Bei ungesättigter Luft - das heißt: die Luft kann noch Wasserdampf aufnehmen - verdunstet Wasser aus jedem Boden; und zwar unmittelbar als Evaporation (Verdunstung von der Bodenoberfläche) und mittelbar durch die Transpiration (Verdunstung über die Blätter der Pflanzen). Bei der Verdunstung ist die Umwandlung von flüssigem Wasser in Wasserdampf mit einer Energieaufnahme verbunden. Die für die Umwandlung in den gasförmigen Aggregatzustand notwendige Umwandlungsenergie stammt aus der Sonneneinstrahlung und wird auch als latente Wärme bezeichnet. Wird ein Teil der einfallenden Strahlungsenergie der Sonne nicht in fühlbare Wärme, sondern in latente Wärme transformiert, führt dies dazu, dass über Böden, aus denen Wasser verdunstet, die Lufttemperatur geringer bleibt.
Gemeinsam mit der Fähigkeit der Böden, große Mengen an Kohlenstoff zu speichern, wird die Eigenschaft der Böden, die untere Atmosphäre zu kühlen, auch als Klimafunktion von Böden bezeichnet.
Die Kühlleistung des Bodens spielt besonders in Städten und an Sommer- und Hitzetagen (Tage mit Maximum der Lufttemperatur >= 25 °C bzw. >= 30 °C) eine wichtige Rolle. Für Hamburg wird in Zukunft eine Erhöhung der Anzahl der jährlichen Sommer- und Hitzetage erwartet. Eine gezielte Optimierung der Kühlleistung von Böden ist auch für die Hitzevorsorge in der Stadt im Rahmen der Klimaanpassung von Bedeutung.
Bei der Bewertung der Kühlleistung von verschiedenen Böden steht die Frage im Mittelpunkt, wieviel Wasser ein Boden an Sommer- bzw. Hitzetagen bzw. in Hitzeperioden für die Verdunstung zur Verfügung stellen kann. Das für die Verdunstung im Boden zur Verfügung stehende Wasser ist entweder
- im Boden gespeichertes Niederschlagswasser oder
- Grundwasser, das oberflächennah mit nur geringerem Abstand unter der Geländeoberkante ansteht.
Je mehr und je kontinuierlicher ein Boden Wasser für die Verdunstung zur Verfügung stellen kann, desto höher ist dessen Kühlleistung.
Für die Kühlleistung ist auch der Versiegelungsgrad von Böden von Bedeutung. In Stadtquartieren mit einem hohen Versiegelungsgrad ist das Potenzial für die Verdunstung stark eingeschränkt, weil eine Versiegelung die Evapotranspiration (Summe aus Evaporation und Transpiration) behindert oder gänzlich unmöglich macht. Dieser Effekt trägt zu einer spürbaren Temperaturerhöhung und zur Bildung städtischer Wärmeinseln („Urban Heat Islands“) bei.
In Hamburg wurden die Böden flächendeckend für das gesamte Stadtgebiet hinsichtlich ihres Potenzials zur Kühlung an Sommer- beziehungsweise Hitzetagen bewertet und in der Verdunstungspotenzialkarte entsprechend klassifiziert.
Um die unterschiedliche Leistungsfähigkeit von Böden und Vegetation für die Kühlung der Stadt zu veranschaulichen und deren Berücksichtigung bei Planungen für eine klimagerechte Stadtgestaltung zu forcieren, wurden außerdem Simulationsrechnungen für einen 20-Jahre-Zeitraum mit einem Bodenwasserhaushaltsmodell durchgeführt. Dabei wurden die Unterschiede in der Verdunstungsleistung an Sommertagen bzw. in den Sommermonaten für drei Standorte in Hamburger Parks mit unterschiedlichen Verdunstungspotenzialen quantifiziert und visualisiert. Mit Hilfe der Modellierungsergebnisse ist es auch möglich, Maßnahmen für eine gezielte Optimierung der Verdunstungsleistung in Hitzeperioden abzuleiten.