Funktionaler Stadtteil im Wandel
Der Großteil von Hammerbrook bildet das Gegenstück zur City Nord in Winterhude, wo Bürokomplexe das Erscheinungsbild dominieren. So auch im Hamburger Süden – in der City Süd. Hammerbrook hat der City Nord mittlerweile sogar den Rang abgelaufen und ist nach der Innenstadt der beliebteste Bürostandort Hamburgs. Zwischen den klobigen Geschäftsräumen und Industriekomplexen hat Hammerbrook jedoch mehr zu bieten als Glas und Beton. Durch den Stadtteil ziehen sich zahlreiche Kanäle wie Lebensadern durch das dichte Grau. Dieses Potenzial wird derzeit wiederentdeckt und der Stadtteil soll sich zukünftig zu einem attraktiven Wohnstandort entwickeln.
Geschäftiges Hammerbrook
Hammerbrook ist durch die City Süd ein hauptsächlich funktionaler Stadtteil, in dem rund 800 Unternehmen beheimatet sind. Unter den großen Büroklötzen finden sich dabei architektonische Besonderheiten wie der Berliner Bogen am Hochwasserbassin, eine lichtdurchflutete Bürofläche unter einem geschwungenen Glasdach. Das Gebäude wurde von Stararchitekt Hadi Teherani entworfen, der sich auch für das Bürogebäude Dockland in Altona und die Tanzenden Türme auf der Reeperbahn verantwortlich zeichnet. Auch der Hamburger Großmarkt beeindruckt in Hammerbrook mit seinem wellenförmigen Dach. Zwischen Amsinckstraße und Oberhafen beansprucht der Großmarkt 27,3 Hektar an Fläche, auf denen zirka 1,5 Millionen Tonnen Waren pro Jahr umgeschlagen werden.
Charmante Ecken und Künstlerviertel
Trotz aller Funktionalität hat Hammerbrook viele schöne Ecken zu bieten. Sonninkanal, Mittelkanal, Südkanal, Hochwasserbassin und Bille bringen viel Wasser in den Stadtteil. Entlang der Fleete finden sich immer wieder alte Fabriken und Speicher, die mit ihrer Backsteinfassade in Kontrast zu den modernen Bürokomplexen stehen. Die Wasserwege bieten dabei immer wieder schöne Spaziermöglichkeiten, wie zum Beispiel der Elberadweg, der von der Promenade Deichtor über die anschließende Hochwasserschutzanlage Großmarkt am Wasser entlang bis nach Rothenburgsort führt.
Die Kanäle bieten aber nicht nur Naherholung, sondern sind in Hammerbrook auch zur Wohnfläche geworden. Auf dem Hochwasserbassin etwa liegen sieben schwimmende Wohnungen, die sogenannten Floating Homes, die ein besonderes Wohnambiente am Victoriakai-Ufer bieten. Das einzige Wohnviertel in Hammerbrook, das durch die Spaldingstraße klar von der City Süd abgetrennt ist, ist das Münzviertel am nördlichen Ende des Stadtteils. Unweit des Hauptbahnhofes liegt dieses charmante Viertel mit vielen Altbauten, Künstlergalerien und der Münzburg als rotem Blickfang und prägnantem Wahrzeichen des Quartiers.
Ein Theater im Großmarkt
Um den Titel des Wahrzeichens konkurriert die Münzburg allerdings mit dem Hühnerposten, das ehemalige Bahnpostamt, das mit seiner markanten Architektur auffällt. Dort ist heute die Zentralbibliothek untergebracht, zudem ist der Hühnerposten eine große Hamburger Eventlocation. Ebenso wie das Mehr! Theater, das in einer Halle des Großmarktes untergebracht ist und stetig wechselnde Konzerte, Musicals und Shows im Programm hat.
Als weitere Konzerthalle in Hammerbrook hat sich die kleinere Markthalle etabliert. Direkt dahinter ist viel Platz für künstlerische Entfaltung. Neben dem Kunstverein Hamburg und dem Kunsthaus Hamburg befindet sich dort die Freie Akademie der Künste. Überhaupt etabliert sich Hammerbrook immer mehr als einer der Kunst- und Kreativstandorte Hamburgs, denn seit Juli 2016 gehört auch der ehemalige Betriebshof der Wasserwerke ganz dem kreativen Schaffen. Im Hochwasserbassin gibt es Raum für Künstlerateliers und sogar ein Presswerk für Schallplatten. Ebenfalls erwähnenswert im Stadtteil ist das I-Punkt Skateland, mit 1.500 Quadratmetern Fläche die größte und eine der bekanntesten Skateanlagen Deutschlands.
Neuer Wohnraum für Hammerbrook
In Zukunft soll sich Hammerbrook wandeln und neben den Büroflächen wesentlich mehr Wohnraum bieten. Ein Großbauprojekt ist das Bauvorhaben „Hammerleev“. Direkt am Sonninkanal sind dort knapp 330 Wohnungen geplant, die Bauarbeiten haben im September 2014 begonnen. Ganze 750 Wohnungen sollen beim Projekt „SonninPark“ auf dem ehemaligen Gelände des Elektronikherstellers Sharp entstehen. Inmitten der Wohngebäude soll zudem ein großer Park integriert werden, der Hammerbrook wieder ein Stück Grün zurückbringt.
Arbeiterstadtteil mit dunkler Vergangenheit
Hammerbrook hat in seiner Geschichte viele Extreme erlebt. Heute ist der Stadtteil mit knapp über 2.000 Bewohnern einer der kleineren Hamburgs. Kaum zu glauben, dass Hammerbrook einmal über 50.000 Menschen zählte. Diese besiedelten allerdings ein wesentlich größeres Gebiet, denn der Name „Hammer Brook“bezeichnete ursprünglich eine Marschniederung, die sich vom Oberhafen bis nach Horn erstreckte.
Seit 1383, als Hamburg das Gebiet von den Grafen von Schauenburg und Holstein erwarb, gehört das Areal zur Hansestadt. Durch ständige Überschwemmungen wurde Hammerbrook jedoch lange nur als Weidefläche für Vieh genutzt. Senatssyndikus Wilhelm Amsinck, Sohn des gleichnamigen, ehemaligen Hamburger Bürgermeisters, trieb schließlich die Entwässerung des Hammer Brook voran, woraufhin Ende des 17. Jahrhunderts eine Besiedlung des Gebietes begann.
Der Bau der Hamburg-Bergedorfer-Eisenbahn sorgte für einen weiteren Aufschwung, da Hammerbrook nun bestens an die Hamburger Innenstadt angebunden war. Waren es 1867 dann bereits 10.000 Bewohner, stieg diese Zahl bis 1910 auf über 60.000 Menschen, die auf dem damaligen Gebiet von Hammerbrook lebten. Knapp 40.000 davon lebten auf dem Gebiet des heutigen Hammerbrooks. 1938 wurden die Stadtteilgrenzen schließlich neu eingeteilt und Hammerbrook erhielt seine heutige Form.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der zentrumsnahe Stadtteil dann schwer von der Operation Gomorrha getroffen. In der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1943 wurde Hammerbrook bis auf wenige Gebäude komplett zerstört – 12.000 Menschen starben. Gegen Ende des Krieges schrieb der Stadtteil dann noch ein besonders dunkles Kapitel. Im sogenannten Georgshaus in der Spaldingstraße wurde eine Außenstelle des KZ Neuengamme eingerichtet, in der knapp 2.000 Häftlinge untergebracht waren. Geschätzt 500 bis 800 der Häftlinge überlebten die unmenschlichen Bedingungen im Georgshof nicht.
Als der Krieg vorbei war, lebten nur noch einige hundert Menschen in Hammerbrook – der Stadtteil war quasi nicht mehr existent. Zunächst wurde entschieden, Hammerbrook nicht wieder aufzubauen, so dass der zerstörte Stadtteil lange brach lag. Erst Anfang der 1980er-Jahre mit dem Bau der Harburger S-Bahnstrecke wurde Hammerbrook im Laufe des Jahrzehnts durch die Realisierung des Geschäftsviertels City Süd revitalisiert. Dort pendeln jeden Tag etwa 20.000 Arbeitnehmer in die verschiedenen Betriebe – ein krasser Gegensatz zu den nur 2.454 Bewohnern. Dieses Missverhältnis soll sich durch die Bauprojekte in Zukunft wieder etwas ändern.
*Quelle: Hamburger Stadtteilprofile, Statistikamt Nord (Stand: Jan 2019)