1. Warum wird das Hamburgische Klimaschutzgesetz novelliert?
Es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Gegenwart, die von Menschen verursachten klimaschädlichen Emissionen schnell und umfassend zu reduzieren und die Erderwärmung zu begrenzen. Dies sieht auch die Präambel der Hamburgischen Verfassung vor und stellt zudem die natürlichen Lebensgrundlagen unter besonderen Schutz. Auch das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2021 daran erinnert, wie wesentlich der in Art. 20a GG verankerte Schutz der natürlichen Lebensgrundlage ist. Die Bundesregierung hat zudem 2021 das Klimaschutzgesetz nachjustiert, die Klimaziele angehoben und den Ausbau der erneuerbaren Stromversorgung auf 80 Prozent bis 2030 beschlossen. Die Novellierung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes soll diesen Aufträgen zum Klimaschutz gerecht werden. Ziel der Novelle ist deshalb zum einen, die gesetzlichen Klimaschutzziele der Freien und Hansestadt Hamburg an die aktuellen Entwicklungen anzupassen. Zum anderen soll konkretisiert werden, wie CO2-Emissionen weiter reduziert werden können, damit die Freie und Hansestadt Hamburg im Jahr 2045 CO2-neutral ist. Darüber hinaus sollen die bereits im Gesetz angelegten Instrumente und Maßnahmen inhaltlich weiterentwickelt und der Vollzug des Gesetzes gestärkt werden.
2. Was sind die wichtigsten Inhalte, die durch die Novellierung neu in das Hamburgische Klimaschutzgesetz aufgenommen werden?
Hier finden Sie eine Übersicht der wichtigsten Punkte der Novellierung.
3. Sind die neuen Regelungen des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes schon in Kraft?
Nein. Aktuell liegt ein sog. Referentenentwurf der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) vor. Diesen hat der Hamburger Senat am 14. Februar 2023 vorgestellt und zur Anhörung freigegeben. Dementsprechend haben zurzeit verschiedene Verbände die Möglichkeit, schriftlich zum Referentenentwurf Stellung zu nehmen.
Anschließend wird der ggf. überarbeitete Referentenentwurf erneut dem Senat vorgelegt, der ihn zu beschließen und als Gesetzesvorlage in die Hamburgische Bürgerschaft einzubringen hat. Dort wird final über eine Änderung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes entschieden. Sofern eine Mehrheit der Abgeordneten der Änderung zustimmt, soll das Gesetz am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Bis dahin gelten weiterhin die im aktuellen Gesetzestext formulierten Anforderungen.
4. Welche Änderungen sind bei der sog. EE-Pflicht geplant, die beim Austausch von Heizungsanlagen greift?
Geplant ist, dass ab dem 1. Januar 2027 bei einem Heizungstausch mindestens 65 Prozent des Wärmeenergiebedarfs aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden muss (sog. EE-Pflicht). Diese Pflicht würde Gebäudeeigentümerinnen und Gebäudeeigentümer also nur betreffen, wenn sie ihre zentrale Heizungsanlage austauschen oder eine neue zentrale Heizungsanlage einbauen möchten. Die aktuellen Regelungen des Klimaschutzgesetzes sehen bereits eine solche Pflicht vor, allerdings in geringerer Höhe (15 Prozent EE-Pflicht). Hier finden Sie Informationen zur EE-Pflicht, wen diese trifft, wie sie erfüllt werden kann und Hinweise zu Fördermöglichkeiten.
Ferner sieht der Referentenentwurf vor, dass künftig auch unvermeidbare Abwärme aus gewerblichen oder industriellen Prozessen als erneuerbare Energien anerkannt werden. Dementsprechend kann auch mit dieser Abwärme die EE-Pflicht erfüllt werden. Erforderlich ist allerdings, dass es sich um unvermeidbare Abwärme handelt, also alle möglichen Effizienzmaßnahmen in den vorherigen Prozessen ausgeschöpft wurden. Gewerbliche oder industrielle Abwärme kommt in Nah- und Fernwärmenetzen zum Einsatz.
5. Muss ich ab Januar 2027 meine bestehende Heizungsanlage austauschen?
Nein. Die geplanten Regelungen des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes sehen keine Pflicht zum sofortigen Austausch einer Heizungsanlage ab 2027 vor. Eine funktionierende Heizung kann weiterbetrieben werden. Nach 30 Jahren sieht das Bundesrecht (GEG) allerdings den Austausch einer Heizungsanlage vor. In einem solchen Fall oder wenn auf eigenen Wunsch eine Heizungsanlage frühzeitiger ausgetauscht werden soll, greift die EE-Pflicht. In der Folge ist ab dem 1. Januar 2027 eine Heizung einzubauen, die mindestens 65 Prozent des Wärmeenergiebedarfs aus Erneuerbaren Energien deckt.
Auch die Reparatur bestehender Heizungsanlagen ist weiterhin zulässig, ohne dass eine EE-Pflicht ausgelöst wird. Erst wenn eine Reparatur nicht mehr möglich ist und die Heizungsanlage ausgetauscht werden muss, greift die EE-Pflicht.
6. Betreffen die geplanten Änderungen des Hamburgische Klimaschutzgesetz auch elektrische Heizungen?
Auch für elektrische Heizungen sieht der Referentenentwurf eine Neuerung vor: Es dürfen nur noch Stromdirektheizungen fest installiert werden, die weniger als 1,5 Kilowatt Leistung erbringen. Auch hier wird die bereits vorgesehene Härtefallregelung bestehen bleiben, bei der von Fall zu Fall entschieden wird. Wer sich künftig darauf berufen möchte, muss allerdings alle Dokumente aufbewahren, aus denen hervorgeht, weshalb er die Ausnahmeregelung nutzt und diese auf Verlangen der Behörde vorlegen.
7. Dürfen keine Klimaanlagen mehr in Gebäuden eingebaut werden, wenn die Änderungen des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes in Kraft treten?
Bevor eine Klimaanlage in ein Gebäude eingebaut wird – so sieht es der Referentenentwurf vor – muss künftig geprüft werden, ob das Gebäude auch anderweitig gekühlt werden kann. Bauliche Maßnahmen, die im Sommer vor Wärme schützen, haben dann grundsätzlich Vorrang. Solche baulichen Maßnahmen sind beispielsweise außenliegender Sonnenschutz wie Fensterläden, Außenjalousien, Markisen usw. oder eine natürliche Beschattung durch Grünbepflanzung.
Nur wenn eine Kühlung durch bauliche Maßnahmen nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise möglich ist, darf eine Klimaanlage verbaut werden. Ausnahmen sind vorgesehen, beispielsweise für Einrichtungen der Kranken- oder Altenpflege. Zudem soll der Vorrang nicht greifen, sofern Prozesswärme oder -kälte zur Raumkühlung genutzt wird. Bauherren müssen künftig außerdem nachweisen, dass sie die erforderliche Prüfung durchgeführt haben.
8. Wen trifft die Pflicht, eine Photovoltaikanlage auf seinem oder ihrem Dach zu installieren (PV-Pflicht)?
Bereits seit Mai 2020 sieht das Hamburgische Klimaschutzgesetz vor, dass auf allen ab dem 1. Januar 2023 errichteten Gebäude eine Photovoltaikanlage zu betreiben ist. Die geplanten Änderungen sehen eine solche Pflicht darüber hinaus auch für Bestandsgebäude vor, deren Dachhaut nach dem 1. Januar 2024 (statt aktuell 1. Januar 2025) vollständig erneuert wird. Sofern diese Photovoltaikanlagen nach dem 1. Januar 2024 errichtet werden, müssen sie – so sieht es die geplante Änderung vor – mindestens 30 Prozent der Bruttodachfläche bedecken.
Eigentümerinnen und Eigentümer können diese Pflicht zur Errichtung einer Photovoltaikanlage selbst erfüllen und die PV-Anlage betreiben oder das Dach an einen Dritten (Mieterstrom-Anbieter) verpachten, der die PV-Anlage errichtet, betreibt und deren Eigentümer ist.
9. Was umfasst die Bruttodachfläche?
Bruttodachfläche bezeichnet die gesamte Dachfläche, die ein Gebäude überdeckt einschließlich eines möglichen Dachüberstands, jedoch ohne Dachrinne. Besteht die Dachfläche aus mehreren Teilen, ist die Bruttodachfläche die Gesamtfläche aller Brutto-Teildachflächen.
10. Sind auch Alternativen zur PV-Pflicht vorgesehen?
Ja. Zum einen ist weiterhin vorgesehen, dass eine Photovoltaikanlage nicht auf das Dach muss, soweit dort solarthermische Anlagen errichtet und betrieben werden. Zum anderen sieht der Referentenentwurf eine weitere Alternative vor: Statt eine Photovoltaikanlage auf dem Dach zu errichten, wird es auch möglich sein, auf Teilen der Gebäudehülle oder auf dem versiegelten Grundstück andere Einrichtungen zur Erzeugung erneuerbarer Energien zu installieren. Dabei muss durch diese Einrichtungen so viel Leistung erzeugt werden, wie die ersetzte Photovoltaikanlage erzeugt hätte. Als weitere Möglichkeit sieht der Referentenentwurf vor, dass die Pflicht bei mehreren Hauptgebäuden auch gebündelt auf einem Gebäude erfüllt werden kann.
11. Wen würde die Pflicht treffen, sein oder ihr Dach zu begrünen?
Wer mit dem Bau eines Gebäudes nach dem 1. Januar 2027 beginnt oder bei seinem Bestandsgebäude nach diesem Zeitpunkt die Dachhaut vollständig erneuert, muss nach den aktuell im Referentenentwurf vorgesehene Regelungen sein Dach begrünen. Diese Pflicht trifft allerdings nur solche Eigentümerinnen und Eigentümer, deren Dach maximal 20 Grad geneigt ist. Dabei wären dann mindestens 70 Prozent der Bruttodachfläche zu begrünen.
12. Muss ein Dach mit Photovoltaikanlage auch begrünt werden?
Sofern die Voraussetzungen jeweils vorliegen, sind Eigentümerinnen und Eigentümer ab 2027 verpflichtet, sowohl eine Photovoltaikanlage zu errichten als auch eine Dachbegrünung vorzunehmen. Alternative Erfüllungsoptionen, etwa durch Nutzung der Fassaden und Gebäudehülle statt des Daches, bleiben möglich.
13. Wer ist nach den vorgesehenen Änderungen verpflichtet, beim Bau eines neuen Parkplatzes über diesem Parkplatz eine Photovoltaikanlage zu errichten?
Wird nach dem 1. Januar 2024 ein offener Parkplatz neu gebaut, so wäre über diesem – nach den geplanten Änderungen – eine Photovoltaikanlage zu errichten. Diese Pflicht träfe allerdings nur jene Parkplätze, deren Größe 35 Stellplätze überschreitet und die geeignet sind, solare Strahlungsenergie zu nutzen.
Auch hier könnte die Pflicht durch einen Dritten erfüllt werden, also beispielsweise die Fläche über dem Parkplatz zur Errichtung einer Photovoltaikanlage verpachtet werden.
14. Sieht das Hamburgische Klimaschutzgesetz auch Ausnahmen von diesen Pflichten vor?
Sowohl bei der EE-Pflicht als auch bei der Pflicht zur Errichtung einer Photovoltaikanlage sieht bereits das aktuelle Hamburgische Klimaschutzgesetz Ausnahmen vor, diese Ausnahmen werden durch die Änderung nicht berührt. Zudem werden sie auf die neu eingeführten Pflichten (Dachbegrünung, Photovoltaikanlagen über Parkplätzen) erstreckt. So entfällt die jeweilige Pflicht, wenn ihre Erfüllung anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z.B. Denkmalschutz, Baumschutz) widerspricht. Eine weitere Ausnahme ist vorgesehen, wenn die Erfüllung der jeweiligen Pflicht im Einzelfall technisch unmöglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Schließlich ist eine Härtefallregelung vorgesehen, nach der die Pflicht in besonderen Einzelfällen entfallen kann.
15. Ist eine staatliche Förderung vorgesehen, die bei der Erfüllung dieser Pflichten unterstützt?
Ab 2024 soll es ein Förderprogramm geben, das bei der Anschaffung einer neuen Heizungsanlage, die mit Erneuerbaren Energien betrieben wird, finanziell unterstützt. Auch für die Errichtung von Photovoltaikanlagen und bei der Dachbegrünung soll eine Förderung aufgrund von Förderrichtlinien möglich sein. Derzeit gibt es in Hamburg noch bis 2024 Fördermittel zur Installation eines Gründachs.
16. Inwiefern wirkt sich die vom Bund vorgesehene Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) auf die Novellierung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes aus?
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima hat einen Entwurf für eine Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes vorgelegt. Ein Beschluss des Bundeskabinetts steht noch aus. Etwaige Auswirkungen dieses Entwurfs auf die Novellierung des HmbKliSchG können derzeit noch nicht abgesehen werden. Allerdings gilt, dass das Land Hamburg verpflichtet ist, Bundesrecht umzusetzen.