Trotz der aufgezeigten Unterschiede (siehe hierzu Islamismus Formen) verbindet alle Islamisten der gemeinsame Wille nach einer Etablierung "des Islams" als politisches Gesellschaftsmodell in Konkurrenz zum säkularen Staat der westlichen Moderne.
Dabei ist auch der Islamismus nichts anderes als ein Produkt dieser Moderne selbst. Entstanden im späten 19. Jahrhundert als Antwort auf die koloniale Durchdringung Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens durch europäische Staaten, drückte sich in ihm das kulturelle Trauma und die Abwehrhaltung einer einstmals überlegenen Zivilisation aus. Ursprünglich eine Reformbewegung zum Ausgleich eines Fortschrittsgefälles auf wissenschaftlichem, technischem und militärischem Gebiet, forderte der Islamismus schon bald die Bewahrung kultureller Authentizität gegen als übermächtig empfundene fremde Einflüsse.
Dabei spielte Gewalt als Mittel zur Durchsetzung dieser Ziele zunächst nur eine untergeordnete Rolle. Dies änderte sich erst ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, besonders aber seit den 70er Jahren, als das Verständnis von islamischer Reform zunehmend mit der Auffassung von einem islamischen Aktivismus verknüpft wurde, der auch Militanz einschloss.
Die gewandelten politischen Bedingungen zum Ende der 70er Jahre – das Verschwinden politischer Legitimität in den post-unabhängigen arabischen Regimes – haben wesentlich zum Anwachsen und zur Popularität der islamistischen Bewegungen beigetragen. Das Fehlschlagen des pan-arabischen Nationalismus und arabischen Sozialismus, das nach der Niederlage der arabischen Staaten 1967 im Krieg mit Israel manifest wurde, hat den Prozess der Radikalisierung der islamistischen Gruppen ebenso beschleunigt wie die offensichtliche Unfähigkeit der arabischen Staaten, regionale (innerarabische) Konflikte wie den libanesischen Bürgerkrieg und den iranisch-irakischen Krieg zu lösen.
Hinzu kamen eine Reihe interner Niederlagen, vom explosionsartigen Bevölkerungswachstum über hohe Urbanisierungsraten, die nicht vom Wirtschaftswachstum aufgefangen werden konnten, bis hin zu Schwierigkeiten bei der Grundversorgung der Bevölkerung oder Beschäftigungsproblemen einer ständig breiter werdenden Schicht von jungen Arbeitern, Angestellten und Akademikern. Die Unzufriedenheit äußerte sich seit Ende der 70er Jahre zunehmend in öffentlichen Demonstrationen, Streiks und so genannten Brotunruhen (Ägypten 1977, Tunesien 1978, Jordanien 1988). Hauptanklagepunkte der Islamisten waren die unzureichende Anwendung der islamischen Gesetze und die wirtschaftliche und militärische Abhängigkeit der Regimes vom Westen.
In diesem Spannungsfeld zeichnete sich seit Mitte der 70er Jahre in den islamischen Ländern eine wachsende Radikalisierung und steigende Akzeptanz von Gewalt als legitimem Mittel zur Durchsetzung des eigenen Religions- und Politikverständnisses ab, und schlug sich in den 80er und 90er Jahren in einer Zunahme terroristischer Aktivitäten nieder, die sich ausgehend von der Bekämpfung (lokaler) arabischer Regime (→ Interner Jihadismus) mittlerweile zu einer weltumfassenden Bedrohung mit klarer anti-westlicher Stoßrichtung ausgeweitet hat (→ Globaler Jihadismus).
Die zunehmende amerikanische militärische Präsenz auf der Arabischen Halbinsel, die im Zweiten Golfkrieg (1990/1) mit der Stationierung US-amerikanischer Truppen in Saudi Arabien ihren Höhepunkt erreichte, gilt dabei als Wendepunkt von einem unorganisierten "Widerstandskampf" hin zu organisierten terroristischen Anschlägen. Seit den 90er Jahren wurden US-Militäreinrichtungen auf der Arabischen Halbinsel mehrfach Ziel terroristischer Anschläge (Riad 1995, Khobar 1996, Aden 2000 etc.).