Das Komponistenviertel
Im Quarree zwischen Hamburger Straße, Osterbekkanal, Winterhuder Weg und Adolph-Schönfelder-Straße geht es musikalisch zu, zumindest den Namen nach: Beethovenstraße, Mozartstraße, Weberstraße, Schubertstraße – doch das sogenannte Komponistenviertel entstand eigentlich durch ein Missverständnis. Denn die Wagnerstraße (die erste in dieser Reihe) wurde 1877 nach dem Grundeigentümer Franz Heinrich David Wagner benannt und nicht nach dem berühmten Komponisten. Doch neue Straßen in diesem Bereich wurden fortan nach weiteren Musikern betitelt.
1904 wurde aus einer Brücke über den Eilbekkanal die neue Wagnerstraßenbrücke – Namensgeber war diesmal tatsächlich der Komponist Richard Wagner. Das Komponisten-Viertel ist mittlerweile eine beliebte Wohngegend mit schönen, sanierten Altbauwohnungen und erlebte in jüngster Zeit eine sichtbare Aufwertung. Das spiegelt sich natürlich nicht zuletzt in den Immobilienpreisen wider: Zwischen 2.500 und 4.500 Euro kostet der Quadratmeter. Neubauprojekte liegen eher am oberen Ende dieser Preisspanne.
Konsum damals und heute
Das heutige Shopping-Center Hamburger Meile und die Mundsburg-Türme prägen seit über 40 Jahren die Hamburger Straße und auch vor dem Krieg befand sich hier schon die zweitlängste Einkaufsstraße der Hansestadt. Bevor im Zweiten Weltkrieg fast alles restlos zerstört wurde, reihten sich an die 300 Ladengeschäfte aneinander. Unter dem Namen Einkaufszentrum Hamburger Straße wurde es im Frühjahr 1970 eröffnet und war damals das größte innerstädtische Einkaufszentrum Deutschlands.
Im Rahmen der letzten größeren Umgestaltung erhielt es 2010 seinen heutigen Namen. Das 700 Meter lange Einkaufszentrum beherbergt über 140 Läden, Cafés und Restaurants. Auch der Beach-Club Sky & Sand, auf dem Parkdeck der Meile, hatte einen Vorreiter in den 30er Jahren: ein Biergarten auf dem ebenfalls zerbombten Karstadt-Gebäude. Und das UCI-Kino Mundsburg löste dutzende ehemalige Lichtspielhäuser ab, die zwischen 1910 und 1943 für Unterhaltung sorgten.
Shopping, Kultur und Erholung
Barmbek-Süd hat einige auffallende Gebäude vorzuweisen. Neben den modernen Türmen des Mundsburg-Centers und der Hamburger Meile mit seiner Außenfassade in Form eines geschwungenen Aluminiummantels, kann der Stadtteil auch ein paar bemerkenswerte Bauten aus dem frühen 20. Jahrhundert präsentieren. Allen voran ist hier die Bugenhagenkirche am Biedermannplatz zu nennen. 1927 von Emil Heyen errichtet, besticht der Bau durch seine kraftvolle Architektur: markante kubische Formensprache sowie die Verblendung mit dunkelroten Backsteinen. Fünf Skulpturen an der Kirchenfront stellen die Reformatoren Bugenhagen, Ziegenhagen, Kempe sowie die Hamburger Oberalten Wegedorn und Wetken dar, die entscheidend an der Einführung des Protestantismus in der Hansestadt beteiligt waren.
Direkt gegenüber der Bugenhagenkirche steht die ebenfalls architektonisch schöne Sophienkirche. Beim Alten Schützenhof, Ecke Bartholomäusstraße steht das älteste noch erhaltene Wohngebäude des Viertels. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte hier der Kult-Kriminelle Lord von Barmbeck eine Kneipe. Seit 2013 steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Nach einer Grundsanierung sind nun hochpreisige Eigentumswohnungen entstanden.
Für Entspannung sorgen die grünen Lungen im Quartier wie etwa der Schleidenpark oder der beliebte Johannes-Prassek-Park. Letzterer hat eine Größe von etwa 2,5 Hektar und liegt zwischen Weide- und Osterbekstraße. Breite Wege für Fahrradfahrer und Inliner, ein 3.500 Quadratmeter großer Kinderspielplatz sowie ein Aktivbereich für ältere Kinder und Jugendliche mit Tischtennisplatten, einem Basketballfeld und Bolzplatz bieten Sportangebote für alle Altersgruppen.
Wer eher auf der Suche nach ein wenig Wellness ist, wird definitiv in der Bartholomäustherme fündig. Das bereits in den 1890ern eröffnete Bad ist der ideale Ort für erholsame Stunden. Da hier alles auf die Bedürfnisse Erholungssuchender zugeschnitten ist, haben Kinder keinen Zutritt. Die Badeanstalt verfügt unter anderem über eine Therme, zwei Dampfbäder, Finnische Saunen und ein Römisches Schwitzbad.
Wohnen in Barmbek-Süd
Neben schönen, sanierten Altbauten liegt der Fokus der Stadtentwicklung auch in Barmbek-Süd vor allem auf dem Wohnungsbau. Nach dem Umzug des Busbetriebshofes am Mesterkamp nach Alsterdorf sollen dort 450 neue Wohnungen entstehen. Auch am Greta-Zabe-Weg in der Nähe des Eilbek-Kanals wird gebaut: Bis 2019 entstehen hier insgesamt 207 Wohnungen, die sich vor allem durch ihre urbane, aber doch idyllische Lage auszeichnen. 74 weitere Wohnungen werden im angrenzenden Parkquartier Friedrichsberg gebaut.
Der Lord von Barmbeck
Einer der berühmtesten Einwohner Barmbeks ist Julius Adolf Petersen, der als Lord von Barmbeck (damals noch mit ck geschrieben) sogar in die Filmgeschichte einging. Der Berufsganove war zwischen 1900 und 1921 aktiv und raubte praktisch jeden Geldschrank aus, der nicht niet- und nagelfest war. Petersen betrieb ab 1904 eine Kneipe an der Ecke Beim Alten Schützenhof und Bartholomäusstraße, in der Kohlearbeiter und Kriminelle verkehrten.
Mit der Zeit wurde er Anführer einer Verbrecherbande, die bis zu 200 Mitglieder gehabt haben soll, der sogenannte „Petersen-Konzern“. Einige seiner Mitganoven hatten so famose Namen wie Rabenmax oder Lockenfietsche. Seinen Beinamen „Lord von Barmbeck“ erhielt er neben seiner stets einwandfreien Kleidung vor allem wegen seiner Ganovenehre. Geschnappte Bandenmitglieder und ihre Familien wurden von ihm immer unterstützt und versorgt. Seinen Status als Volksheld à la Robin Hood verdankte er der Tatsache, dass er sich bei seinen Raubzügen keiner körperlichen Gewalt bediente und ausschließlich Reiche bestahl.
Nachdem er sich mehrfach dem Zugriff der Justiz entziehen konnte, wurde Petersen schließlich zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Mit seiner Gangsterkarriere war 1921 vorerst Schluss. Petersen wurde verhaftet und kam erst nach elf Jahren wieder frei. Doch die Katze lässt das Mausen nicht und als er 1933 nach 22 weiteren Einbrüchen erneut verhaftet wurde, beging er Suizid, da ihm eine erneute Entlassung nicht mehr Aussicht gestellt wurde.
Geschichte des ehemaligen Dorfs Bernebeke
1271 erstmals urkundlich erwähnt, leitet sich der Name Barmbek vom Bach Bernebeke (heute Osterbek) ab. Bis in die 1860er-Jahre war Barmbek ein Dorf. Das Zentrum lag an der Hufnerstraße rund um die ehemalige Heiligengeistkirche. In der Nähe des Marktes befanden sich einige Bauernhöfe und ringsum erstreckte sich die Feldmark.
1871 wurde Barmbek-Süd ein Vorort Hamburgs und entwickelte sich ab der Jahrhundertwende zu einem Wohnviertel für Arbeiter. Im Jahre 1907 nahm die Hamburg-Altonaer Stadt- und Vorortbahn mit dem Bahnhof Barmbeck den Betrieb auf. 1912 folgte die Hamburger U-Bahn. Barmbek-Süd war zu diesem Zeitpunkt proletarisch geprägt, in den 20er-Jahren war es ein Zentrum von KPD, Sozialdemokraten und Kommunisten mit großem revolutionären und aufrührerischen Potenzial. Höhepunkt der Revolten war der Hamburger Aufstand 1923, der allerdings schnell niedergeschlagen wurde und insgesamt über 100 Menschen das Leben kostete. Aus diesem Grund war in den Nachbarvierteln auch vom Barmbeker "Basch" die Rede, wenn man über die Bewohner des Stadtteils sprach: Vielen wohlhabenderen Anwohnern war die vorlaute, also "basche" Art der Barmbeker ein Dorn im Auge.
Der Zweite Weltkrieg setzte dem Stadtteil enorm zu. Im Juli 1943 kam es zu großflächigen Zerstörungen. Durch den Wiederaufbau in 50er-Jahren wandelte sich das Stadtbild gewaltig und die noch heute charakteristischen Backsteinfassaden und Grünflächen entstanden.
*Quelle: Hamburger Stadtteilprofile, Statistikamt Nord (Stand: Jan 2019)