Erläuterung zu den Lärmkarten 2022
Der EU-Umgebungslärmrichtlinie folgend werden alle fünf Jahre Lärmkarten erstellt. Im Jahr 2022 wurden diese erstmals nach einem EU-weit einheitlichen Berechnungsverfahren (CNOSSOS - Common NOise aSSessment methOdS in Europe, 2018) erstellt, welche sich deutlich von den bisher verwendeten unterscheiden. Daher weichen die Ergebnisse der aktuellen Lärmkartierung 2022 von denen der vorangegangenen Lärmkartierung 2017 ab. Vielerorts werden jetzt deutlich mehr lärmbelastete Menschen ausgewiesen - obwohl sich die Lärmsituation zwischenzeitlich nicht wesentlich änderte oder gar Lärmschutzmaßnahmen ergriffen wurden.
Wesentliche Gründe sind:
· Die Emissionen im Straßen-, Schienen- und Luftverkehr werden nun wesentlich detaillierter modelliert. So werden z. B. beim Straßenverkehr die Rollgeräusche und die Motorengeräusche getrennt berechnet.
· Die Schallausbreitung wird wesentlich komplexer modelliert. Sie berücksichtigt nun z. B. auch unterschiedliche meteorologische Bedingungen sowie frequenzabhängige Effekte bei der Abschirmung von Lärmquellen durch Lärmschutzwände oder bei der Reflexion an Gebäuden.
· Die Belastetenzahlen werden jetzt anders ermittelt. Früher wurden die Einwohner:innen von Wohngebäuden gleichmäßig um ein Gebäude verteilt - auf laute und leise Seiten. Jetzt hingegen werden alle Einwohner:innen eines Gebäudes der lauteren Vorderseite zugewiesen; die leisere Rückseite eines Gebäudes wird nicht berücksichtigt. Somit werden deutlich mehr lärmbelastete Menschen ausgewiesen.
· Die Rundungsregel für die Bildung der ausgewiesenen Pegelklassen wurde geändert. Dadurch verschieben sich die 5 Dezibel breiten Pegelklassen um 0,5 Dezibel zu niedrigeren Werten. Damit werden tendenziell größere lärmbelastete Flächen und mehr sowie stärker lärmbelastete Menschen ausgewiesen.
Neben diesen systematischen Änderungen durch die neuen Berechnungsmethoden wirken sich auch veränderte Verhältnisse vor Ort auf die Ergebnisse der Kartierung aus. Beispiele sind:
· Die aktuellen Verkehrsmengen auf Straßen, Schienenwegen und Flughäfen können die Relevanzschwellen, ab denen sie bei der Kartierung zu berücksichtigen sind, unter- oder überschreiten. So können z. B. Verkehrsverlagerungen dazu führen, dass eine Straße erstmals zu kartieren ist.
· Die für die Lärmberechnung relevanten Größen können sich geändert haben. So beeinflussen z. B. zwischenzeitlich umgesetzte Maßnahmen wie Tempo 30 oder ein Austausch des Fahrbahnbelags die Lärmsituation vor Ort.
· Die Zahl der Einwohner:innen kann sich durch Wohnungsneubau erhöhen und damit auch die Zahl der lärmbelasteten Menschen.
Alle genannten Faktoren beeinflussen in ihrer Summe die Höhe der Lärmbelastung der Bevölkerung und die ausgewiesene Anzahl der lärmbelasteten Menschen. Insbesondere der Wechsel auf die EU-weit einheitlichen Berechnungsverfahren führt dazu, dass die aktuellen Ergebnisse der Lärmkartierung nicht oder nur sehr eingeschränkt mit den Ergebnissen aus dem Jahr 2017 verglichen werden können. Dies führt selbst bei unveränderter Vor-Ort Situation dazu, dass tendenziell mehr lärmbelastete Flächen und deutlich mehr lärmbelastete Menschen ausgewiesen werden. Zwischenzeitig erfolgte Lärmminderungsmaßnahmen können daher nur sehr bedingt oder nicht aus den aktuellen Lärmkarten und den Belastetenzahlen abgelesen werden.
Die Lärmkartierung ist ein wichtiges Instrument, um Lärmbelastungen großflächig darzustellen und Lärmschwerpunkte zu ermitteln. Auch wenn die Umstellung auf die neuen Berechnungsverfahren einen Bruch mit den vorangegangenen Lärmkartierungen darstellt, ist dies ein wichtiger und notwendiger Schritt, um ein europaweit einheitliches Verfahren zu etablieren.
Die neuen Lärmkarten für den Straßenverkehr zeigen, dass 627.700 Hamburgerinnen und Hamburger von einem durchschnittlichen 24-Stunden-Umgebungslärmpegel (LDen) ab 55 dB (A) betroffen sind. Nachts (Lnight) sind 448.500 Menschen von Umgebungslärmpegel ab 50 dB (A) durch Straßenverkehr betroffen.
Tabelle 1: geschätzte Anzahl von Lärm Betroffene, LDEN
LDEN in dB(A) | 55 - 59 | 60 - 64 | 65 - 69 | 70 - 74 | ab 75 |
Straßenverkehr | 217.600 | 220.500 | 156.900 | 31.600 | 1.000 |
Flugverkehr | 51.100 | 12.300 | 1.900 | 200 | 0 |
Industrie/Hafen | 5.200 | 700 | 100 | 0 | 0 |
Tabelle 2: geschätzte Anzahl von Lärm Betroffene, LNight
LNight in dB(A) | 50 - 54 | 55 - 59 | 60 - 64 | 65 - 69 | ab 70 |
Straßenverkehr | 228.200 | 177.200 | 41.000 | 1.100 | 1.000 |
Flugverkehr* | 6.100 | 1.300 | 200 | 0 | 0 |
Industrie/Hafen | 3.400 | 300 | 0 | 0 | 0 |
*bezogen auf die Zeit zwischen 22 – 23 Uhr . Daher ist die Zahl der Betroffenen bei LNight im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern deutlich niedriger
Tabelle 3: geschätzte Geschätzte Zahl der vom Lärm an Hauptverkehrsstraßen belasteten Flächen, der Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser
LDen | Fläche in km2 | Anzahl Wohnungen | Anzahl Schulgebäude | Anzahl Krankenhausgebäude |
ab 55 dB(A) | 319 | 298.900 | 707 | 717 |
ab 65 dB(A) | 122 | 90.200 | 90 | 19 |
ab 75 dB(A) | 18 | 500 | 1 | 0 |
Tabelle 4: Geschätzte Zahl der Fälle gesundheitsschädlicher Auswirkungen und Belästigungen durch Straßenverkehrslärm
LDen | Stark Belästigte (HA) | Stark Schlafgestörte (HSD) | Ischämische Herzkrankheiten (IHD) |
Straßenverkehr | 112.574 | 28.487 | 707 |
Flugverkehr | 21.473 | 1.779 |
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Erstmalig ist die Ermittlung der gesundheitsschädlichen Auswirkungen im Rahmen der Kartierung 2022 vorgesehen. Sie erfolgt entsprechend des Anhang III der Umgebungslärmrichtlinie von März 2020 auf der Basis der dort enthaltenen Expositions-Wirkungs-Beziehungen getrennt für jede Lärmquellenart. Diese Beziehungen basieren auf epidemiologischen Studien, die die WHO im Rahmen der „Leitlinien für Umgebungslärm für die Europäische Region“ veröffentlichte und gelten für ausreichend große, repräsentative Bevölkerungspopulationen.
Die gesundheitlichen Endpunkte „starke Belästigung“ und „starke Schlafstörung“ sind für Straßenverkehrs-, Schienenverkehrs- und Fluglärm anzugeben. Für die „ischämische Herzkrankheit“ sind ausschließlich die Fälle durch Straßenverkehrslärm zu berechnen. Für Schienenverkehrs- und Fluglärm lagen bei der Verabschiedung der Leitlinien keine ausreichend abgesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor.
Es handelt sich hierbei um Modellrechnungen für Informationen auf Ebene der öffentlichen Gesundheit für die Allgemeinbevölkerung und nicht um Aussagen zur Verwendung für die einzelne Person.
Zudem gehen in die Berechnung die bundesweit statistisch ermittelten Inzidenzen für ischämische Herzkrankheiten ein. Auch hierüber lassen sich die lokalen und individuellen Bedingungen nicht ohne weiteres realistisch abbilden. Die Daten dienen daher nicht einer Beschreibung der absoluten Lärmwirkungen vor Ort, diese können stark über- oder unterschätzt werden, sondern sollen die Wirkung von Lärmminderungsmaßnahmen für die öffentliche Gesundheit veranschaulichen, um ein hohes Schutzniveau sicherzustellen.
Grundlagen zur Berechnung der Lärmkarten
In den Karten werden die Lärmindizes als sogenannte A-bewertete äquivalente Dauerschallpegel in Dezibel und Klassen mit einer Klassenbreite von 5 dB(A) zusammengefasst dargestellt:
LDEN = Tag-Abend-Nacht-Lärmindex und
LNight = Nachtlärmindex
Der LDEN ist ein jahresdurchschnittlicher, gewichteter 24h-Mittelwert, der 12 Tagesstunden (von 6 Uhr bis 18 Uhr), 4 Abendstunden (von 18 Uhr bis 22 Uhr) und 8 Nachstunden (von 22 Uhr bis 6 Uhr) umfasst. Der LNight bezieht sich nur auf die 8 Nachtstunden.
Die Ermittlung der Belastetenzahlen innerhalb der Isophonen Bänder erfolgt entsprechend der Vorgaben der " Berechnungsmethode zur Ermittlung der Belastetenzahlen durch Umgebungslärm" (BEB).
Folgende Lärmquellen sind zu betrachten:
Straßenverkehr
Die Belastung durch den Straßenverkehrslärm ergibt sich insbesondere aus der durchschnittlichen Anzahl der Fahrzeuge pro Tag, ihrer zulässigen Höchstgeschwindigkeit, dem LKW-Anteil und der jeweiligen Straßenoberfläche sowie der Steigung der Straße. Die Berechnung der Pegel erfolgt unter Berücksichtigung der künstlichen und natürlichen Hindernisse. Die Ergebnisse sind in Form von Pegelbändern in Klassen mit einer Klassenbreite von 5 dB(A) als strategische Lärmkarten (Schallimmissionspläne) dargestellt.
Lärmkarte LDen 2022 Straßenverkehr (PDF, 12,3 MB)
Lärmkarte LNight 2022 Straßenverkehr (PDF, 11,6 MB)
Schienenverkehr
Beim Schienenverkehrslärm werden insbesondere Zugart, Zuglänge, Geschwindigkeit, Häufigkeit, Aufbau des Gleisbettes, Schienenzustand sowie topographische und bauliche Gegebenheiten auf dem Ausbreitungsweg berücksichtigt. Für den Hamburg eigenen Schienenverkehr liegen die Daten noch nicht vor.
Flugverkehr
Die Belastung wird u.a. aus der Zahl der Starts und Landungen, der Eigenschaften der verwendeten Flugzeuge, die in Flugzeugklassen zusammengefasst sind, und der benutzten Flugspuren berechnet.
Lärmkarte LDen 2022 Flugverkehr (PDF, 9 MB)
Lärmkarte LNight 2022 Flugverkehr (PDF, 9MB)
Hinweis: Die Fluglärmschutzzonen nach dem Fluglärmschutzgesetz, die nach der Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen (AzB) bestimmt werden, unterscheiden sich grundsätzlich von den strategischen Lärmkarten aufgrund der unterschiedlichen Betrachtungsweisen.
Industrie- oder Gewerbegelände einschließlich Häfen
In der EG-Umgebungslärmrichtlinie ist die Erstellung von strategischen Lärmkarten für die Quellen Industrie/Gewerbe und Häfen gefordert. Bei der Umsetzung in nationales Recht ist sie auf bestimmte Anlagentypen begrenzt, die dem „Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung)“entsprechen. Grundlage sind flächenbezogene Schallleistungspegel der jeweiligen Anlagen einschließlich der Hafenbereiche.
Lärmkarte LDen 2022 Industrie und Gewerbe (PDF, 13 MB)
Lärmkarte LNight 2022 Industrie und Gewerbe (PDF, 12,9 MB)
Die Karten für 2012 und 2017 finden sich im Archiv.