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Die verfassungsfeindliche Scientology-Organisation (SO) versucht seit einigen Wochen in Hamburg erneut, mit Info-Broschüren unter dem Motto „Sag Nein zu Drogen“ ein in der Gesellschaft positives Thema zu besetzen. Insbesondere die dunkelgrünfarbenen Flyer mit dem Titel „Fakten über Drogen“ werden hierzu zum Beispiel in Hamburger Geschäften ausgelegt oder in die Briefkästen von Privathaushalten geworfen. Dabei tritt die SO nicht offen auf – in den Info-Heften gibt es keinen direkten Hinweis auf die Organisation, die seit 1997 vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Das Hamburger Landesamt informiert: Der Verein „Sag Nein zu Drogen – Sag Ja zum Leben“ ist eine Scientology-Nebenorganisation. SO versucht, über die Instrumentalisierung sozial akzeptierten Engagements neue Anhänger zu gewinnen. Im Visier sind hier unter anderem Bildungseinrichtungen, Behörden, Drogenberatungsstellen und weitere soziale Träger.
In einer Internet-Selbstdarstellung brüstet sich die SO mit ihrer vorgeblich „lebensrettenden Aufklärungskampagne“. Mit professioneller Drogenaufklärung und Suchthilfe haben die Scientology-Materialien indes nur wenig zu tun, denn die Aktivitäten des Vereins erschöpfen sich vornehmlich im Verteilen von Info-Heftchen über diverse Drogen und Berichten über die Anzahl der in Umlauf gebrachten Publikationen – Quantität statt Qualität. Zudem veröffentlicht die SO im Internet anonyme Rückmeldungen über die vermeintliche Wirksamkeit dieser Art von Drogenaufklärung.

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Vermutlich aus taktischen Erwägungen – um zu vermeiden, dass die Heftchen zur Drogenaufklärung als SO-Publikation erkannt werden können – enthalten sie keinen Hinweis auf die Organisation. Lediglich auf der Homepage des Vereins „Sag Nein zu Drogen – Sag Ja zum Leben“ findet sich im Impressum ein Verweis auf Scientology. Über diesen Internetauftritt wird direkt auf eine weitere SO-Nebenorganisation verwiesen, und zwar auf den Scientology-Drogenhilfe-Verein „Narconon“. Nach den Erfahrungen des Scientology-Beratungsteams im Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) wissen viele Ratsuchende, die sich mit Fragen zur SO-Antidrogen-Kampagne, zu den Info-Broschüren und ersten Kontakten zum Verein „Sag Nein zu Drogen“ an das LfV wenden, anfangs nicht, dass sie es mit Scientology zu tun haben.
Die eigentlichen Ziele derartiger SO-Tarnorganisationen sind eine breit angelegte gesellschaftliche Verankerung und Akzeptanz sowie die Gewinnung und Bindung neuer Mitglieder – auch dank der Aufklärungsarbeit allerdings ohne messbaren Erfolg: Die Mitgliederzahlen der SO gehen in Hamburg wie auch in ganz Deutschland seit Jahren ständig zurück. (Mitgliederzahlen der Scientology-Organisation)
Übrigens: Nicht nur Scientologen verfolgen das Ziel, über positiv besetztes Engagement einen Zugang zu verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zu erhalten. Auch Rechtsextremisten instrumentalisieren das Thema „Anti-Drogen“ für ihre Zwecke. So starteten die rechtsextremistischen „Jungen Nationaldemokraten Sachsen“ (JN) im Sommer 2014 in mehreren Städten Ostdeutschlands Anti-Drogen-Kampagnen.
Der Rat des Verfassungsschutzes: Wenn Sie solche Info-Broschüren finden, dann informieren Sie die Geschäftsinhaber über die scientologische Urheberschaft. Gern können Sie sich auch an den Hamburger Verfassungsschutz wenden. Und letztendlich: Schmeißen Sie die Flyer am besten in den nächsten Papierkorb.
Beratung beim Landesamt für Verfassungsschutz: Info-Hotline 244443
Wer Fragen zu extremistischen Bestrebungen hat, kann sich unter Telefon 040-244443 an das Landesamt für Verfassungsschutz wenden. Unter dieser Telefon-Nummer erreichen Ratsuchende auch das Scientology-Beratungsteam des Landesamtes. Mit dem Stichwort „Scientology-Beratung“ werden die Anrufer zur entsprechenden Stelle weiter vermittelt.
Per Mail ist das LfV Hamburg unter poststelle@verfassungsschutz.hamburg.de erreichbar.
Bürgerinnen und Bürger können sich auch an das LfV wenden, wenn sie beispielsweise im Zweifel sind, ob hinter einer vorgeblich harmlosen Kampagne möglicherweise Extremisten stecken. Anfragen werden grundsätzlich vertraulich behandelt.
Hintergrund-Information: Scientology – ein Fall für den Verfassungsschutz

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Im Juni 1997 beschloss die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren (IMK), die Scientology-Organisation (SO) vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Zuvor hatte eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Verfassungsschutzbehörden in einem Bericht Erkenntnisse über Zielsetzungen und Vorgehensweisen der SO vorgelegt. Auf dieser Grundlage stellte die IMK fest, dass bei der SO tatsächliche Anhaltspunkte für politisch bestimmte Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen. Nach einer Klage der SO Deutschland und der SO Berlin gegen die Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz bestätigte das Verwaltungsgericht Köln im November 2004 die Rechtmäßigkeit der Beobachtung. Auch mit einem zweiten Versuch scheiterten die Kläger im Februar 2008 vor dem Oberverwaltungsgericht Münster in einer Berufungsverhandlung. Das Gericht wies die Klage zurück und ließ keine Revision zu. In der Urteilsverkündung hieß es, Scientology strebe eine Gesellschaftsordnung an, mit der „zentrale Verfassungswerte wie die Menschenwürde und das Recht auf Gleichbehandlung außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt“ würden. Weitere Hintergrund-Informationen finden Sie auf der Homepage des Hamburger Verfassungsschutzes.