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Frauenbios

Inge Stolten

(23.3.1921 Hamburg – 4.5.1993 Hamburg)
Schauspielerin, Schriftstellerin, Politikerin
Koppel 50 (Wohnadresse der Eltern, wohnte dort als Kind)
Maria-Louisen-Stieg 15 (Wohnadresse)
Erinnerungsstein im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Fuhlsbüttler Straße 756
Namensgeberin für: Inge-Stolten-Weg (benannt November 2022)
Inge Stolten, Quelle: von MoSchle (Eigenes Werk) commons.wikimedia.org/wiki/File:IngeStolten.jpg (GFDL (www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC BY 3.0 (creativecommons.org/licenses/by/3.0)), via Wikimedia Commons
Gemeinsam mit ihrem drei Jahre jüngeren Bruder wuchs Inge Stolten im Hinterhofmilieu der Straße Koppel 50 im Hamburger Stadtteil St. Georg auf. Ihr Vater, der ungelernte Arbeiter Louis Stolten, arbeitete als Packer; die Mutter Frieda Stolten, geborene Clasen, war als Zugehfrau tätig.
In ihren autobiografischen Schriften schilderte Inge Stolten anschaulich die Armut im Arbeiterviertel und in welche Not die Familie 1931 durch den Freitod des schwerkranken Vaters gestürzt wurde. Gleichzeitig beschrieb sie, wie sie in ihrer sozialdemokratisch geprägten Umgebung eine frühe Abneigung gegen den erstarkenden Nationalsozialismus entwickelte.
Ihren Großonkel hatte sie als kleines Mädchen noch kennengelernt. Sieben Jahre nach ihrer Geburt war der ehemalige Senator und Zweite Bürgermeister Otto Stolten verstorben. Als erster Sozialdemokrat wurde er 1901 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und bis 1919 Abgeordneter im Berliner Reichstag. Er wohnte ebenfalls in St. Georg, Schmilinskystraße 25.
In dieser gesellschaftspolitischen Tradition stehend, nahm Inges Vater den Bildungsdrang seiner Tochter ernst und unterstützte ihre intellektuelle Ausbildung nach Kräften. Trotz der Mittellosigkeit der Familie, konnte sie nach der Volksschule ab 1934 die Aufbauschule in Eimsbüttel besuchen, wo sie 1939 das Abitur bestand. Das liberale Klima dieser Schule förderte ihren Widerstandsgeist. Sie war mit mehreren Mitgliedern des Hamburger Zweigs der „Weißen Rose“ befreundet, so mit ihrer Mitschülerin Dorothea Zill, mit Hans Leipelt und Karl Ludwig Schneider. Später berichtete sie auch von einer Teilnahme am „Musenkabinett“ um Wilhelm Flitner und Albrecht Renner, in dem neben moderner Kunst und Literatur auch Widerstandspläne diskutiert wurden.
Da sie als „politisch unzuverlässig“ aus dem Reichsarbeitsdienst entlassen wurde, durfte sie kein Studium aufnehmen und entschied sich 1940 für eine Ausbildung an der Schauspielschule des Hamburger Schauspielhauses. Durch wechselnde Engagements an der Ostfront entging sie politischer Verfolgung und den Bombenangriffen auf Hamburg.
Kurz vor Kriegsende tauchte sie im Hamburger Umland unter und kehrte mit Mutter und Bruder erst im Mai 1945 in die Stadt zurück. Ihre Sprachenkenntnisse ermöglichten eine sofortige Tätigkeit als Dolmetscherin in der damaligen „Britischen Besatzungszone“, und so gelangte sie als Sprecherin zum „British Forces Network“. Die Rundfunkarbeit setzte sie in den 1950er Jahren beim Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR, später NDR) fort, wo sie 1954 ihrem zukünftigen Lebensgefährten Axel Eggebrecht begegnete. Ihr Engagement als Theaterschauspielerin – von 1946 bis 1948 in Kiel und danach an verschiedenen Häusern in Hamburg – musste sie hingegen 1956 aufgrund einer schweren Tuberkuloseerkrankung aufgeben. Diese Erfahrung, die sie 1970 in ihrem autobiografischen Roman „Das Tagebuch der Jutta S.“ verarbeitete, wurde ihr zum Schlüsselerlebnis und zum biografischen Wendepunkt: Fortan begriff sie sich als Schriftstellerin und politische Publizistin.
Aus dem Lungensanatorium in Mölln entlassen, lebte sie mit Eggebrecht von 1957 bis 1961 zunächst in Berlin, bevor beide endgültig nach Hamburg zurückkehrten. In der gemeinsamen Wohnung im Maria-Louisen-Stieg in Winterhude wohnten sie bis zu ihrem Lebensende. Ab den sechziger Jahren profilierte sich Stolten zunehmend als Rundfunkjournalistin und freie Schriftstellerin. Sie arbeitete mit Eggebrecht als Drehbuchautorin und schrieb für den NDR zahlreiche Beiträge, u.a. zu Arbeitnehmer- und Frauenrechten. 1979 veröffentlichte sie die Streitschrift „Kinderlos aus Verantwortung“. Sie selbst blieb gewollt kinderlos und lehnte lange Zeit eine Ehe ab, weil sie um ihre Eigenständigkeit fürchtete. Erst 1982 heiratete sie Axel Eggebrecht. Im selben Jahr erschien ihre Autobiografie „Das alltägliche Exil“, in der sie sich vor allem mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzte.
Nach 1989 fürchtete Stolten ein Wiedererstarken nationalistischer Kräfte und trat daher 1990 in die PDS ein, um den Prozess der Wiedervereinigung mitzugestalten. Von 1991 bis 1993 war sie stellvertretende Bundesvorsitzende und 1991 bei der Hamburger Bürgerschaftswahl Spitzenkandidatin der PDS/Linke Liste. Auch ihre politische Laufbahn unterstützte ihr Mann, der weiterhin parteilos blieb, bis kurz vor seinem Tod 1991. lnge Stolten überlebte den 22 Jahre älteren Axel Eggebrecht nur um knapp zwei Jahre. Wie er ließ sie sich in einem anonymen Urnengrab auf dem Friedhof Ohlsdorf bestatten. Ihren literarischen Nachlass vermachte sie der Staatsbibliothek Hamburg.
Text: Leicht modifizierte Fassung des Artikels von Jana Tereick: Stolten, Inge Louise. In: Hamburgische Biografie. Bd. 6, Göttingen 2012, S. 327-328; mit freundlicher Genehmigung der Autorin.
 

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Datenbank Hamburger Frauenbiografien

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Dr. Rita Bake,
Rita.Bake@hamburg.de

Zuletzt eingetragene Namen

Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae
Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons
März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann
Wesentlich aktualisiert im März 2024: Albertine Kruse

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

Wie nutzen Sie die Datenbank?

  • Sie kennen den Namen einer Frau – und möchten mehr wissen?
    Dann geben Sie den Namen ein. Sie finden: Wohn- bzw. Wirkungsstätte und mehr oder weniger ausführlich biografische Daten, ggf. mit Hinweisen auf weitere Veröffentlichungen, Webseiten.
  • Sie möchten wissen, wer in einer bestimmten Straße oder einem bestimmten Stadtteil/Bezirk gewohnt hat? Dann geben Sie den Straßennamen ein oder wählen einen Stadtteil oder Bezirk aus.
  • Sie interessieren sich für bestimmte Themen, Berufsgruppen, Orte/Gebäude, Vereine oder Institutionen, die im Zusammenhang mit Frauen eine Rolle spielen? Dann nutzen Sie das Schlagwortregister, die freie Suche oder das Namens-/Sachregister.

Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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