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Ohlsdorf

Friedhofsviertel mit hoher Lebensqualität

Ohlsdorf ist vor allem für eines bekannt: den größten Parkfriedhof der Welt. Während im Stadtteil etwa 15.000 Hamburger leben, haben auf dem Parkfriedhof inzwischen mehr als 1,4 Millionen Menschen ihre letzte Ruhe gefunden, darunter zahlreiche Prominente.

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Christoph Bellin / bildarchiv-hamburg.de

Der Stadtteil in Zahlen

Fläche

7,2 km²

Einwohnerzahl

17.693 (31. Dez. 2023)

Bevölkerungsdichte

2457 Einwohner/km²


U-Bahnhof als Ohlsdorfer Ortskern

Vom alten Dorfkern Ohlsdorfs ist heute kaum mehr Sichtbares übrig. Was von den ehemaligen Bauernhäusern erhalten blieb, liegt heute wegen einer Grenzverschiebung der Stadtteile in Alsterdorf. So bezeichnen die Ohlsdorfer in Ermangelung eines gewachsenen Ortskerns meist den S- und U-Bahnhof Ohlsdorf als ihr Zentrum. Keine schlechte Wahl, denn das Stationsgebäude von 1907 besitzt eine hübsche Fassade im Landhausstil.

Überhaupt ist Ohlsdorf stolz auf seinen Schienenverkehr und beste Anschlüsse an das übrige Hamburg. Bereits 1880 gab es eine elektrische Tram, schon 1914 fuhr die Hochbahn zum Friedhof.

Ohlsdorf liegt im Osten des Bezirks Hamburg-Nord und wird eingerahmt von sechs Nachbarstadtteilen. Im Norden sind dies Fuhlsbüttel, Hummelsbüttel und Wellingsbüttel, im Osten Bramfeld, im Süden Steilshoop und Barmbek-Nord und im Westen Alsterdorf. Zudem grenzt dort ein winziges Stück von Groß Borstel an Ohlsdorf.

Ruhestätte des Altkanzlers

Den Stadtteilnamen Ohlsdorf verwendet der Hamburger meist als Synonym für den dortigen Friedhof. Denn mehr als die Hälfte des rund sieben Quadratkilometer großen Stadtteils beansprucht der Friedhof Ohlsdorf, der nicht nur der größte Parkfriedhof der Welt ist, sondern auch als einziger mit dem Grand Prix einer Weltausstellung (Paris 1900) ausgezeichnet wurde.

Der Ohlsdorfer Friedhof ist Ruhestätte vieler bekannter Hamburger wie Hans Albers, Heinz Erhardt, Inge Meysel, Ida Ehre, Gustaf Gründgens, Richard Ohnsorg, Heinrich Hertz, James Last, Carl Hagenbeck, Fritz Schumacher, Wolfgang Borchert oder Hellmuth Karasek. Zuletzt wurde dort Ende 2015 der Hamburger Altbürgermeister und deutsche Altkanzler Helmut Schmidt unter großem Geleit beigesetzt. In dem Familiengrab sind neben der langjährigen Ehefrau Loki auch die Eltern des beliebten Politikers und ZEIT-Herausgebers bestattet.

Der Bau des weltgrößten Parkfriedhofes wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts notwendig, denn die kleinen Kirchfriedhöfe Hamburgs waren sämtlich belegt. Außerdem wünschte sich Hamburg im Rahmen der Säkularisierung einen überkonfessionellen Zentralfriedhof. Mit der Gestaltung des fast 400 Hektar großen Geländes betraute man den Architekten Wilhelm Cordes, der 1898 auch zum Friedhofsdirektor ernannt wurde. 1877 konnte die erste Beisetzung stattfinden.

Paradiesgarten der Verstorbenen

Cordes schuf angelehnt an die englischen Ideale einer naturnahen Gartengestaltung einen romantischen Park, der Grabbesuchern und Erholungssuchenden gleichermaßen gerecht werden sollte. Der überzeugte Humanist und Philanthrop Cordes wünschte sich für die letzte Ruhe des Menschen ein individuelles Grab in einem Paradiesgarten, unabhängig von der sozialen Herkunft des Verstorbenen.

Heute finden auf dem Friedhof jährlich mehr als 4.700 Beisetzungen statt. Aber das idyllische Areal mit 36.000 Bäumen und 15 Teichen ist längst zu einer Hamburger Naturlandschaft mit hohem Erholungswert avanciert. 17 Kilometer umfasst das Wegenetz des Parks, es gibt einen Naturlehrpfad und vogelkundliche Führungen. Auch seltene Fledermaus- und Schmetterlingsarten haben in dem ruhigen Biotop ein Zuhause gefunden.

So ist der Friedhof mit seinen vielen Gedenkstätten nicht nur stilles Reich der Toten, sondern auch vitaler Lebensraum und Spiegel der Zeitläufte. Der Friedhof sorgt auch dafür, dass das Handwerk in Ohlsdorf nicht zu knapp vertreten ist. Das Areal säumen zahlreiche Werkstätten, in denen Steinmetze alle erdenklichen Grabmäler fertigen.

Auwälder an der Alster

Neben dem Parkfriedhof als riesige grüne Lunge darf sich Ohlsdorf noch einer weiteren Naturschönheit rühmen: Der Alsterwanderweg führt am nicht kanalisierten Teilstück der Alster durch wunderbare Auwälder. Besonders beliebt bei den Ohlsdorfern sind Paddelfahrten im Kanu, Kajak oder Tretboot.

Santa Fu

Ein weniger idyllischer Bestandteil Ohlsdorfs ist die Justizvollzugsanstalt Suhrenkamp, im Volksmund Santa Fu genannt. Die scherzhafte Bezeichnung rührt von dem Standort des Gefängnisses westlich der Alster her, das früher einmal zum Nachbarviertel Fuhlsbüttel gehörte. In Santa Fu erinnert im Torhaus eine Gedenkstätte an eine düstere Epoche der Haftanstalt, wurde sie doch von den Nazis als Konzentrationslager genutzt. Über 250 politische Häftlinge fanden dort damals den Tod.

Santa Fu hat heutzutage einige Besonderheiten zu bieten und hat – soweit man das bei einem Gefängnis sagen kann – einen gewissen Kultstatus. Ein zweifelhafter Ruhm, der der JVA nach zahlreichen spektakulären Ausbrüchen und einer Gefangenenrevolte in den 1970er-Jahren zugeschrieben wurde.

Auswärtsspiel hinter Gittern

Heute nutzt Santa Fu seine Berühmtheit für die gute Sache: Im Santa Fu Shop kann man allerlei Produkte kaufen, die in der JVA von den Häftlingen hergestellt wurden, darunter T-Shirts, Kochbücher, Musik-CDs oder Fußballtrikots. Ein Teil der Erlöse kommt der Opferhilfsorganisation Weißer Ring e.V. zugute.

Apropos Fußballtrikots: Die JVA hat mit Eintracht Fuhlsbüttel ihren eigenen Sportverein, dessen Fußballer in der Hamburger Kreisklasse kicken. Da die Spieler das Gelände von Santa Fu nicht verlassen dürfen, müssen die Gegner regelmäßig zum Auswärtsspiel ins Gefängnis reisen.

Widerborstiges Klein Borstel

Im Jahr 1938 wurde das beschauliche Klein Borstel nach Ohlsdorf eingegliedert. Den Anschluss bedauern bis heute nicht wenige der Klein Borsteler, die die Identität ihres dörflichen Quartiers gerne besser bewahren wollten. Allerdings war auch Klein-Borstel alles andere als aufstrebend und wirtschaftsstark: Lange sprach man abfällig vom sogenannten „Magerborstel“.

Geld kam erst in die Kassen, als die Bauern ihren landwirtschaftlichen Grund an den expandierenden Friedhof verkauften. Beliebt waren die Grundstücke aber auch bei begüterten Städtern, die wegen der Alsternähe nach Klein Borstel zogen. Dort pflegt man enge nachbarschaftliche Kontakte. In der Stübeheide, der Einkaufsstraße Klein Borstels, grüßen sich die Passanten wie auf dem Lande. Dort findet auch jährlich ein gemütliches Dorffest statt.

Die Geschichte Ohlsdorfs

Im Falle Ohlsdorfs bleibt die Herkunft des Namens weitgehend im Dunkeln. Als erste Schreibweise ist die Form „Odelvestorpe“ dokumentiert. Manche Historiker vermuten darin eine Ableitung vom „Dorf des Odulf“. Das wenig bedeutsame Örtchen Ohlsdorf findet 1303 erstmals Erwähnung, es gehörte holsteinischen Adligen. 1363 wurde es vom Kloster Harvestehude erworben.

Noch im 18. Jahrhundert galt Ohlsdorf als ziemlich rückständig: Fuhrleute beklagten den schlechten Zustand der unbefestigten Straßen. Nur wenige Vollhöfe betrieben Landwirtschaft, allerdings war der Boden auf dem Gebiet des Stadtteils auch nicht der fruchtbarste. So kaufte die Stadt 1874 ein großes Gebiet, um dort einen neuen Stadtfriedhof anzulegen, da der Platz für Bestattungen zu dieser Zeit auf den übrigen Friedhöfen knapp wurde.

Schon 1830 wurde Ohlsdorf in das Hamburger Landgebiet aufgenommen und wurde 1912 zum Vorort erhoben. Im Jahr 1927 eröffnet im Stadtteil das erste Schwimmbad der Hansestadt, das nicht mehr nach Geschlechtern trennte. Das Familienbad „Im Grünen Grunde“ besteht auch heute noch und lädt an heißen Tagen zum Schwimmen und Planschen ein.

*Quelle: Hamburger Stadtteilprofile, Statistikamt Nord (Stand: Jan 2019)