Das Konzept der Hakimiya (wörtlich „Herrschaft“, im islamistischen Sprachgebrauch „Gottesherrschaft“) hängt eng mit dem erläuterten Begriff der Jahiliya zusammen, mit dem zusammen „Hakimiya“ eines der zentralen Elemente islamistischer Ideologie bildet.
Sayyid Qutb (1906-1966) zufolge bezeichnet Jahiliya einen Zustand der Gesellschaft, in dem der Mensch über den Mensch herrscht und die Herrschaft nicht Gott gehört. Um den Zustand der Jahiliya zu beenden, ist es nach Auffassung von Qutb und anderen Islamisten notwendig, allein Gott die höchste und universale gesetzgebende Autorität zukommen zu lassen. Gott habe durch die Offenbarungen des Korans und die Rechtleitung des Propheten Muhammad den Menschen eine vollkommene Rechts- und Lebensordnung an die Hand gegeben. Diese in Form der Scharia vorliegende Lebensordnung zu befolgen sei nicht nur hinsichtlich der Erfüllung der gottesdienstlichen Pflichten, sondern auch im gesellschaftlich politischen Bereich für die Menschen bindend. Gott selbst ist der gesetzgebende Souverän, der Mensch lediglich der „Statthalter Gottes" bzw. „Treuhänder Gottes" (Kalifat).
Islamisten sprechen den Menschen hiermit das Recht auf die Ausübung politischer Herrschaft ab. Die lediglich als seine Statthalter fungierenden Menschen haben ihrer Auffassung zufolge nicht das Recht gesellschaftliche Ordnungssysteme zu entwerfen und eigenständig politisch zu handeln. Volksherrschaft sei folglich abzulehnen. Qutb plädiert ferner dafür, die „Gottesherrschaft" unter Anwendung der militanten Variante des Jihad zu realisieren. Die „Gottesherrschaft" bildet darüber hinaus die Grundlage für die Ablehnung der von ihm als „Ursprung korrupter Herrschaft" diffamierten westlichen Ordnungsvorstellungen (Demokratie, Säkularismus, Parteienpluralismus etc.).