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Hintergrund Verbuschung in Namibia – ein ökologisches Problem

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Die Verbuschung bedroht angestammte Lebensräume für Tiere und Pflanzen der natürlichen Savanne. Einheimische Büsche, wie die Schwarzdorn-Akazie (Senegalia mellifera), breiten sich auf Kosten der Grasvegetation in der Savanne massiv aus. Betroffen sind in Namibia heute ca. 450.000 km2 von eigentlich produktivem Farmland. Jährlich nimmt diese Fläche um ca. 3% auf Kosten von Savannenlandschaften bzw. Weideland zu, d.h. ca. 1,3 Mio ha/a! (im Vergleich: etwas weniger Fläche als Schleswig-Holstein).

Verbuschte Savannenfläche in Namibia. Verbuschte Savannenfläche in Namibia.

Verbuschung in Namibia – ein ökologisches Problem

Die Schwarzdorn-Akazie wird bis zu 9  m hoch und bildet fast undurchdringliche Dickichte von bis zu mehreren tausend Individuen pro Hektar. Mehr zu einheimischen Buscharten in Namibia.

Ursachen

Die Hauptgründe dafür liegen in jahrzehntelanger Überweidung, der Unterdrückung von natürlichen Savannenfeuern und der Verhinderung der natürlichen Wanderungen von Wildtieren durch Zäune. Weitere Ursachen sind die Zunahme von CO2 in der Atmosphäre und Änderungen in Niederschlagsmustern aufgrund des Klimawandels, die das Wachstum von verholzenden Arten gegenüber Gras begünstigen.

Folgen für Mensch, Tiere und Ökosystem

In verbuschten Gebieten gehen Wildtierpopulationen stark zurück, so zum Beispiel bestimmte Antilopenarten, Zebras und auch der vor Aussterben bedrohte Gepard.

 Deshalb ist auch der Safari-Tourismus massiv betroffen und damit ein Fundament des namibischen Tourismussektors, der mit einem Anteil von 15% am Bruttoinlandsprodukt (BIP) Namibias eine zentrale Rolle für die Wirtschaft des Landes spielt.

Noch schwerwiegender ist aber der Rückgang der landwirtschaftlichen Produktivität durch die Verdrängung von Gras. Weideflächen degradieren zu Ödland, weil Weidetiere kein Futter mehr finden oder sie das verbuschte Gebiet nicht mehr durchdringen können. Der Produktivitätsrückgang wird auf rund zwei Drittel in den letzten 40 Jahren beziffert. Zwar trägt der Landwirtschaftssektor Namibias nur 3-5% zum BIP des Landes bei, stellt aber bei weitem den größten Anteil an Arbeitsplätzen.

Die Büsche entziehen dem Boden außerdem über weitläufige Wurzelsysteme große Mengen an Wasser und verdunsten es über die Blätter, wodurch sich der Grundwassereintrag stark verringert.

Umgang mit der Verbuschung heute

Das Land, in dem mehr als 70 % der Bevölkerung direkt und indirekt von der Landwirtschaft abhängen, leidet seit Jahrzehnten massiv und zunehmend unter der Verbuschung von produktiver Savanne. Der vormalige Landwirtschaftsminister John Mutorwa hat die Lage drastisch aber treffend als „a national disaster situation“ bezeichnet.

Inzwischen stellt die Verbuschung jedoch auch eine Chance für die wirtschaftliche Entwicklung Namibias dar. Der Busch-Biomasse-verarbeitende Sektor in Namibia entwickelt sich dynamisch. Die bei der Busch-Ausdünnung anfallende Biomasse lässt sich vielfältig weiterverarbeiten und ist zur Zeit schon Erwerbsquelle für Bauern und Unternehmen. Buschholz ist Rohstoff für zum Beispiel Brennholz, Viehfutter, Holz- und Pflanzenkohle, Baustoffe oder Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffe.

Dazu kommt die Nutzung der Biomasse zur Energiegewinnung. Diese ist zentraler Bestandteil der namibischen Energiepolitik und unter anderem in der National Energy Policy (NEP) 2017, National Renewable Energy Policy (NREP) 2017 oder National Integrated Resource Plan (NIRP) 2016 verankert. Namibia verfolgt das Ziel, bei der heimischen Energieversorgung bis 2030 zu 70 % auf lokale erneuerbare Energiequellen zurückzugreifen. Der Busch-Biomasse ist allerdings nur ein Anteil von bis zu 80 MW oder 11 % zugeordnet worden, da erhebliche und wirtschaftlicher nutzbarere Potentiale an Solar- und Windenergie vorhanden sind.

Industriebetriebe, wie Ohrongo Cement, Namibian Breweries oder Rotomould Okahandja nutzen bereits Buschbiomasse zu energetischen Zwecken und es entstehen auch neue namibische Unternehmen, die den Ansatz einer nachhaltigen Energieproduktion vor Ort fördern. Busch-Biomasse zur Energieerzeugung ist zudem Teil des Strategieplans des halbstaatlichen Stromerzeugers NamPower, der sich in der Planungsphase für ein 40 MW Biomassekraftwerk bei Tsumeb befindet.

Auf Studien1 basierend verfügt Namibia zurzeit über 412 Mio. t nutzbarer Busch-Biomasse:

Busch-Biomasse Nicht veröffentlichter N-BiG-Bericht für Hamburg


2020 werden voraussichtlich 1,85 Mio. t Busch-Biomasse genutzt (bei einem jährlichen Busch-Zuwachs von 14 Mio. t2), davon für Holzkohle (ca. 1 Mio. t), Brennholz (ca. 600.000 t), Zaunpfähle (ca. 200.000 t) Holzhackschnitzel (ca. 20.000 t) und Tierfutter (ca. 20.000 t). Inclusive der geplanten Kraftwerke wird für 2030 eine Nutzung von 3,9 Mio. t Busch-Biomasse prognostiziert bei einem natürlichen Zuwachs an Busch-Biomasse bis dahin von ca. 19,2 Mio. t im  Jahr.

Das heißt: in Namibia nimmt die Verbuschung weiter zu - selbst bei einer vollständigen Ausnutzung von lokalen und regionalen Nutzungspotenzialen. Nur wenn die Busch-Biomasse auf internationale Märkte exportiert werden kann, besteht die Chance, dass sich die Verbuschung in Namibia erfolgreich bekämpfen lässt.

Bestehende gesetzliche Regelungen bestimmen die detaillierten Anforderungen an eine „nachhaltige Buschernte“ (Policy Brief zu Bush-Harvesting Guidelines 2017). Die Entnahme von Buschholz ist heute schon kontrolliert und limitiert: für jede Buschernte wird eine zeitlich und geographisch begrenzte Genehmigung durch die namibische Forstbehörde ausgestellt. Zusätzlich bieten Beratungsdienste, wie der De-Bushing Advisory Service, fachliche Unterstützung an. Für internationale Märkte greifen zusätzliche internationale Zertifizierungen von Biomasse wie des Sustainable Biomass Program (SBP) und des Forest Stewardship Council (FSC). Letzterer hat in den vergangenen Jahren die FSC-zertifizierte Fläche in Namibia von weniger als 200.000 ha auf ca. 1.6 Mio. ha gesteigert.

Die Nachbehandlung der ausgedünnten Weideflächen spielt in der Ernte und Nutzung von Busch-Biomasse eine zentrale Rolle, da der im Boden verbleibende Wurzelstock sofort wieder ausschlägt. Positiv zu sehen ist dann eine Nutzung der frischen Triebe gehäckselt als Viehfutter. Es sind bereits umfangreiche und präzise Handreichungen verfügbar, die auf Erfahrungswerten aus der bisherigen Buschernte, umfassenden wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie einer strategischen namibischen Umweltverträglichkeitsprüfung basieren. 

Eine selektive Entnahme von Busch-Biomasse führt zu keiner nachhaltigen Schädigung des Nährstoffkreislaufs, wenn die vorhandenen grundlegenden Regeln bei der Ernte beachtet werden.


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1 Smit, G. N. et al (2015): Detailed Assessment of the Biomass Resource and Potential Yield in a Selected Bush Encroached Area of Namibia). 

2 Studie von N-BiG, die von Dritten geteilt wird, wie IfaS, GIZ, NNF und weitere

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