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Frauenbios

Amanda Wichern

( Amanda Wichern, geb. Böhme )
(12.9.1810 Hamburg - 7.5.1888)
Leitende Mitarbeiterin ihres Mannes Johann Heinrich Wichern
Horner Weg im Rauhen Haus (heute: Beim Rauhen Hause 21) (Wohnadresse)
Ihr Grabstein liegt auf dem ehemaligen Hammer Friedhof, Horner Weg 9.
Namensgeberin für: Wichernsweg in Hamm-Mitte. 1890, benannt nach dem Theologen Johann Hinrich Wichern, ergänzt 2001/2002 um die ebenso bedeutende Ehefrau Amanda Wichern. Neuer Erläuterungstext: benannt nach dem Ehepaar Johann Hinrich W. (1808-1881), Theologe, Gründer des Rauhen Hauses, und Amanda W. (1810-1888), Leitende Mitarbeiterin ihres Mannes
Amanda Wichern, Bild: www.wichernhaus.com
1833 gründete Johann Hinrich Wichern in Hamburger Vorort Horn die Anstalt „zur Rettung verwahrloster und schwer erziehbarer Kinder“ (Rauhes Haus). Der Hamburger Syndikus Karl Sieveking hatte ihm hierfür ein Bauernhaus mit Grundstück überlassen. Im Laufe der Zeit kamen weitere Gebäude hinzu, dazu auch Landwirtschaft und Werkstätten. Im Rauhen Haus sollten so genannte verwahrloste Kinder bis zur Konfirmation „Zuflucht finden und Erziehung bekommen, die durch die Eltern nicht geleistet werden konnte“. Die Kinder lebten in Gruppen, wurden von einem Gehilfen, bzw. einer Gehilfin (Bruder/Schwester) betreut und christlich erzogen. Sie erlernten Rechnen, Lesen und Schreiben und wurden auch an Handwerke bzw. häusliche Dienste herangeführt und so auf eine Lehre vorbereitet.
Nachdem Johann Hinrich Wichern 1833 mit seiner Mutter und seiner Schwester ins Rauhe Haus gezogen war, die ersten zwölf Jungen hier untergebracht worden waren und ein Jahr später bereits ein weiteres Haus gebaut worden war, wurden ab 1835 auch Mädchen im Rauhen Haus aufgenommen. Im selben Jahr verlobte sich Johann Hinrich Wichern mit der Sonntagsschullehrerin Amanda Böhme. Er hatte die junge Frau in der Sonntagsschule von Pastor Rautenberg, wo sie als Sonntagsschullehrerin tätig war, kennen und lieben gelernt.
Sie heirateten, als das Vorsteherhaus errichtet war. Amanda Wichern unterstützte ihren Mann und leitete in seiner Abwesenheit das Rauhe Haus, ein Rettungshaus für verwahrloste Unterschichtskinder. Sie war auch für die aufgenommenen Mädchen und deren Arbeitsgebiete zuständig. Während des Aufbaus des Rauhen Hauses bekam das Ehepaar 9 Kinder.
Amanda Böhme hatte mit ihren Eltern – ihr Vater war Direktor der hamburgischen Feuerversicherungskasse - und Geschwistern am Besenbinderhof gewohnt. Als Amanda dreizehn Jahre alt war, starb ihre Mutter. Amanda, dunkelhaarig und klein von Statur, sanftmütig und gelassen, übernahm die Erziehung ihrer jüngeren Geschwister – und damit war der Grundstock für ihre weitere Lebenslaufbahn gelegt.
Im Rauhen Haus wohnte das junge Paar mit Wicherns Mutter Caroline im Mutterhaus. Amanda ging der Schwiegermutter bei der Haushaltsführung zur Hand und wollte es der Schwiegermutter Recht machen. Doch es gab Konflikte und so manche heimlich vergossene Träne, bis der Gatte es eines Tages bemerkte und eine Aussprache mit seiner Mutter führte. Danach übergab er seiner Frau einen Teil seiner Geldgeschäfte und stellte für die Hilfe im Haushalt eine Küchen- und eine Wäschefrau ein. Damit schien der Konflikt zwischen Schwiegertochter und Schwiegermutter bereinigt gewesen zu sein.
1836 kam Amanda Wicherns erstes Kind zur Welt. Dazu gesellten sich im Laufe der nächsten Jahre noch weitere acht Kinder. Ein Kind starb bereits im Kindesalter, ein weiteres wurde im Alter von 22 Jahren als Soldat im Krieg getötet.
Die Arbeit im Rauhen Haus reichte Wichern nicht, er wollte solche „Werke rettender Liebe“ in ganz Deutschland anregen. Deshalb unternahm er viele Vortragsreisen. Als 1848 die bürgerliche Revolution ausbrach, verurteilte er diese als Erhebung gegen die von Gott eingesetzte Obrigkeit. Er hatte die Vorstellung, dass die Gesellschaft nur durch christliche Liebe, die sich in der inneren Mission zeige, gerettet werden könne. „Im September 1848 versammelten sich rund 500 Männer der evangelischen Kirche, der Universitäten und kirchlich interessierte Bürger in Wittenberg (…). Getragen war die Zusammenkunft von dem Wunsch, die verschiedenen Strömungen des Protestantismus und die verschiedenen protestantischen Landeskirchen in einem Kirchenbund zu vereinigen und damit den politischen Forderungen nach deutscher Einheit auf kirchlichem Gebiet zu folgen. Auch Wichern nahm an dieser (…) Versammlung teil und hielt (…) eine entscheidende Rede (…). Er rief (…) dazu auf, die innere Mission endlich als große, gemeinsame Aufgabe der evangelischen Kirche anzuerkennen.“ [1]
In Hamburg gründete Wichern die erste deutsche „Innere Mission“, die in Hamburg „Stadtmission“ hieß. Die HelferInnen besuchten arme Familien, boten christlichen Lesestoff, Rat und Hilfe bei der Erziehung und bei der Pflege von Wöchnerinnen an und unterrichteten arme Kinder.
Während Johann Hinrich Wichern auf Reisen war, übernahm seine Ehefrau die vielfältigen administrativen Arbeiten für den Geschäftsbetrieb des Rauhen Hauses. Sie war nicht nur - obwohl auch dies schon erheblich war – Mutter und Hausfrau, sie war auch Verwalterin und Managerin des Rauhen Hauses und leitete das Haus in Abwesenheit ihres Mannes. Auch war sie für die im Rauhen Haus aufgenommenen Mädchen und deren Arbeitsgebiete zuständig.
Zum Rollenverständnis zwischen Mann und Frau äußerte sich Johann Hinrich Wichern wie folgt: „Mutter zu sein, ist der erste Beruf einer Frau. Ihr Wirkungskreis ist das Haus. Als Organ, als Diakon Gottes, dient sie dem Tisch, wie der Mann dem Worte dient. Der Dienst bei Tische ist dem Dienst des Mannes am Wort nicht untergeordnet, sondern nebengeordnet. Über diese Trennung jedoch darf kein Zweifel bestehen. Die Frau hat sich nicht in den lärmenden Streit der Männer zu mischen, und in der Kirche hat sie zu schweigen. Mann und Frau gehören zueinander wie die Räder einer Achse. Sie helfen sich gegenseitig, fortzukommen. Ich bin der Außenminister des Rauhen Hauses und Du der Finanzminister.“
Als in den 1850er-Jahren das Preußische Gefängniswesen reformiert werden sollte, wurde auch Wicherns Hilfe benötigt. Er wandte sich gegen Zuchthausdrill und dortige Misshandlungen sowie Massenunterbringung und plädierte stattdessen für Einzelhaft. In seiner Funktion als Vortragender Rat für die Strafanstalten und das Armenwesen im Innenministerium gründete Wichern, der neben dieser Arbeit weiterhin die Leitung des Rauhen Hauses innehatte, 1858 in Berlin das Brüderhaus Johannisstift u. a. zur Ausbildung von Gefangenenaufsehern auf christlicher Grundlage. „Allerdings lehnten viele Experten und die liberale Mehrheit des Preußischen Abgeordnetenhauses die Ausbildung des Gefängnispersonals nach Wicherns Vorstellungen ab. Sie befürchteten Indoktrination der Gefangenen durch eine christliche Aufseherschaft.“ [1] Nach der Abdankung des Königs wurde die Gefängnisausbildung nicht verlängert; Wichern war tief enttäuscht.
1856 waren Amanda Wichern und zwei ihrer Töchter ihrem Mann nach Berlin gefolgt. Die anderen Kinder waren entweder in einem Internat untergebracht, absolvierten eine Lehre oder lebten bei der Großmutter, um in Hamburg weiterhin zur Schule gehen zu können.
Im Laufe der Jahre bekam Johann Hinrich Wichern mehrere Schlaganfälle, seinen ersten 1866. Nach seinem zweiten Schlaganfall 1871 wurde er vom Staatsdienst beurlaubt und das Ehepaar Wichern kehrte ganz nach Hamburg ins Rauhe Haus zurück. Wichern begann an Depressionen zu leiden. 1873 übernahm sein Sohn Johannes das Vorsteheramt. 1874, nach seinem dritten Schlaganfall, schied Johann Hinrich Wichern aus dem preußischen Staatsdienst aus.
Grab von Amanda Wichern (vorne rechts) am Fuße des Hügels der Familiengruft Sieveking im Alten Hammer Friedhof, Quelle: NordNordWest, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons
Sieben Jahre bis zu seinem Tod pflegte Amanda aufopferungsvoll ihren Mann. Am 7. April 1881 wurde die Achtzigjährige Witwe. Fünf Jahre später erblindete sie und starb zwei Jahre darauf am 7. Mai 1888.
Text: Rita Bake
Quelle:
1 Johann Hinrich Wichern. Gründer der Diakonie. Eine Ausstellung der Diakonie Hamburg. Ausstellungskatalog. O. J.
 

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(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

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Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

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Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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