
Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen bieten allen Kindern einen Schutzraum, ermöglichen einen geregelten Tagesablauf und vermitteln damit Orientierung und Sicherheit. Flüchtlingskinder und ihre Familien brauchen von den Mitmenschen im Aufnahmeland in besonderem Maße Verständnis, Geduld, Feingefühl und Zuversicht.
Auf diese Weise können Missverständnisse erkannt, unterschiedliche Vorstellungen und Haltungen geklärt werden.
- Anfängliche Sprachbarrieren lassen sich überwinden durch zum Beispiel Bilder/Fotos, Gebärden unterstützte Kommunikation (GuK), Dolmetscher/-in. Künstlerische Aktivitäten, dass heißt der Ausdruck und Austausch in Bildern, Tönen und im Spiel, ermöglichen die Beteiligung aller Kinder auch über die Sprachgrenzen hinweg.
- Versuchen Sie bei der Auswahl von Lern- und Spielmaterialien an die vertraute Lebenswelt der Kinder anzuknüpfen (zum Beispiel Fotos aus dem Herkunftsland, mehrsprachige Bilderbücher, interkulturelle Puppen, Naturmaterialien wie Sand).
- Wenn Sie unerwartete oder unverständliche Verhaltensweisen eines Kindes beobachten, gehen Sie zunächst auf die Eltern zu und fragen Sie nach. Manches in unseren Augen irritierende Verhalten lässt sich durch die Umstände der Flucht erklären (zum Beispiel das Kind spricht nicht, weil es auf der Flucht still sein musste).
- Haben Sie den Aspekt der kindlichen Resilienz im Blick. Um die Kinder zu stärken, ist es wichtig, an ihren vorhandenen Stärken anzusetzen, ohne Probleme zu ignorieren. Begegnen Sie dem Kind mit Fürsorge, unterstützen sie es beim Aufbau von tragfähigen Beziehungen, bringen Sie Routinen und damit Vorhersehbarkeit in den Lebensalltag des Kindes, übertragen Sie ihm Verantwortung für kleine Aufgaben und schaffen Sie eine Umgebung, in der es selbst aktiv werden kann. Und bedenken Sie, dass Ihre Kita / Ihre Tagespflegestelle, unabhängig von möglichen traumatischen Erlebnissen, für Kinder jetzt ein sicherer Ort und bereits Teil der Bewältigung von Fluchterfahrungen ist.
Kinder verfügen über unterschiedliche Fähigkeiten und Ressourcen, um mit Veränderungen umzugehen und nicht jedes Kind hat traumatische Erfahrungen gemacht. Die meisten verhalten sich nicht anders als einheimische Kinder auch. Dennoch gibt es Kinder, die unter der sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung leiden.
Anzeichen hierfür können beispielsweise sein:
- Angst vor lauten Geräuschen, Dunkelheit oder Alleinsein,
- starkes Klammern an Bezugspersonen,
- starke, unkontrollierbare Gefühlsäußerungen wie Wut- oder Weinanfälle,
- somatische Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen,
- hohe Fürsorglichkeit und Schuldgefühle den Eltern gegenüber.
Vor allem dann, wenn viele dieser Symptome gegeben sind oder einzelne Symptome länger (zum Beispiel mehrere Wochen) andauern, sollten Sie im Einvernehmen mit den Eltern eine zweite Meinung vom psychologischen Fachdienst (zum Beispiel Flüchtlingsambulanz für Kinder und Jugendliche des UKE) oder von einem Arzt mit entsprechender Zusatzausbildung einholen.
Eine auf Trauma spezialisierte Psychotherapie kann dann notwendig sein. Somatische Beschwerden müssen immer medizinisch abgeklärt werden.
Weitere Informationen:
- Ärzte mit Fremdsprachenkenntnissen finden Sie über die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg oder die Zahnärztekammer Hamburg
- Lennertz, I. (2011). Trauma und Bindung bei Flüchtlingskindern. Erfahrungsverarbeitung bosnischer Flüchtlingskinder in Deutschland. Göttingen: Vandenhoeck&Ruprecht
- Soyer, J. (2014). Flüchtlingskinder und ihre Eltern. In: KiTa aktuell Recht, 3/2014, S. 11-15
- „Dolmetscher für Erzieher/innen“, Cornelsen Schulverlage GmbH
Als Vorlage für diesen Artikel diente die Veröffentlichung des Bayrischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration: Asylbewerberkinder und ihre Familien in Kindertageseinrichtungen - Informationen für Kindertageseinrichtungen in Bayern, Autorinnen: Dr. Sigrid Lorenz & Dr. Monika Wertfein, Staatsinstitut für Frühpädagogik, München2015.