Kroatien ist seit zehn Jahren Mitglied der EU. Ihr Fazit?
Tušek: Kroatien verfolgt schon seit dem Prozess der Unabhängigkeit Anfang der 1990er Jahre eine klare Ausrichtung in Richtung der damaligen Europäischen Gemeinschaft. Seit 2013 sind wir Teil der EU und seitdem ebenbürtiger Partner in allen Fragen bezüglich Europas. Mit der Einführung des Euro und dem Beitritt zum Schengenraum zählt Kroatien zu den Staaten mit der höchsten Integrationsstufe und damit zu Kerneuropa.
Was sind die Vorteile der EU-Mitgliedschaft?
Tušek: Wir sind damit Teil einer Wertegemeinschaft. Kroatien ist integriert ins europäische Wirtschaftsgefüge. Außerdem spielen sicherheitspolitische Implikationen eine wichtige Rolle. Die EU ist ein Friedensprojekt sondergleichen auf einem Kontinent, der in der Vergangenheit von vielen Kriegen geprägt war. Das ist für Kroatien ein ganz starkes Argument für die EU-Mitgliedschaft und eine gewisse Garantie, dass sich unsere kroatische Gesellschaft in Frieden weiterentwickeln kann.
Welchen Einfluss hat die EU-Mitgliedschaft Kroatiens auf die Beziehungen zu den übrigen ehemaligen Staaten Jugoslawiens?
Tušek: Wir sehen uns als gutes Beispiel wie sich Staaten entwickeln können und unterstützen das Bestreben der Staaten Südosteuropas, die bisher noch keine EU-Mitglieder sind, auch wenn es noch offene bilaterale Fragen gibt. Aber das ist ein weiterer Vorteil der EU: offene Fragen werden meist in einem Konsens gelöst. Die Mitgliedschaft zur Europäischen Union minimiert grundsätzlich Streitigkeiten und Konflikte.
Mit der Einführung des Euro gibt Kroatien währungspolitische Unabhängigkeit auf. Das kann ein Risiko sein.
Tušek: Dieses Risiko ist sekundär, denn wir sehen die Vorteile des Euro als starke, stabile und wenig krisenanfällige Währung. Der Wechselkurs der Kuna orientierte sich bereits am Euro. Mitglied im Euro-Raum zu werden, war da nur ein konsequenter Schritt. Wir sind ein Land, für das der Tourismus insbesondere aus anderen EU-Staaten eine große Rolle spielt. Da ist eine einheitliche Währung von großem Vorteil.
Wo kann die EU noch besser werden?
Tušek: Durch die Integration haben wir das Problem einer Fachkräfteabwanderung, insbesondere nach Deutschland beobachten müssen, auch stärker als erwartet. Da müssen wir noch eine Lösung finden, um gewisse Ausgleiche innerhalb Europas erzielen zu können, denn dies ein Problem von dem auch andere EU-Mitgliedstaaten betroffen sind
Welche Vorteile haben Kroaten in Hamburg?
Tušek: Wie überall in der EU gilt für EU-Bürger: sie genießen das kommunale Wahlrecht und können sich zur Wahl stellen.
Info: Insgesamt 10.000 kroatische Staatsbürger leben im Großraum Hamburg. Dazu kommen die Kinder der dort geborenen Kroaten, die beide Staatsbürgerschaften haben.