Grün, begehrt und gut angebunden
Die Außenalster im Süden, mittendrin der Stadtpark – Winterhude geizt nicht mit Schönheit und ist einer der begehrtesten Stadtteile Hamburgs. In dem schicken Viertel leben knapp 55.000 Einwohner, die Winterhude von der Bewohnerzahl her zum fünftgrößten Stadtteil der Hansestadt machen. Die Beliebtheit des Quartiers spiegelt sich allerdings auch in den Mieten wider: Diese sind nicht wie in anderen Stadtteilen erst in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen, sondern liegen schon lange über dem Hamburger Durchschnittsniveau.
Rundherum besticht Winterhude mit einer ausgezeichneten Verkehrsanbindung durch die U-Bahnlinien U1 und U3, die den Norden, Süden und Westen abdecken, sowie der S-Bahn, die die östliche Stadtteilgrenze bildet. Dort grenzt Winterhude an Barmbek-Nord. Weitere Nachbarn sind Alsterdorf im Norden, Eppendorf und Harvestehude im Westen sowie Uhlenhorst und Barmbek-Süd im Süden.
Die vier Gesichter des Stadtteils
Es schwierig zu sagen, was genau Winterhude im Allgemeinen ausmacht, denn der Stadtteil besteht aus vier recht unterschiedlichen Teilen. Am schicksten geht es im südlichen Teil Winterhudes zu: Zwischen den Villenvierteln an der Außenalster, dem Mühlenkamp mit seinen vielen Geschäften, Cafés und Restaurants und den Wohngebieten inmitten der Kanäle und am Rondeel-Teich zeigt sich der Stadtteil von seiner eleganten Seite. Dort übrigens, in der Nummer 29, hauste einst eine ganz besondere Wohngemeinschaft mit Namen wie Lindenberg, Waalkes, Böttger oder Müller-Westernhagen auf dem Klingelschild. In den 1970er-Jahren war das Villa Kunterbunt genannte Wohnhaus das Zuhause der Musiker der Hamburger Szene.
Weiter nördlich, etwa ab oberhalb der Gleise der U3, wird es etwas legerer. Nicht mehr ganz so reich, aber immer noch sehr schick und gutbürgerlich, mit vielen schönen Wohngebieten und kleinen Geschäften. Das dortige Zentrum bildet der Winterhuder Marktplatz, der montags, freitags und samstags die Möglichkeit für einen Einkauf auf dem Wochenmarkt bietet.
Nördlich des Stadtparks nimmt das Büroviertel der City Nord rund 120 Hektar ein und bietet große, von Grünflächen umgebene Bürokomplexe. Hamburg brauchte in den 1950er- und 1960er-Jahren dringend Büroflächen. Da in der Innenstadt kein Platz mehr war, begannen die Planungen für einen großen Gewerbekomplex nach New Yorker Vorbild und Winterhude bildete den idealen Standort. Der erste Bauabschnitt wurde 1965 fertiggestellt und 1974 wurde das Projekt vollendet. In dieser Zeit entstanden einige beeindruckende Gebäude, Teile der City Nord stehen seit 2013 unter Denkmalschutz.
Bleibt die Jarrestadt zwischen Wiesendamm, Goldbek- und Osterbekkanal sowie dem Glindweg. Dort dominieren mehrgeschossige Klinkerbauten das Straßenbild, die in der Ära von Fritz Schumacher in den 1920er-Jahren erbaut wurden. Die Jarrestadt diente zu dieser Zeit als ideale Arbeitersiedlung mit kurzen Wegen zu den Industriebetrieben südlich des Wohngebietes und dem Stadtpark als Erholungsoase nördlich der Jarrestadt.
Neuer Wohnraum entsteht im Pergolenviertel zwischen dem S-Bahnhof Rübenkamp und dem S-Bahnhof Alte Wöhr. Ursprünglich befanden sich auf den 27 Hektar lediglich Kleingärten, seit 2017 entsteht dort nun ein Backsteinquartier mit insgesamt 1400 Wohnungen. Grün soll es dort trotzdem bleiben: Die Kleingärten bleiben teils erhalten und werden in die nahe Umgebung umgesiedelt. Der Laubbaumbestand soll erhalten bleiben und auch Spiel- und Bolzplätze sind geplant.
Der Stadtpark als Erholungszentrum
Der Stadtpark, der 2014 seinen bereits 100. Geburtstag feierte, ist auch heute das Erholungszentrum Winterhudes, das aber nicht nur die Bewohner des Stadtteils anlockt. Die knapp 120 Hektar große Grünanlage zieht Hamburger aus allen Ecken der Metropole an – hier wird gegrillt, spaziert, gejoggt oder einfach die weitläufige und abwechslungsreiche Natur genossen.
Dazu lockt der Stadtpark mit dem Planetarium im ehemaligen Wasserturm, das fast schon monumental im Westteil des Parks steht. Weitere Anziehungspunkte in der zweitgrößten Grünanlage der Hansestadt sind der Stadtparksee mit dem angeschlossenen Naturbad, die große Festwiese und die kilometerlangen Wege durch das Areal. Dazu kommen Lokalitäten wie das Landhaus Walter oder Sierichs Biergarten.
In den Sommermonaten wird der Stadtpark zu einer der schönsten Veranstaltungsflächen Hamburgs. Beim Stadtpark Open Air treten von Mai bis September bekannte nationale und internationale Künstler unter freiem Himmel auf und beim Stadtpark-Revival geht es um tollkühne Männer und Frauen in ihren historischen Kisten – für Oldtimer-Freunde und Autoliebhaber ein Muss im Veranstaltungskalender.
Kultur auf Kampnagel
Kulturinteressierten bietet Winterhude – natürlich – ein großes Angebot. An erster Stelle ist dabei das Kulturzentrum Kampnagel zu nennen, das sich seit 1984 zu einem der bedeutendsten internationalen Zentren für darstellende Kunst entwickelt hat. Aus der 1865 gegründeten Maschinenfabrik Nagel & Kaemp wurde so die Kunstfabrik Kampnagel, die auf dem Areal sechs Bühnen, das Alabama Kino und neun Proberäume beherbergt. Ein jährliches Highlight ist das Internationale Sommerfestival.
Doch nicht nur Kampnagel sorgt für Kultur im Stadtteil. Auch die Komödie Winterhuder Fährhaus und das Goldbekhaus haben zahlreiche interessante Aufführungen und Veranstaltungen wie den beliebten Flohmarkt im Programm. Ein weiteres schönes Kino ist das Magazin Filmkunsttheater.
Als Spielplatz für hochrangige Musiker hat sich die Sporthalle Hamburg etabliert, die rund 7.000 Menschen Platz bietet, und schon verschiedensten Künstlern wie Nena, Eminem, Motörhead, Tocotronic oder Billy Talent eine Bühne bot. Seit 2014 ist zudem das Polizeimuseum im Norden Winterhudes beheimatet.
Eine kleine Besonderheit ist der Denk-Mal Güterwagen vor der Gesamtschule Winterhude, der auf Initiative einer Schüler-Projektgruppe entstanden ist. Etwas versteckt auf dem Schulgelände erinnert der Waggon an die Deportation zweier jüdischer Lehrerinnen der Schule und an den Holocaust.
Winterhude ist erste Liga
Sportlicher Vorreiter in Winterhude ist der Harvestehuder THC. Ja, richtig gelesen. Der Verein mit dem Namen des Nachbarstadtteils hat seine Sportstätten in Winterhude. Besonders erfolgreich ist die Hockeysparte des HTHC, die sowohl bei den Männern, als auch bei den Frauen in der Bundesliga vertreten ist und bereits zahlreiche nationale und internationale Titel einheimste.
Viel Ruhm eingebüßt haben dagegen die Fußballer des VfL 93 Hamburg, einer der traditionsreichsten Fußballvereine der Hansestadt. Mitte der 1990er-Jahre spielte der VfL 93 in Regionalliga Nord, damals die dritthöchste Spielklasse Deutschlands, gegen Teams wie Hannover 96, Eintracht Braunschweig, Holstein Kiel oder den VfL Osnabrück. Heute kickt der Verein nach einigen Turbulenzen in der Vereinschronik in den untersten Spielklassen.
Mit der Leichtathletikhalle gleich neben der Sporthalle Hamburg befindet sich auch das Trainingszentrum für die Hamburger Kaderathleten in Winterhude. Die Halle garantiert den Sportlern ganzjährig beste Trainingsbedingungen.
Richtungswechselnde Einbahnstraße und andere Kuriositäten
Mit der Sierichstraße verfügt Winterhude über eine der wichtigsten Verbindungen der Innenstadt mit den nördlichen Stadtteilen Hamburgs. Der Clou dabei: die Straße wechselt je nach Tageszeit ihre Fahrtrichtung. Von 4 bis 12 Uhr geht es nur stadteinwärts, von 12 bis 4 Uhr nur stadtauswärts. Das System funktioniert seit den 1950er-Jahren.
Vor allem die westlichen Bewohner Winterhudes, können sich besonders fühlen, denn dort erfolgt ein umfassender Polizeischutz. Warum? An der Bebelallee befinden sich die Generalkonsulate des Irans und der Republik Indonesien und in der Blumenstraße das Konsulat Perus.
Winterhude verbindet zudem den Hamburger SV und den FC St. Pauli in besonderer Weise. Oft ist die große Hansestadt fast zu klein für die Rivalität der beiden Klubs. Doch in einem Supermarkt im Winterhuder Krohnskamp arbeitet ein blau-weiß-braunes Duo erfolgreich zusammen. Holger Stanislawski, ehemaliger Spieler und Trainer der Paulianer, und Alexander Laas, Ex-Profi des HSV, führen dort seit 2014 gemeinsam einen gut sortierten Nahversorger. Natürlich verfügt der Markt bei solch einer Besetzung an der Spitze auch über einen kleinen Fußballplatz.
Die Geschichte Winterhudes
Erstmals wurde Winterhude im Jahr 1250 urkundlich erwähnt, als der Stadtteil noch ein kleines Bauerndorf war. Ab dem 14. Jahrhundert gehörte Winterhude zum Kloster Harvestehude und ging nach dessen Auflösung im Zuge der Reformation an die Stadt Hamburg über.
Richtig erschlossen wurde Winterhude erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Verantwortlich dafür waren ein Goldschmied und ein Lotteriebesitzer, die auch heute noch im Stadtteil präsent sind: Johann Friedrich Bernhard Sierich beziehungsweise dessen Sohn Adolph und Julius Gertig, die viele Grundstücke im Norden und Süden des Stadtteils erschlossen und so die Ansiedlung vieler Bewohner sowie von Industrie und Gewerbe ermöglichten.
Aufhebung der Torsperre und Alsterschiffer
Diese Entwicklung verstärkte sich nach der Aufhebung der Torsperre im Jahr 1860, zumal Winterhude im gleichen Zeitraum mit einer Fährlinie an den Jungfernstieg in der Innenstadt angeschlossen wurde. Von den Alsterschiffern leitet sich auch der Name des Stadtteils ab, so zumindest die gängigste Vermutung. Eine Hude bezeichnet demnach einen Landeplatz für Boote. An den seichten Alsterwiesen im Stadtteil holten die Alsterschiffer ihre Kähne zur Überwinterung an Land – Winterhude.
1874 wurde der Stadtteil schließlich zum Hamburger Vorort ernannt und 20 Jahre später eingemeindet. Winterhude entwickelte sich im folgenden Jahrhundert prächtig und nachdem sich in den 1970er-Jahren die Industrie mehr und mehr aus dem Stadtteil zurückzog, wurde Winterhude zu einer beliebten Wohngegend, die ihren Bewohnern bis heute lieb und teuer ist.
*Quelle: Hamburger Stadtteilprofile, Statistikamt Nord (Stand: Jan 2019)