Sammlung von Briefen, Romanfragmenten, Traumprotokollen, Tagebuchaufzeichnungen und Gedichten, mit denen sie gegen das Verdrängen der atomaren Bedrohung anschrieb.
‚Diese Texte sind Ausdruck meiner körperlichen und seelischen Reaktionen auf ein Leben unter dem Atompilz, es ist die rebellische, irrende Suche nach einer Heimat meines Lebens, unser aller Leben, in einer Zeit, die immer zeitloser wird, in einer Zukunft, die explodiert‘, hat die Autorin laut Homepage des Fischer-Verlags einmal über ihr Buch gesagt.
Schreiben war für Jutta Heinrich Verarbeitung, Politikum und Botschaft zugleich, und auch in ihrem Habitus war sie absolut: Ihre Wut und Hoffnungslosigkeit über die gesellschaftlichen Verhältnisse sei frisch wie eh und je, aber sie wolle sich nicht wiederholen, hat sie der taz 2016 anlässlich der Neuauflage einiger ihrer Werke gesagt. Deshalb schreibe sie nicht mehr – weder Literatur noch Radiobeiträge.
Stattdessen produzierte Jutta Heinrich in den letzten Jahren spitze, spritzige Kabarett-Texte und betrieb vor allem die transgenerationelle Weitergabe durch Schreibwerkstätten für die Jüngeren. Für diejenigen, die ihren literarischen Ausdruck noch nicht gefunden hatten. (…)
Jutta Heinrich liebte Männer und Frauen, lebte die letzten 24 Jahre mit Heidemarie Ott in einer Wohnung am Hamburger Hafen. (…)
So ganz zum Zeitgeist gepasst hat Jutta Heinrich allerdings nie: ‚Ohne meinen Chauvi-Geist wäre ich längst tot‘, hat sie der taz einmal gesagt. ‚Ihre punktuelle ,Über-Heblichkeit' bezog sich auf Einverleibungsversuche und identitäre Zuschreibungen‘, erklärt Heidemarie Ott. ‚Meine Sexualität ist ja an und für sich in Ordnung, nur nicht im Verhältnis zur Welt‘, fand Jutta Heinrich selbst. (…).“ 4)
Quellen:
1) Wikipedia: Jutta Heinrich, unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Jutta_Heinrich abgerufen 20.11.2021
2) Munzinger archiv, unter: www.munzinger.de/search/portrait/jutta+heinrich/0/17876.html
3) Pressemitteilungen des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller; Jutta Heinrich wird 80, unter: https://vs.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++2535f312-7642-11ea-8e3a-001a4a160100
4) Petra Schellen: Feministische Kämpferin gestorben: Rebellin wider den Zeitgeist. Die feministische Autorin Jutta Heinrich ist vorige Woche in Hamburg gestorben. Aufgefallen war sie durch klare Analysen der Geschlechterverhältnisse, in: taz vom 31.7.2021, unter: https://taz.de/Feministische-Kaempferin-gestorben/!5788734/
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Zuletzt eingetragene Namen

Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

Wie nutzen Sie die Datenbank?

  • Sie kennen den Namen einer Frau – und möchten mehr wissen?
    Dann geben Sie den Namen ein. Sie finden: Wohn- bzw. Wirkungsstätte und mehr oder weniger ausführlich biografische Daten, ggf. mit Hinweisen auf weitere Veröffentlichungen, Webseiten.
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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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