(For English version see below)
„Eine gewisse Angst vor dem Klimawandel zu haben, halte ich für eine gesunde Reaktion“, sagt Juliane Stolz, Managerin des „KLIM MENT“-Projekts und Autorin der Studie. Aber wenn diese Angst größer wird, kann sie das mentale Wohlbefinden beeinträchtigen. Mit den Wechselwirkungen von Klima-Angst und psychischen Erkrankungen speziell bei Studierenden beschäftigt sich das Projekt des Forschungs- und Transferzentrums für Nachhaltigkeit und Klimafolgenmanagement (FTZ NK) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg). Unterstützt wird das Projekt von mkk – meine krankenkasse. Das Team um Juliane Stolz will aber nicht nur Daten erheben, sondern konkrete Maßnahmen entwickeln, wie psychischen Erkrankungen an den Hochschulen vorgebeugt werden kann, damit es Studierenden besser geht.

Körperliche Auswirkungen des Klimawandels sind längst belegt. Hitzewellen belasten das Herz-Kreislaufsystem, die zunehmende Luftverschmutzung erhöht das Risiko für Lungen- und Herzprobleme, Allergiker stöhnen über eine immer länger werdende Allergiesaison. Doch nicht nur der Körper, auch die Seele leidet unter den sich verändernden Bedingungen. „Die Datenlage zu psychischen Belastungen, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind, ist noch sehr dünn“, so Juliane Stolz. „Das wollen wir ändern.“ In den USA wird bereits zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die mentale Gesundheit geforscht, aber in Deutschland „ist unsere Befragung die erste dieser Art“, so Stolz.
Studierende sind besonders anfällig
Die „KLIM MENT“-Befragung richtet ihren Blick auf Studierende. „Studierende sind besonders anfällig“, erklärt Stolz. „Das liegt unter anderem an ihrer wirtschaftlichen Situation.“ Studien belegen, dass etwa ein Drittel aller Studierenden in Deutschland armutsgefährdet sind, was psychisch belastend ist. Dazu kommen Studienstress sowie generelle Zukunftsängste in einer Welt voller Krisen. Über die vor allem junge Menschen häufig rund um die Uhr gut informiert sind – schließlich funktionieren Algorithmen in den Sozialen Medien nach dem Prinzip „more of the same“: Wer Nachrichten sucht zu Themen, die ihm Sorgen machen, bekommt immer mehr davon angezeigt. Das gilt auch für Informationen zum fortschreitenden Klimawandel.
Die Themen Gesundheit und Klimawandel beschäftigen Juliane Stolz schon lange. Sie hat Gesundheitswissenschaften studiert und engagiert sich außerdem für den Klimaschutz. Ihre Bachelorarbeit hat sie über den Zusammenhang zwischen den beiden Feldern geschrieben, und daraus entwickelte sich dann nach und nach die Idee zu „KLIM MENT“. Man kann also durchaus sagen: Würde sich Stolz nicht zufällig für diesen Zusammenhang interessieren, hätte es eine so breit angelegte Studie, zumindest jetzt, wahrscheinlich nicht gegeben. Auch sie mache sich Sorgen, wenn sie wieder beunruhigende Nachrichten über den fortschreitenden Klimawandel liest, sagt sie: „Ich mache mir sehr viele Gedanken darüber. Aber sie überwältigen mich nicht.“
„Je größer die Angst vor dem Klimawandel, desto stärker die psychische Belastung“
Um sich ein Bild davon zu machen, ob und in welcher Weise Studierende unter Klima-Angst leiden, führte das Team der HAW Hamburg während des vergangenen Wintersemesters eine große Online-Befragung unter Studierenden an deutschen Hochschulen durch. Knapp 4500 Fragebögen von Studierenden an 190 Hochschulen hat „KLIM MENT“ ausgewertet. Dabei wurde die psychische Belastung der Teilnehmenden ermittelt und gleichzeitig ihre Angst vor dem Klimawandel erfasst, letzteres mit dem „Climate Change Anxiety Scale“ (CCAS), ein in den USA entwickelter Fragebogen, der emotionale Reaktionen auf den Klimawandel misst. Auch persönliche Erfahrungen der Befragten mit Folgen des Klimawandels, zum Beispiel mit einem Extremwetterereignis wie Hitzewellen oder Starkregen, konnten im Fragebogen genannt werden.

Bei mehr als der Hälfte der befragten Studierenden hat die Studie einen Zusammenhang zwischen Klima-Angst und Beeinträchtigungen der mentalen Gesundheit gefunden. „Je größer die Angst vor dem Klimawandel, desto stärker die psychische Belastung“, fasst es Juliane Stolz zusammen. Die Literatur nennt Auswirkungen wie Depressionen, Angstzustände, Schlafstörungen oder Posttraumatische Belastungsstörungen als mentale Auswirkungen. Die „KLIM MENT“-Studie differenziert hier aber nicht, sondern erfasst nur den Zusammenhang zwischen der Sorge um den Klimawandel und psychischer Belastung.

Positiv überrascht war Stolz gerade von manchen negativen Reaktionen. „Es gab auf dem Fragebogen auch ein Feld für Kommentare. Da haben wir manchmal gelesen: ,Was soll dieser Quatsch denn überhaupt?‘ Oder: ,Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen Zusammenhang gibt.‘ Aber die Leute haben vorher bei der Befragung mitgemacht!“ Daraus zieht sie den Schluss: „Wir haben mit unserer Studie offensichtlich auch Studierende erreicht, für die der Klimawandel normalerweise kein Thema ist.“
Aktiv werden, ehe die Hoffnungslosigkeit einsetzt
Ausgehend von den Ergebnissen fängt Juliane Stolz jetzt in der zweiten Projektphase damit an, zusammen mit Studierenden Maßnahmen zu entwickeln, was Hochschulen tun können, um die Selbstwirksamkeit von Betroffenen zu stärken. Ziel soll sein, dass Studierende, die an Klimawandel-Angst leiden, ihre Emotionen selbst bewältigen können, bevor ihre Psyche leidet. „Wir haben festgestellt, dass jemand, der sich mit dem Thema Klima beschäftigt, bis zu einem gewissen Punkt durchaus noch an einen positiven Wandel glaubt“, erklärt Stolz. „Erst, wenn dieser Punkt überschritten wird, folgt die Hoffnungslosigkeit mit all ihren negativen Begleiterscheinungen. Ein Ansatz ist es, vor diesem Punkt aktiv zu werden, um die Selbstwirksamkeit zu stärken.“
Was könnte da ganz konkret helfen? „Da will ich nicht vorgreifen“, sagt Stolz: „Es geht ja gerade darum, gemeinsam mit Studierenden zu gucken, was sie brauchen.“ Die möglichen Maßnahmen werden dann zunächst an Fokusgruppen getestet, um Verbesserungen und Anpassungen vornehmen zu können. Zum Ende des Projekts, im Juni 2026, sollen konkrete Empfehlungen der Öffentlichkeit vorgestellt und anschließend an möglichst vielen Hochschulen in Deutschland umgesetzt werden. Erste Kontakte dafür hat Juliane Stolz schon geknüpft.
Eins kann sie aber jetzt schon sagen: Austausch mit Gleichgesinnten wird ein wichtiger Punkt sein. „Das sagt ja auch der gesunde Menschenverstand - wenn es mir nicht gut geht, bespreche ich mich mit Personen, die mich verstehen.“
Am Projekt beteiligt:
Professor Dr. Walter Leal, Projektleiter; Juliane Stolz, Projektmanagerin; Steffi Matildes Pereira, studentische Mitarbeiterin; Dr. Franziska Wolf, Bereichsleitung Klimawandel und Gesundheit
Das Projekt KLIM MENT (Klimawandel und mentale Gesundheit Studierender) hat eine Laufzeit von November 2024 bis Juli 2026.
Weitere Informationen finden Sie hier.

English:
When Climate Anxiety Makes You Sick
The consequences of climate change can not only cause physical illness — they can also destabilize mental health. According to a study by the Hamburg University of Applied Sciences, students in particular suffer psychologically from climate change anxiety. The project is also looking for ways to prevent this.
"Having a certain amount of fear about climate change is, in my opinion, a healthy reaction," says Juliane Stolz, project manager of the "KLIM MENT" study. But when that fear grows too large, it can negatively affect mental well-being. The project, conducted by the Research and Transfer Center for Sustainability and Climate Change Management (FTZ NK) at the Hamburg University of Applied Sciences (HAW), focuses specifically on the interplay between climate anxiety and mental illness among students. The project is supported by mkk – meine krankenkasse. Juliane Stolz and her team not only aim to gather data but also to develop concrete preventive measures to improve student mental health at universities.
The physical effects of climate change have long been documented. Heatwaves strain the cardiovascular system, increasing air pollution raises the risk of lung and heart problems, and allergy sufferers struggle with increasingly longer allergy seasons. But it’s not just the body — the mind also suffers from the changing conditions. “There is still a lack of data on mental health burdens that can be attributed to climate change,” says Stolz. “We want to change that.” While in the United States, research is already being conducted on the effects of climate change on mental health, Stolz believes their survey is likely the first of its kind in Germany.
Students Are Particularly Vulnerable
The "KLIM MENT" survey focuses on students. "Students are particularly vulnerable," explains Stolz. "This is partly due to their financial situation." Studies show that about a third of all students in Germany are at risk of poverty, which is psychologically taxing. On top of that, they face academic stress and general anxiety about the future in a world full of crises. Young people, in particular, are often well-informed around the clock — after all, social media algorithms work on the principle of more of the same: those who seek out troubling news will be shown more of it. This also applies to information about the advancing climate crisis.
Health and climate change have long been core interests for Juliane Stolz. She studied health sciences and is also active in climate advocacy. Her bachelor’s thesis focused on the connection between these two areas, and that eventually led to the idea for "KLIM MENT". One could say that if Stolz hadn’t been personally interested in this connection, such a comprehensive study might not have come about — at least not now. She admits she also worries when she reads alarming news about climate change: “I think about it a lot. But it doesn’t overwhelm me.”
“The higher the climate anxiety, the greater the mental distress”
To better understand whether and how students are affected by climate anxiety, the HAW team conducted a large online survey of students at German universities during the past winter semester. The “KLIM MENT” project evaluated nearly 4,500 responses from students at 190 universities. The survey measured participants’ mental stress levels and their fear of climate change using the Climate Change Anxiety Scale (CCAS), a U.S.-developed questionnaire that gauges emotional responses to climate change. Respondents could also mention personal experiences, such as exposure to extreme weather events like heatwaves or heavy rainfall.
The study found a correlation between climate anxiety and impaired mental health in more than half of the students surveyed. “The higher the climate anxiety, the greater the mental distress”, Stolz summarizes. The literature lists effects such as depression, anxiety disorders, sleep disturbances, and post-traumatic stress disorder as possible mental consequences. However, the “KLIM MENT” study does not differentiate between these, instead focusing on the general link between concern about Climate change and psychological burden.
Stolz was especially surprised — in a positive way — by some of the critical responses. “There was a comment field on the questionnaire. Sometimes we’d read things like, ‘What kind of nonsense is this?’ or ‘I can’t imagine there’s any connection.’ But those people still completed the survey!” She concludes: “It’s clear that our study reached students who normally don’t think much about climate change.”
Acting Before Hopelessness Sets In
Based on the findings, Juliane Stolz is now beginning the second phase of the project, working with students to develop interventions that universities can implement to strengthen students’ sense of self-efficacy. The goal is for students affected by climate anxiety to manage their emotions before their mental health deteriorates. “We found that people who engage with climate issues tend to believe in the possibility of positive change — up to a certain point,” explains Stolz. “Once that threshold is crossed, hopelessness and its negative side effects follow. So one approach is to take action before that point is reached — to strengthen self-efficacy.”
So what, specifically, might help? “I don’t want to jump ahead,” says Stolz. “The idea is to work with students to identify what they need.” These potential measures will first be tested in focus groups to allow for refinement and adaptation. By the end of the project, in June 2026, the team plans to present concrete recommendations to the public and implement them at as many universities in Germany as possible. Stolz has already made some initial contacts for this.
There’s one thing she can say already: connecting with like-minded individuals will be key. “It’s just common sense — if I’m not doing well, I talk to people who understand me.”
Project Participants:
Professor Dr. Walter Leal, Project Leader; Juliane Stolz, Project Manager; Steffi Matildes Pereira, Student Assistant; Dr. Franziska Wolf, Head of Climate Change and Health Division
The project KLIM MENT (Climate Change and Students’ Mental Health) runs from November 2024 to July 2026.
Further information can be found here.