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Finkenwerder

Äpfel und Airbus

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Obstplantage neben Jetmontage: Die Elbinsel Finkenwerder pflegt ihre dörfliche Tradition und ist gleichzeitig High-Tech-Überflieger Hamburgs.

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Christoph Bellin / bildarchiv-hamburg.de

Der Stadtteil in Zahlen

Fläche

19,3 km²

Einwohnerzahl

11.702 (31. Dez. 2023)

Bevölkerungsdichte

606 Einwohner/km²


Die ehemalige Elbinsel Finkenwerder

Finkenwerder mit heute knapp 12.000 Einwohnern liegt auf einer ehemaligen Elbinsel, die seit 1962 durch Deiche mit dem Land verbunden ist. Geologen führen die Entstehung der Insel auf mehrere schwere Sturmfluten zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert zurück. Damals brach die Insel Gorieswerder auseinander. Finkenwerder ist das westliche Teilstück der neu entstandenen Inseln.

Vogel-Eiland

Über die Herkunft des Namen Finkenwerder besteht keine Gewissheit. Als am wahrscheinlichsten gilt die Wortzusammensetzung aus Vynken (= Finken) Werder (= Flussinsel). So sollen auf dem Eiland im 16. Jahrhundert größere Mengen von Finken mit Vogelnetzen gefangen worden sein.

Deichbau in Finkenwerder

Das ehemalige Sumpfland versuchte man schon früh durch Deiche landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Die ersten Deichbauten datieren auf das 13. Jahrhundert. Doch obwohl zumindest der nördliche Teil Finkenwerders schon 1445 in den Besitz Hamburgs kam, investierte man in die Instandhaltung der Deiche nur geringe Mittel, so dass die Befestigungen immer wieder verloren gingen.

Eine deutliche Verbesserung der Lebensbedingungen erfolgte 1801 mit einer Verfügung des Senators Wilhelm Amsinck, der die Finkenwerder Grundbesitzer zur Pflege der Deiche verpflichtete. Die Maßnahme erwies sich als erfolgreich: Eine schwere Sturmflut im Jahre 1806 überstand die Insel ohne größere Schäden. In der Folge erlebte die Flussinsel den Zuzug von Fischern und Bauern. Angebaut wurde vor allem Obst und Gemüse. Die anfangs ertragreiche Fischerei kam in den Neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum Erliegen: Überfischung und Fangmengenbegrenzung durch die EG legten die Finkenwerder Fischkutter still.

Der Inselstatus Finkenwerders endete 1962 mit der Abdeichung der Alten Süderelbe. Reger Durchgangsverkehr setzte 1975 auf Finkenwerder ein, als der Neue Elbtunnel seinen Betrieb aufnahm.

Fliegende Riesen an der Elbe

Dem Flugzeugbau voran ging die Errichtung einer großen Werft im Kriegsjahr 1918. Dort mussten 1944 über 600 Häftlinge aus Polen, Belgien, Dänemark und Frankreich Zwangsarbeit verrichten.

Finkenwerders Karriere als Standort für den Bau von Großraum-Jets begann Mitte der fünfziger Jahre mit einem Werksflugplatz der „Hamburger Flugzeugbau“. 1964 startete dort ein Transall-Prototyp zu seinem Erstflug.

Heute prägt der europäische Flugzeugbauer Airbus das Gesicht weiter Teile Finkenwerders. Das Werksgelände ist so groß wie 500 Fußballfelder. Airbus ist der bedeutendste industrielle Arbeitgeber Hamburgs, rund 13.000 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen derzeit auf Finkenwerder. Am Standort Hamburg erfolgt die Rumpfmontage sämtlicher Airbus-Typen sowie die Innenausstattung und die Endlackierung. Längst ist das riesige Werk mit Start- und Landebahn auch eine Touristenattraktion. Spannende Werksführungen locken Technikfans aus aller Welt auf die ehemalige Flussinsel.

Obst und Boote

Anders als die Fischerei konnte sich der Obstanbau auf Finkenwerder bis heute behaupten. Manche der Plantagen befinden sich seit Jahrzehnten in Familienbesitz. Der Obstbauer Adolf Fick kann sogar auf über 200 Jahre Unternehmensgeschichte zurückblicken. Größtenteils werden auf Finkenwerder Äpfel angebaut. Der sogenannte Finkenwerder Herbstprinz gilt als besonders aromatisch und ist zudem recht unkompliziert im Anbau.

Tradition hat auf Finkenwerder auch der Bootsbau. Die Schiffswerft von Cölln besteht seit 1767. Sogar die Bundeswehr bestellte dort schon Sturmboote. Heute werden auf der Werft vor allem Ausbauten, Umbauten und Reparaturen durchgeführt.

Am Rüschkanal liegt die Bootswerft Heuer, die über ein großes Winterlager für Yachten verfügt und wertvolle Wasserfahrzeuge pflegt und restauriert.

Verkehrsproblem im Griff

Durch die Ortsumgehung, die Ende 2012 eingeweiht werden konnte, hat sich die Verkehrslage in Finkenwerder deutlich entspannt. Die 5,5 Kilometer lange Trasse führt im südlichen Bogen um Finkenwerder herum und wird auch von zahlreichen Airbus-Pendlern genutzt. Vor der Eröffnung der Ortsumgehung wurden am Neßdeich, der durch Finkenwerder führt und beim Flugzeugbauer Airbus endet, rund 20.000 Autos am Tag gezählt. Mittlerweile ist die Blechlawine um mindestens 30 Prozent geschrumpft.

Für die Verkehrsberuhigung auf Finkenwerders Straßen ist aber auch die Airbus-Fähre verantwortlich, die immerhin mehr als 5.000 der 13.000 Werks-Mitarbeiter von der nördlichen Elbseite zu ihrem Arbeitsplatz bringt.

Finkenwerders Dorfcharme

Seinen dörflichen Charakter konnte sich Finkenwerder an vielen Stellen bewahren. Besonders idyllisch haben es die Anwohner am Steendiek, den kleinere Backsteinhäuser säumen. Auch die Elbnähe und der 21 Hektar große Rüschpark garantieren eine hohe Wohn- und Lebensqualität. Fast urtümliche Natur lässt sich in den beiden Parks Finkenwerder Süderelbe und Westerweiden entdecken. Rund 170 Hektar Marschfläche umfasst die grüne Lunge des Stadtteils.

Scholle Finkenwerder Art

Die Fischrezepte Finkenwerders, wie die traditionelle Finkenwerder Scholle mit Speck und Zwiebeln, sind weltweit berühmt. Kein Wunder also, dass auf der Elbinsel bis heute viele ausgezeichnete Fischrestaurants um die Gunst der Gäste buhlen. Eines der beliebtesten ist der „Finkenwerder Elbblick“ mit großer Terrasse am Gorch-Fock-Park. Guten Appetit!

*Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein / Melderegister (Stand: Jan 2019)