Die meisten Bürger ahnten von der herannahenden Katastrophe nichts
Die Sturmflut in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 nahm mit einem Deichbruch um 0:14 Uhr am Neuenfelder Rosengarten ihren Anfang. Zirka 60 weitere Brüche werden durch einen Orkan der Stufe 13 in den nächsten Stunden folgen. Die meisten Hamburger fühlten sich in dieser stürmischen Nacht sicher und ahnten von der herannahenden Katastrophe nichts. Vor allem an der Nordsee erwarteten die Menschen Hochwasser durch das Sturmtief "Vincinette".
Die Elbinsel Wilhelmsburg traf es durch einen Deichbruch am Spreehafen am Härtesten. Zu der Zeit lebten dort mehr als 60.000 Menschen und als gegen 1 Uhr nachts eine gewaltige Flutwelle die ersten Hamburger Bereiche unter Wasser setzte, war es für eine Evakuierung zu spät. Die geringsten Überlebenschancen hatten jene, die in den tief gelegenen Gartenkolonien in Lauben und anderen Behelfsunterkünften lebten.
Große Teile im Süden Hamburgs standen unter Wasser
Die Telefone und Sirenen funktionierten nicht mehr. Der Strom fiel aus, Gartenhäuser wurden von den Wassermassen mitgerissen. Die Menschen retteten sich auf die Dächer ihrer Wohnungen oder auf Bäume. Ähnlich war die die Situation der Bewohner auf der Veddel, im Alten Land und in Billwerder-Moorfleet. Zirka 100.000 Menschen waren vom Wasser eingeschlossen und brauchten dringend Hilfe.
Die Flut war auch in der Innenstadt spürbar: Um 2:40 Uhr wurde der Rathausmarkt überschwemmt und die Stromversorgung brach in vielen Stadtteilen zusammen. Gegen drei Uhr erreichte die Flut mit 5,73 über Normalnull am Pegel St.-Pauli ihren Höchststand. Der damalige Innensenator Helmut Schmidts übernahm die Leitung des Katastrophenstabs und koordinierte alle Kräfte der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Helmut Schmidt als Innensenator
Schmidt handelte unbürokratisch und setzte sich – wenn nötig – auch über bestehende Gesetze hinweg: 8.000 Soldaten und 80 Hubschrauber der Bundeswehr orderte er nach Hamburg, obwohl das Grundgesetz einen solchen Bundeswehreinsatz damals noch nicht zuließ. Rund 25.000 nationale und internationale Helfer kämpften insgesamt gegen die Zeit und brachten 20.000 Menschen in eingerichtete Notquartiere.
Trotz der Hilfe starben 315 Menschen auf hamburgischem Gebiet. Tausende Nutz- und Haustiere ertranken, mehr als 10.000 Wohnungen waren monatelang unbewohnbar und die Menschen obdachlos. Danach wurden Maßnahmen beschlossen und umgesetzt, um spätere, noch größere Sturmfluten zu verhindern. Zehn Tage nach der Flutkatastrophe trafen sich zirka 100.000 Menschen auf dem Rathausmarkt, um den Opfern der Sturmflut zu gedenken.
Denkmäler zum Gedenken an die Opfer der Flut
Nach 1962 entstanden in Hamburg mehrere Denkmäler, die an die Verstorbenen erinnern. Am 1. März 1962 wurden auf dem Ohlsdorfer Friedhof in einer Ehrengrabstätte 77 Flutopfer beigesetzt. Seit 1972 steht dort ein Mahnmal, das ebenso an alle Verstorbenen erinnert, die nicht in der Grabstätte bestattet wurden. 2012 wurden die Namen aller Opfer in das Denkmal eingraviert.
In Waltershof erinnert eine Bronzeplatte an die verstorbenen Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils. In Wilhelmsburg entstanden zwei Denkmäler, die den Flutopfern und den Helfern, die bei der Rettung ihr Leben verloren, gewidmet sind. Weitere Denkmäler verdeutlichen, wie hoch das Wasser unter anderem 1962 stand. Dazu zählt ein Flutdenkmal in Hamburg-Nienstedten, das den Stand der Sturmfluten von 1962 und 1976 markiert.
Weitere Informationen zum Thema sowie eine interaktive Karte des Flutgebiets, eine Zeitleiste und eine Übersicht der Schauplätze damals und heute: Hamburger Sturmflut von 1962 und Chronik der Hamburger Sturmflut