Tosendes Feuerwerk über Planten un Blomen
Freitag, 22 Uhr. Heiter drängen sich die DOM-Besucher vor den Fahrgeschäften, Bäckereien und Imbiss-Buden. Noch aus der Ferne ist das Rattern der Achterbahn, das Rauschen der riesigen Schwenkarme des Artistico zu hören, die Bässe der DOM-Musik und das Kreischen der Fahrgäste in den Wagen und Gondeln.
Gleichzeitig trifft Sven Schneider, Feuerwerker des DOMs, letzte Vorbereitungen für seine Show, die in wenigen Minuten starten wird. In Planten un Blomen direkt neben der Eisbahn steht alles bereit. Dann knallt es plötzlich und die ersten Leuchtfontänen ergießen sich über den Nachthimmel von St. Pauli. Jetzt ist der DOM verstummt. Keine laute Musik mehr, keine rauschenden Fahrgeschäfte und grölenden Menschen, der DOM ist ganz leise.
Indessen laufen Sven Schneider und sein Mitarbeiter mit einer brennenden Fackel von der einen zur anderen Feuerwerksstation, um die Feuerkörper anzustecken. Wie Orgelpfeifen sind die kanonenartigen Mörser ordentlich in Gruppen aufgereiht. Weiße, rote, blaue und grüne Lichter bringen den Himmel zum Leuchten. Gleichzeitig und nacheinander aber niemals in willkürlicher Form explodieren die Feuerkörper über dem mit Sicherheitsband abgesteckten Areal. Sie knistern und knallen, sind Krach und Kunst zugleich. Funken sprühen, Reste des Feuerwerks bleiben glimmend am Boden liegen. Sven Schneider und sein Mitarbeiter sind von Rauchschwaden umgeben. Fast fühlt man sich in einen Actionfilm versetzt, in dem gerade ein Stunt gedreht wird.
Bald kommt das Finale. Im Lichtschein des Feuerwerks deckt Sven Schneider die restlichen Feuerkörpergruppen ab und nimmt selbst einen gebührenden Sicherheitsabstand ein. Das Finale wird nicht händisch, sondern elektrisch von weitem gezündet.
Ein höllischer Lärm bricht los. In einer unfassbaren Geschwindigkeit schnellen Dutzende Feuerkörper in den Himmel hoch. Es pfeift, töst, rasselt, poltert, knattert, donnert und blitzt in bunten Farben.
Und plötzlich herrscht erneut dunkle Stille.
Knallharte Arbeit und knallhartes Management
15 Minuten DOM-Feuerwerk sind vorbei, 15 Minuten hinter denen allein über vier Stunden Aufbauarbeit, plus Planung und Fahrtzeiten stecken. "Knallharte Arbeit, ein knallhartes Management und vor allem sicherheitstechnische Aspekte sind es, die ein solches Feuerwerk ermöglichen", fasst Sven Schneider zusammen. Der drahtige Mann mit den sympathischen Gesichtszügen weiß, wovon er spricht. Er ist offiziell seit seinem 21. Lebensjahr Feuerwerker und stammt aus einer Familie von Pyrotechnikern. Obwohl er das DOM-Feuerwerk erst später in leitender Funktion ausgerichtet hat, entzündete er sein erstes DOM-Feuerwerk schon kurz nach seiner Prüfung.
Kunstvolle Höhenfeuerwerk
Und trotzdem ist der 58-jährige Pyrotechniker immer noch aufgeregt. "Wenn ich das nicht wäre, hätte ich meinen Beruf verfehlt. Das ist wie bei einem Künstler vor dem Bühnenauftritt. Und wenn es dann läuft, läuft es." Damit es rund läuft, wird einmal jährlich das Programm festgelegt. Es entsteht im Frühjahr und läuft dann zu den drei DOM-Veranstaltungen in einheitlicher Form durch. Nur durch Lieferungsengpässe oder falls ganz markante neue Technik auf den Markt kommt, kann das Programm geändert werden.
"Die Gestaltung liegt einem im Blut. Seit meiner Jugend kenne ich mich aus, man weiß, was auf dem Markt ist, kennt die Sicherheitsbestimmungen. Alles wird von uns persönlich getestet, damit jeder Handgriff sitzt." Das DOM-Feuerwerk ist ein sogenanntes Höhenfeuerwerk. Es besteht aus Kugel- und Zylinderbomben, die in Mörsern aufbereitet werden. Entgegen der weitverbreiteten Vorstellung, gibt es keine Raketen. Bis zu 150 Meter steigt das Feuerwerk hoch, denn es wird von einer niedrigen Stelle in Planten un Blomen gezündet und soll noch weit über die Baumwipfel und über den ganzen DOM hinweg zu sehen sein. Natürlich habe sich vieles in der Pyrotechnik verändert, erläutert Sven Schneider, gerade im niedrigen Spektrum. Die Höhe des Feuerwerks und vor allem die scharfen Sicherheitsbestimmungen bedingten aber die Auswahl der Feuerwerksbausteine.
Sicherheit geht vor
"So schön es ist, so gefährlich ist es auch. Die Sicherheit steht absolut im Vordergrund." Neben der Absperrung wird ein Teil von Planten un Blomen durch Wachpersonal überprüft. Es stellt sicher, dass sich keine Menschen und Tiere in der Nähe aufhalten. Winde und Witterungsumstände können die Sicherheit zusätzlich beeinträchtigen. Und auch wenn Sven Schneider von seinem Werdegang und der Lagerung des explosiven Materials erzählt, fällt das Wort "Sicherheit" besonders häufig.
Akkurater DOM-Aufbau und Franzbrötchen
Seine Teams und er sind auf sämtlichen Großveranstaltungen in Norddeutschland unterwegs, in Bremen, Osnabrück, Hannover, Bückeburg, Oldenburg und vielen weiteren Städten. Der Hamburger DOM ist für Sven Schneider mehr als nur eines von vielen Events in seinem Jahreskalender. Hamburg ist sein Geburtsort, obwohl er in Goslar aufwuchs und dort die Firma seines Vaters übernahm. "Der Dom hat viele Reize: die vielen verschiedenen Fahrgeschäfte, echte Klassiker, die Kajüte und die Bauernkate. Viele Schausteller kenne ich seit langem." Vor allem sei der DOM in seiner Aufstellung sehr akkurat, nicht so chaotisch wie andere Rummel. Woanders stünden die Fahrgeschäfte und Buden teils kreuz und quer. Und selbstverständlich seien es auch die Franzbrötchen, die er an Hamburg liebe. "Manchmal bringe ich gleich 20 Stück mit. Die gibt es woanders nicht."
Lebensfreude stiften
Aus Sven Schneiders Augen ist Begeisterung abzulesen, wenn er von seinem Beruf, dem DOM und Hamburg erzählt. "Wir können den Menschen ein Stück Lebensfreude bereiten. Feuerwerke sprechen die Emotionen der Leute an." Das tun sie in der Tat. Während Sven Schneider bereits anfängt, die Feuerwerks-Requisiten zusammen zu räumen, hört man begeistertes Johlen und Applaudieren der Zuschauer auf dem Dom. Dann tritt er mit seinem Mitarbeiter den Weg nach Goslar an. Schon morgen früh geht es zu einem Weihnachtsmarkt.