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Frauenbios

Gerda Wittkowsky

(29.5.1933 Harburg – deportiert nach Theresienstadt, am 24.2.1943 weiterdeportiert nach Auschwitz am 23.10.1944)
Opfer des Nationalsozialismus
Marienstraße 38 (Wohnadresse)
Stolperstein vor dem Wohnhaus Marienstraße 38 (Harburg)
Gerda-Wittkowsky-Weg, Neugraben-Fischbek, seit 2020
Wir wissen nur sehr wenig über den Lebensweg des Pianisten und Klavierlehrers Richard Wittkowsky und den seiner beiden Kinder, die als Juden in der NS-Zeit litten und starben.
Richard Wittkowskys Geburtsstadt Neutomichel (heute Nowy Tomys´l) in der einst preußischen Provinz Posen wurde nach dem Ersten Weltkrieg polnisch. Wann und warum er sie verließ, konnte ebenso wenig geklärt werden, wie das Datum seiner standesamtlichen Trauung mit Emmi Stein, einer evangelisch-lutherischen Christin. 1928 trat Richard Wittkowsky der Hamburger Jüdischen Gemeinde bei, während seine Frau ihrem Glauben treu blieb. In der Weltstadt Hamburg erblickte zunächst ihre gemeinsame Tochter Gerda das Licht der Welt, bevor ihr Bruder Heinz drei Jahre später geboren wurde. Zu dieser Zeit wohnte die Familie bereits in Harburg, anfangs im ersten Stock eines Hauses in der Marienstraße 38, danach in einer Wohnung in der Karlstraße 1 (heute: Kroosweg).
Der umfassende Umbau von Staat und Gesellschaft veränderte nach 1933 auch das gesamte Kulturleben. Künstler, die nicht in die neu gebildete Reichskulturkammer aufgenommen wurden, weil sie Juden waren, erhielten automatisch Berufsverbot. Durch diese Neuregelung verlor auch Richard Wittkowsky die Grundlage seiner beruflichen Tätigkeit. Als er 1934 mit seiner Familie nach Hamburg zurückzog und wieder Mitglied der dortigen Jüdischen Gemeinde wurde, war er von der Zahlung der Kultussteuer befreit, weil er erwerbslos war.
Er bezog fortan Wohlfahrtsunterstützung. Als jüdischer Musiker durfte er in der deutschen Öffentlichkeit nicht mehr auftreten, sondern musste im Jüdischen Kulturbund arbeiten. Dessen Mitglieder durften jedoch nur Werke jüdischer Komponisten und nur vor einem jüdischen Publikum spielen. Die staatliche Zensur im Bereich der Programmgestaltung, die sinkenden Besucherzahlen angesichts der verstärkten Auswanderung und die wachsende Ve¬armung der Zurückgebliebenen erschwerten die Arbeit des Jüdischen Kulturbundes in zunehmendem Maße.
Die Situation der Familie Wittkowsky wurde noch schwieriger, als sich die Eltern trennten und scheiden ließen. Die Gründe sind uns nicht bekannt. Die Nationalsozialisten setzten so¬wohl die jüdischen als auch die nichtjüdischen Partner solcher "Rassenmischehen" stark unter Druck. Bei den einen verstärkten sie das Gefühl, die "nichtarischen" Mitglieder der Familie ins Unglück gestürzt zu haben, bei den anderen weckten sie die Hoffnung, bei einem Sinneswandel problemlos in den Schoß der Volksgemeinschaft zurückkehren zu können. Durch die Scheidung verloren Richard Wittkowsky und die beiden Kinder den letzten Schutz, der sie bisher noch vor den schlimmsten Folgen der nationalsozialistischen Judenpolitik bewahrt hatte. Nach der Auflösung der Ehe blieben die beiden Kinder bei ihrem Vater.
Am 24. Februar 1943 wurden Richard, Heinz und Gerda Wittkowsky zusammen mit 47 anderen Hamburger Jüdinnen und Juden in das Getto Theresienstadt im "Protektorat Böhmen und Mähren” verschleppt. Den unmenschlichen Lebensbedingungen, die am diesem Ort herrschten, war Richard Wittkowsky wie viele andere alte Menschen immer weniger gewachsen. Im Alter von 55 Jahren schloss er ein Jahr nach seiner Ankunft in Theresienstadt für immer die Augen.
Viele Transporte in Richtung Auschwitz verließen das Getto im Herbst 1944. Unter den 1715 Männern und Frauen, die den Ort mit dem Transport in den Osten am 23. Oktober 1944 verließen und zwei Tage später in Auschwitz eintrafen, befanden sich auch Heinz und Gerda Wittkowsky. Nach der Selektion auf ihre Arbeitsfähigkeit wurden 219 Männer und 215 Frauen als Häftlinge ins Lager übernommen. Die beiden Kinder dürften mit ihren 14 bzw. elf Jahren nicht unter denen gewesen sein, die als noch arbeitsfähig eingeschätzt wurden, sondern unter den anderen, die direkt in die Gaskammern geschickt wurden. Acht Tage später wurde das Morden mit Zyklon B im Lager Auschwitz- Birkenau beendet, und am 25. November 1944 begann die Demontage der Tötungsanlagen, um die Spuren des Massenmords zu verwischen.
Text: Klaus Möller, aus: www.stolpersteine-hamburg.de
Quellen:
Staatsarchiv Hamburg, 522-1, Jüdische Gemeinden, 992b, Kultussteuerkarte der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg.
Hamburger jüdische Opfer des Nationalsozialismus. Gedenkbuch, Veröffentlichung aus dem Staatsarchiv Hamburg, Bd. XV, bearbeitet von Jürgen Sielemann unter Mitarbeit von Paul Flamme, Hamburg 1995.
Theresienstädter Gedenkbuch. Die Opfer der Judentransporte aus Deutschland nach theresienstadt 1942-1945. Prag 2000.
Yad Vashem, The Central Database of Shoa Victims´ Names: www.yadvashem.org.
Bezirksamt Harburg [Hrsg.]: Harburger Opfer des Nationalsozialismus, Hamburg. Recherche: Matthias Heyl und Margit Maronde-Heyl. Hamburg 2002.
Mathias Heyl: Vielleicht steht die Synagoge noch. Jüdisches Leben in Harburg 1933–1945. Norderstedt 2009, S. 228.
Beate Meyer: "Jüdische Mischlin¬ge" – Rassenpolitik und Verfolgungserfahrung 1933-1945. 2. Aufl. Hamburg 1999, S. 29ff.;
Danuta Czech: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz- Birkenau 1939–1945, 2. Aufl. Reinbek 1989, S. 332, S. 915ff.
Alfred Gottwaldt/, Diana Schulle: Die "Judendeportationen" aus dem Deutschen Reich 1941-1945. Eine kommentierte Chronologie. Wiesbaden 2005, S. 351.
 

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Datenbank Hamburger Frauenbiografien

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Frauen, die in Hamburg Spuren hinterlassen haben
(Datenbank Stand: März 2024) Frauen stellen mindestens die Hälfte der Menschheit. Wenn es aber um Erinnerungen geht, sind es immer noch in der Mehrzahl Männer, die die Spitzenplätze einnehmen.

Hammonia

Hamburger Frauenbiografien-Datenbank

Erklärung zur Datenbank

Stand März 2024: 1316 Kurzprofile von Frauen und 437 sonstige Einträge z. B. Vereine, Aktionen, Zusammenschlüsse und Überblicksdarstellungen zu Themen der Frauenbewegungen.

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Dr. Rita Bake,
Rita.Bake@hamburg.de

Zuletzt eingetragene Namen

Wesentlich aktualisiert im Januar 2024: Emma Gertrud Eckermann
Januar 2024: Astrid Matthiae

Februar 2024: Gisela Engelin-Hommes, Barbara Ahrons

März 2024: Abel Margaretha Sophia Forsmann

Was erwartet Sie in der Frauenbiografie-Datenbank?

Die Zahlen allein für Hamburg sind ernüchternd: 2868 Verkehrsflächen sind nach Männern und Jungen (8) benannt (darin enthalten: Literarische Gestalten (86), frei gewählte männliche Vornamen (12) sowie nach Familien benannte Straßen (198). Letztere wurden zu den Männerstraßennamen zugezählt, weil hier in erster Linie die männlichen Familienangehörigen gemeint sind, die in vielen Fällen mit Namen genannt werden bzw. ihre Berufe aufgezählt werden).
Nur 474 Straßen sind nach Frauen und Mädchen (9) benannt. (Das sind 14% der nach Personen benannten Straßen. Darin enthalten sind: Literarische Gestalten (39), frei gewählte weibliche Vornamen (21) sowie nach Frauen und Männern benannte Straßen (66). Bei Letzteren handelt es sich in erster Linie um nachträglich nach Frauen mitbenannte Straßen, die ehemals nur nach den Nachnamen von bedeutenden männlichen Familienangehörigen benannt worden waren) (Stand: Januar 2024).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Anzahl der Denkmäler und Erinnerungstafeln. Auch bei Ehrungen und Auszeichnungen wird oft an IHN und nur wenig an SIE gedacht.

Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig - erweist sich die Wertschätzung weiblichen Wirkens als gering. Wie oft heißt es, wenn auch Frauen geehrt werden könnten:

„Uns ist dazu keine Frau von Bedeutung bekannt!“

Ein Argument, das in Zukunft keine Chancen hat, denn es gibt jetzt diese Datenbank. Eine Bank, die ihren Anlegerinnen und Anlegern hohe Renditen verspricht, denn das Kapital ist das historische Wissen. Geschöpft aus Archivmaterialien, Lexika, Zeitungsartikeln und –notizen, aus veröffentlichten Biografien, zusammengetragen und erforscht von Einzelpersonen etc., bietet die Datenbank die beste Voraussetzung für eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit - im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit. Die Früchte dieser Datenbank sollen die Bedeutung von Frauen für Hamburgs Geschichte leicht zugänglich machen und selbstverständlich in den Alltag von heute tragen.

Im Mittelpunkt stehen verstorbene Frauen, die in Hamburg gewirkt und/oder gewohnt und die Spuren hinterlassen haben. Das können Autorinnen, Schauspielerinnen, Wohltäterinnen, Kneipenwirtinnen, Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, bildende Künstlerinnen, Sängerinnen, Unternehmerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Juristinnen, Journalistinnen, Widerstandkämpferinnen gegen und Opfer des NS-Regime etc. sein – aber auch Täterinnen.

Wir stellen keineswegs nur „prominente“ Frauen oder hehre Vorbilder vor – sondern auch das Wirken und Leben der „kleinen Frau“ auf der Straße, die oft im Stillen gearbeitet hat, für die Familie, die Stadt, die Partei, die Kunst, für sich.

Darüber hinaus präsentieren wir Ihnen auch Orte, Einrichtungen, Vereine und Themen, die für Frauen von historischer Bedeutung waren und sind.

An dieser Datenbank wird kontinuierlich gearbeitet. Es werden laufend neue Namen und Rechercheergebnisse eingestellt.

Wie nutzen Sie die Datenbank?

  • Sie kennen den Namen einer Frau – und möchten mehr wissen?
    Dann geben Sie den Namen ein. Sie finden: Wohn- bzw. Wirkungsstätte und mehr oder weniger ausführlich biografische Daten, ggf. mit Hinweisen auf weitere Veröffentlichungen, Webseiten.
  • Sie möchten wissen, wer in einer bestimmten Straße oder einem bestimmten Stadtteil/Bezirk gewohnt hat? Dann geben Sie den Straßennamen ein oder wählen einen Stadtteil oder Bezirk aus.
  • Sie interessieren sich für bestimmte Themen, Berufsgruppen, Orte/Gebäude, Vereine oder Institutionen, die im Zusammenhang mit Frauen eine Rolle spielen? Dann nutzen Sie das Schlagwortregister, die freie Suche oder das Namens-/Sachregister.

Die einzelnen Frauen sind in der Regel mit einer Adresse verzeichnet – für ihre Wohnung bzw. ihren Wirkungsort. Mehrere Umzüge und Ortswechsel können in der Regel nicht recherchiert werden.

Achtung: Die Namen und Verläufe von Straßen haben sich oft verändert. Wer wissen möchte, wo bestimmte Hausnummern heute zu finden sind, muss alte Stadtpläne oder u. U. Grundbucheintragungen einsehen. Es gibt beim Statistikamt Nord einen alte Kartei der so genannten "Hausnummerhistorien", in der sich alte und neue Hausnummern gegenüberstehen. Bei Umnummerierungen von Hausnummern aber auch bei Umbenennungen von Straßennamen kann hier eine raschere Auskunft möglich sein, als über den Vergleich von alten und neuen Lageplänen (freundliche Auskunft von Jörg-Olaf Thießen Staatsarchiv Hamburg). Wer dann noch nicht weiter kommt, sollte sich an das Staatsarchiv wenden. Viele Stadtpläne sind bereits online einsehbar.

Verantwortlich für die Datenbank:

Dr. Rita Bake
stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg a. D.
Gründerin des Gartens der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Datenbank wurde von ihr zusammengestellt und wird laufend von ihr ergänzt und erweitert.
Diverse Frauenbiografien sind von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfasst worden. Die Namen der Autorinnen und Autoren finden Sie jeweils am Ende ihrer Beiträge. Es gibt auch eine Rubrik: Autorinnen und Autoren, in der Sie deren biografische Angaben finden.

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