Lebensmittelbetrug gibt es nicht erst seit der Technisierung der Lebensmittelindustrie. So süßten beispielsweise die Römer schon ihren Wein mit Bleiazetat („Bleizucker“). Bereits ab 1893, kurz nach Gründung des Hygieneinstituts, wurden in Hamburg regelmäßig Lebensmittel untersucht und seither immer wieder Betrügereien aufgedeckt: Mehl war mit Gips gestreckt, Butter mit Margarine vermischt, Gebäck mit giftigen Farbstoffen versetzt.
Heutzutage wird beispielsweise Olivenöl mit minderwertigen Ölen gestreckt oder teure Bourbon-Vanille durch synthetisch hergestelltes Vanille-Aroma ersetzt - durch den Einsatz minderwertiger Zutaten wird der Gewinn für die Hersteller schnell vervielfacht. Auch wenn durch den Verzehr falsch deklarierter Lebensmittel meist keine Gesundheitsgefahr besteht, wird Betrug entsprechend strafrechtlich verfolgt.
Die europäische Kommission hat vier Kriterien definiert, die einen Lebensmittelbetrug (englisch: Food Fraud) ausmachen:
- Verstoß gegen das EU-Lebensmittelrecht
- Absicht
- Täuschung der Kunden
- Erzielung eines wirtschaftlichen Gewinns
Eine Täuschung beziehungsweise Irreführung der Verbraucher liegt vor, wenn einer der folgenden Punkte zutrifft:
- Es ist nicht drin, was drauf steht (wie beim Pferdefleischskandal)
- Das Produkt hält nicht ein, was es verspricht (irreführende Werbung, Spezifikation oder Deklaration)
- Es werden unklare oder missverständliche Angaben zum Produkt gemacht
Genau diesen Aktivitäten sind die Lebensmittelchemikerinnen und -chemiker am HU auf der Spur. Sie untersuchen und begutachten alle Produkte entlang der Wertschöpfungskette mit modernsten Methoden und Geräten - von der Urproduktion über das Tier bis hin zum Lebensmittel, vom Ackerbau bis auf den Tisch ("from farm to fork"). Eingeschlossen sind ebenfalls Untersuchungen und Begutachtungen zur Tiergesundheit, von kosmetischen Produkten, Gegenständen des täglichen Bedarfs und Tabakerzeugnissen.
Das HU nimmt für die Stadt Hamburg regelmäßig an den europaweiten OPSON-Projekten teil und hat dabei in den letzten Jahren beispielsweise Olivenöle und Vanille sowie Thunfisch untersucht und dazu beigetragen, Verfälschungen aufzudecken.
Die Untersuchungsmethoden zur Aufdeckung von Food Fraud werden immer ausgefeilter. Am HU ist beispielsweise neben klassischen lebensmittelchemischen Untersuchungen auch die Nuclear Magnetic Resonance (NMR)-Technik etabliert. Bei dieser neuen Analysemethode zur Aufdeckung von Lebensmittelbetrug lassen sich Auffälligkeiten noch genauer und schneller identifizieren - damit Lebensmittel auch künftig das halten, was sie versprechen.