Hamburg.de Startseite Freizeit Hamburger DOM Backstage - Hinter den...
Friedrich Brandi

Der DOM-Pastor

Als ehrenamtlicher Zirkus- und Schaustellerpastor ist Friedrich Brandi zu jedem DOM auf dem Heiligengeistfeld unterwegs. Über seine Aufgaben und Herausforderungen als DOM-Pastor, Gottesdienste und Konfirmandenunterricht auf Hamburgs größtem Volksfest.

  • Sie lesen den Originaltext
Hamburger DOM/Gerd Antepohl

Unterwegs mit DOM-Pastor Friedrich Brandi

Friedrich Brandi, der DOM-Pastor

Heiligengeistfeld und Hamburger DOM – das klingt sakral. Eine Kirche gibt es auf dem DOM allerdings nicht, dafür Achterbahnen, Spielgeschäfte, gebrannte Mandeln oder Deftiges. Wer aber mit Friedrich Brandi vorbei an Fahrgeschäften, bunten Leuchtreklamen und duftenden Schmalzkuchen über den DOM schlendert, erkennt, dass es nicht immer eine Kirche braucht, damit eine Gemeinde zusammenkommen kann. 

Friedrich Brandi, pensionierter Pastor, ist seit 2010 im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland im Raum Hamburg als einer der haupt- und ehrenamtlichen Schausteller- und Zirkuspastoren unterwegs. Damit ist er auch für die Schausteller auf dem Hamburger DOM zuständig. Er ist Seelsorger, gestaltet Gottesdienste, gibt Konfirmandenunterricht und hält Trauungen, Taufen und Beerdigungen ab. Gottesdienste und häufig auch Taufen finden auf dem Hamburger DOM statt. Für Hochzeiten oder Beerdigungen fährt er weiter in die Kirchen und Kapellen der jeweiligen Ortsgemeinden. 

Vor seiner Pension war Brandi unter anderem Pastor in der Friedenskirche in Altona. Seine alte Arbeitsstätte sei so nah am Heiligengeistfeld gewesen, dass man die Düfte des Hamburger DOM vom Balkon schon immer hätte riechen können. "Da war ich praktisch schon infiziert vom DOM", sagt Brandi und lacht. Auch die Kinder der Schausteller gingen damals in den kircheneigenen Kindergarten, so sei der Kontakt entstanden. Nachdem die hauptamtliche Stelle gestrichen wurde, sei er gefragt worden, ob er als Zirkus- und Schaustellerpastor tätig sein wolle. "Und dann habe ich "ja" gesagt. Und ich hab' es bis heute nicht bereut", sagt Brandi. 

Gottesdienst auf dem Hamburger DOM

Ein fester Termin für den DOM-Pastor und die Schausteller-Gemeinde ist der Gottesdienst am ersten DOM-Wochenende. Der findet spät am Abend, um halb 12, in einer der DOM-Gastronomien statt. Die Kirche gebe als Raum eine gewisse Atmosphäre und Sicherheit vor, auf dem DOM müsse Brandi diese selbst herstellen. "Aber das ist eben auch das Schöne, das Herausfordernde, das macht mir auch Spaß. Ich finde, die moderne Kirche soll auch dahin gehen, wo es ein bisschen weh tut", sagt er und lacht. Ein transportables Kreuz, eine Bibel und zwei Kerzen bringt er deshalb selbst mit, "so, dass es ein bisschen klerikal, ein bisschen kirchlich aussieht". 

Für den Gottesdienst trägt er seinen schwarzen Talar und eine Stola, die passende Ornamente zieren. Ein Zirkuszelt, eine Theaterbühne und ein Zuckerwaren-Geschäft sind mit goldenem Garn auf den lilafarbenen Stoff gestickt. "Dadurch kriegen die Schausteller und auch die Zirkusleute mit: Ja, das ist einer von uns", sagt der Pastor. 

Meist seien zwischen 30 und 50 Schaustellerinnen und Schausteller vom DOM beim Gottesdienst dabei. Diesmal, nach der langen Corona-Pause, seien es beim Winterdom 2021 rund 70 bis 80 gewesen, schätzt Brandi. "Sie nehmen da sehr rege teil, das freut mich sehr. Die Schausteller genießen das auch, glaube ich, weil es so einen Come-Together-Charakter hat – der DOM hat gerade begonnen, jetzt sind wir wieder zusammen." Dass dabei auch mal geraucht, eine Weinschorle oder ein Bierchen getrunken werde, störe ihn nicht. "Mir macht das sehr viel Spaß, es ist eine sehr originelle Gemeinde. Jeder kennt jeden", erklärt er. Wer aus der Schausteller-Gemeinde evangelisch oder katholisch sei oder überhaupt der Kirche angehöre, wisse er nicht. "Das interessiert mich auch letztendlich nicht so. Wer kommen möchte, ist herzlich eingeladen."

Gespräche, Konfirmandenunterricht und Segnungen von Fahrgeschäften

Man müsse sich den DOM vorstellen wie ein Dorf, sagt Brandi. Und tatsächlich wirkt er auf dem DOM so, als wäre er auf einer Runde durch die einzige Straße einer kleinen Ortschaft unterwegs; hier ein Pläuschchen, da ein Schnack – man kennt sich. So kommt er mit den Menschen ins Gespräch, spricht mit ihnen auch über Probleme. 

In der Corona-Zeit sei für die Schaustellerfamilien, die sonst einen Großteil des Jahres unterwegs sind, das Verweilen an einem Ort eine besondere Herausforderung gewesen. "Es haben ein paar Leute angerufen, ich habe auch einige angerufen. Einfach schlichtweg gefragt: "Wie geht’s?" Einige Schausteller, die Brandi kennt, hatten ihre Geschäfte an dezentralen Orten in Hamburg aufgestellt, zum Beispiel am Altonaer Bahnhof oder Teufelsbrück. "Da bin ich auch öfters vorbeigefahren, hab einen Crêpe gegessen." Für die Kreativität und Zuversicht in dieser Zeit bewundert Brandi die Schausteller: "Der eine ist dann LKW-Fahrer gewesen, der andere hat in einer Bäckerei vor Ort angeheuert, der Dritte steigt bei seiner Tochter ein, die ein Fahrgeschäft hat," erzählt er.

Zu Friedrich Brandis Aufgaben gehört auch die Segnung von Geschäften, wie zum Beispiel für Kuddel der Hai. "Das war ganz nett, da bin ich dann auch hinterher mit dem Talar diese Achterbahn gefahren", erinnert er sich. Und auch die Geisterfabrik hat der Zirkus- und Schaustellerpastor gesegnet, nachdem ihn eine seiner Konfirmandinnen darum gebeten hatte. 

Auch das gehört zu Friedrich Brandis besonderen Aufgaben: Jeden Samstag während der DOM-Zeit gibt er Konfirmandenunterricht, in dem er den Jugendlichen vom Hamburger DOM die Basics des kirchlichen Lebens näherbringt. Die Zehn Gebote, das Leben Jesu, Altes und Neues Testament, die Auseinandersetzung mit Gott, diese Dinge seien Bestandteil des Unterrichts. "Und wenn ein Konfirmand aus dem Konfirmandenunterricht rausgeht und sagt: Ach, da möchte ich doch nochmal ein bisschen mehr wissen – mehr verlange ich gar nicht."