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Frauenbios

Hedwig von Schlichting

(29.10.1861 in Berlin - 14.11.1924 in Hamburg)
Erste Oberin im Allgemeinen Krankenhaus Eppendorf, gründete den Schwestern-Verein der Allgemeinen Staatskrankenanstalten
Garten der Frauen, Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756 (Erinnerungsstein)
Martinistraße 52, Universitätskrankenhaus Hamburg Eppendorf, ehemaliges Erika-Schwesternhaus (Wirkungsstätte)
Hedwig von Schlichting, Pflegedienstleitung UKE (Nachlass OS Anna Fuhlhage)

Über die erste Oberin am Allgemeinen Krankenhaus Hamburg Eppendorf, Hedwig von Schlichting, eine Generalstochter, schrieben die Hamburger Nachrichten am 19.11.1924 in einem Nachruf: "Aus einem Geschlecht stammend, das zum Führen geboren war, wurde sie eine Führerin." Damit hatte so mancher Kollege und Vorgesetzte seine Schwierigkeiten, und Hedwig von Schlichting hatte deshalb im Laufe ihrer Dienstjahre viel auszuhalten.
Mit 15 Jahren begann sie mit der Krankenpflegeausbildung am Berliner Augusta-Hospital. Als 28jährige wurde sie 1889 Oberin an der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg. "Sie hatte ihre eigene Auffassung von ihrem Beruf, ihren festen Willen, ihr hohes Ziel; für andere war es oft nicht leicht," hieß es in der Trauerrede zu Hedwig von Schlichtings Begräbnis.
Am 1. Juni 1894 ging Hedwig von Schlichting an das Neue Allgemeine Krankenhaus nach Hamburg - zunächst jedoch nur als "Hülfs-Inspektor", weil selbst auf der Frauenabteilung hauptsächlich Männer als Pfleger arbeiteten.
Am 5.2.1895 wurde sie schließlich doch erste Oberin und sollte einen eigenständigen Schwesternverband aufbauen. Als Tochter eines bekannten Generals brachte sie die von der Krankenhausleitung für die neue Schwesterngeneration erwünschte herausgehobene soziale Stellung mit. Man glaubte, dass Frauen aus dem Bürgertum sich leichter in die Hierarchie und Organisationsstruktur eines Krankenhauses einfügten und die Entwicklung moderner Apparate und Medizin besser verständen als Pflegekräfte aus der Arbeiterschicht, die bis dato das Gros der Pflegekräfte gestellt hatten.
Bis April 1895 waren die Vorbereitungen für einen unabhängigen Schwesternverein soweit fortgeschritten, dass er gegründet werden konnte.
Anfang des Jahrhunderts kam es jedoch zu erheblichen Differenzen zwischen der Oberin Hedwig von Schlichting und dem Krankenhausdirektor Theodor Rumpf. Obwohl sie alle Entscheidungen mit Professor Rumpf abstimmen musste und kaum offiziellen Einfluss innerhalb des Allgemeinen Krankenhauses besaß, hatte ihr großes Durchsetzungsvermögen, was ihre Pläne und Vorstellungen hinsichtlich des Pflegepersonals betraf, ihren Chef nachhaltig verstört.
Zum Eklat kam es, als Hedwig von Schlichting ihre Erica-Schwestern zum Dienst im Allgemeinen Krankenhaus St. Georg abordnete, obwohl Rumpf vorgehabt hatte, die Schwestern an anderer Stelle einzusetzen. Daraufhin versuchte Rumpf die Dienstinstruktion für Hedwig von Schlichting einzuschränken. Hedwig von Schlichting wurde jedoch vom Krankenhauskollegium in ihrer Funktionsausübung bestärkt, und so kam es, dass Direktor Rumpf am 1.4.1901 von seinem Amt zurücktrat. Noch in seinen Lebenserinnerungen klagte Theodor Rumpf: "Herr Senator Lappenberg bearbeitete die Mitglieder, so daß die ehemals ausgesprochene Machteinschränkung der Oberin zurückgenommen wurde. Dieser neue Beschluß war für mich eine Kränkung, die ich als unabhängiger Mann nicht ertragen wollte." () Theodor Rumpf: Lebenserinnerungen von Prof. Dr. Th. Rumpf. Bonn 1925.)
Der Senat kam Theodor Rumps Entlassungsgesuch prompt nach, zumal schon ein Nachfolger in den Startlöchern stand. So kehrte der damals 50jährige nach Bonn zurück, wo er sich 1882 habilitiert hatte und wurde Honorarprofessor für Soziale Medizin und Chefarzt am Bruderkrankenhaus.
Den Vorfall mit Hedwig von Schlichting vergaß er nie, er grub sich tief in seine gekränkte Seele ein. So machte Rumpf auch in seinen Lebenserinnerungen nicht davor halt, Frau von Schlichting zu verunglimpfen und sagte ihr nach: "Leider hatte sie von Jugendtorheiten und Neigungen nicht hinreichend Abschied genommen, woraus in der Folge unerfreuliche Konflikte entstanden. (...). Daß eine Oberin gelegentlich mit den Assistenzärzten kneipte, mit einem verheirateten Herrn der Gesellschaft ohne dessen Frau nach Paris reiste, auch sich wenig angemessen darüber äußerte, erschien mir für die Schwesternerziehung wenig passend." (ebenda.)
Nachdem Theodor Rumpf Hamburg verlassen hatte, sollte er aber noch einmal mit Hedwig von Schlichting in Berührung kommen. Als er zu einer Sitzung nach Berlin in die Charite eingeladen worden war, um Tipps für eine neu einzurichtende Schwesternschaft nach dem Vorbild Hamburgs zu geben, wurde ihm die Frage gestellt, ob die Oberin Hedwig von Schlichting geeignet sei, einen Schwesternverein in der Charite zu gründen. Rumpf lobte anfangs geschickt die Oberin, um dann von den Vorfällen in Hamburg zu berichten. Nebenbei bemerkte er, dass Hedwig von Schlichting schließlich: "älter geworden und für Berlin keine Erfahrungen wie in Hamburg beständen". (ebenda.) Nach Rumpfs Ausführungen soll sich daraufhin der Verwaltungsdirektor der Charite erhoben und erklärt haben, er werde sein Amt niederlegen, wenn Fräulein von Schlichting zur Oberin des geplanten Schwesternverbandes ernannt würde. "Damit war diese Angelegenheit erledigt", (ebenda.) so Rumpf in seinen Erinnerungen.
Auch in der Öffentlichkeit wurde der "Fall Rumpf/von Schlichting" diskutiert, und zwar besonders unter der Frage wie viel Eigenständigkeit eine Oberin haben dürfe? Am 2.3.1901 erschien in der Neuen Hamburger Zeitung dazu sogar ein Spottgedicht:
Wer ans Neue Krankenhaus
Kommt als neuer Leiter,
Eine Lehre, fromm und brav.
Merk sich in treuem Sinn:
Erst kommt die Frau Oberin!

Daß uns Rumpf verlassen will,
Mögen wir beklagen,
Aber kommen mußt`es so,
Denn er konnt`es wagen
Nicht zu beugen seinen Sinn.
Oh! vor der Frau Oberin.

Darum, wer an seine Stell`
Wird als Leiter kommen,
Halt sich stets das eine vor -
Und es wird ihm frommen:
Wenn ich zwar der Chef auch bin.
Mein Chef ist die Oberin!“
Ein Jahr nach dem Eklat verließ auch Hedwig von Schlichting am 1.4.1902 das Krankenhaus Eppendorf. Dafür gab es mehrere Gründe: Zum einen die negative Kritik an Hedwig von Schlichtings Verhalten gegenüber dem ärztlichen Direktor des Allgemeinen Krankenhauses. Und zum anderen hatte sich im März 1902 ein Bürgerschaftsausschuss mit der Frage einer eventuellen Kompetenzüberschreitung von Seiten Hedwig von Schlichtings beschäftigt. Nach eingehender Beratung sprach der Ausschuss Hedwig von Schlichting zwar von allen Vorwürfen frei und lobte ihre Arbeit für den Schwesternverein, gleichzeitig gelangte er aber zu der Auffassung, dass die Ursache des Konfliktes in der Doppelfunktion der Oberin als Leiterin des Schwestern-Vereins und der Schwesternschule sowie als Oberin des Krankenhauses zu suchen sei. Deshalb wurde eine Trennung der Kompetenzbereiche beschlossen. Hedwig von Schlichting zog die Konsequenzen, ging und übernahm das Präsidium des Verbandes Deutscher Schwesternvereine.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Hedwig von Schlichtung neben Julie Eichholz Vorstandsmitglied der von der bürgerlichen Frauenbewegung ins Leben gerufenen Stellenvermittlung für weibliches Hauspersonal.
Text: Rita Bake
Quellen:
Vgl.: Hedwig von Schlichting: Der Schwesternverein der Hamburgischen Staatskrankenanstalten. In: Das Rothe Kreuz. Central Organ. Jg. XIX, Nr. 3. Berlin 1. Februar 1901.
Vgl.: Ursula Weisser (Hrsg.): 100 Jahre Universitätskrankenhaus Eppendorf. Tübingen 1989.
 

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Januar 2024: Astrid Matthiae
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Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

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Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
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