Dörfliches Flair
Ortsbesuch im östlichen Harburg. Wenn man das Gewerbegebiet Großmoorbogen mit seinen Auto- und Einrichtungshäusern durchfahren hat, verabschiedet sich das quirlige Flair. Einmal abgebogen, und das ländlich wirkende Gut Moor eröffnet sich unmittelbar vor einem. Auf dem Großmoordamm geht es vorbei an alten Höfen mit vielen Feuchtwiesen und Weiden, die im Sommer von runden Strohballen oder schwarzbunten Rindern bevölkert sind. Auf einer Seite der baumgesäumten Hauptstraße liegt ein Entwässerungsgraben, ein Verkehrsschild warnt vor Amphibienwanderungen.
Der rund zwei Kilometer lange Großmoordamm teilt den Stadtteil in eine nördliche und eine südliche Hälfte. Einst war er eine beschauliche Dorfstraße, heute wird er – als einer der wenigen Straßen der Siedlung – rege befahren. Gerne nutzen ihn auch Rennradfahrer, die auf diese Weise zum Beispiel zu den niedersächsischen Orten Meckelfeld, Bullenhausen und Over gelangen.
Wer als eher gemütlicher Radler nicht gerne so weit fährt, kann eine Tour zum Neuländer See im benachbarten Neuland oder zum Storchennest auf Hof Artzenroth im Großmoordamm 276 machen. Schon seit vielen Jahren ist das 1806 errichtete ehemalige Fachwerkhaus vorübergehende Heimat für brütende Störche.
Erschwertes Bauen
Entlang des Damms stehen die meisten Häuser des einstigen Straßendorfes Gut Moor, darunter reetgedeckte Fachwerkhäuser. Der feuchte Moorboden erschwerte die Bebauung und die alten Fachwerkhäuser erlitten immer wieder Mauerrisse durch Schwankungen im Untergrund. Hier findet man daher auch Häuser, die auf in den Boden eingelassene Pfeiler gebaut wurden.
Die Hausnummern der Häuser haben den Haltestellen der Buslinie ihre Namen gegeben: Zum Beispiel Großmoordamm 121, Großmoordamm 181 oder Großmoordamm 223. Folgt man der Straße in östlicher Richtung, wird es lauter. Dort führt die Autobahn A1 615 Meter lang durch den Stadtteil und teilt ihn in Ost-West-Richtung. Neben der Autobahntrasse, am Großmoordamm 253, liegt der älteste Hof von Gut Moor: Baujahr 1617. Das strohgedeckte Fachwerkhaus wurde als einziges Gebäude in der Umgebung erhöht auf einer Wurt erbaut, um gegen die Fluten der nahen Elbe gewappnet zu sein.
Wenige Einwohner
Gut Moor gehört bezüglich der Fläche und Einwohnerzahl zu den kleinsten Stadtteilen Hamburgs: 2015 hatte Gut Moor 136 Einwohner, die auf 1,97 Quadratkilometern lebten. Die Bewohner sind eng verbunden mit den Menschen in den Moordörfern Groß-Moor, Klein-Moor und Hörsten. So treffen sie sich zum Beispiel im Schützenverein Moor und Umgebung. Und bei der Freiwilligen Feuerwehr Moor werden gemeinsam Brände bekämpft.
Neun Männer aus Groß Moor und Klein Moor hatten die Wehr 1939 gegründet. 1943 kauften sie eine pferdegezogene Handdruckspritze aus Hörsten. In den folgenden Jahren schufen sie weitere Geräte an, die sie vorerst bei einigen Bauernhöfen unterstellen konnten. Schließlich organisierten die Feuerwehrkameraden 1947 einen ausrangierten Eisenbahnwaggon als Gerätehaus.
Im Jahr 1986 wurde der Grundstein für ein neues Feuerwehrhaus gelegt, ein kombiniertes Gebäude für die Feuerwehr und den Schützenverein am Großmoordamm, bereits in Klein Moor gelegen. Der alte Schützenhof im Westteil von Gut Moor war bis in die 1970er-Jahre ein Anziehungspunkt in der Region – dort wurde viel getanzt und gefeiert. 1978 wurde er vom „Verein zur Förderung der Waldorfpädagogik“ gekauft, damit dort eine Rudolf-Steiner-Schule ihren Sitz haben konnte. Doch dann fanden im Gebäude lediglich die Feste der Abschlussklassen statt.
Gräser und Kräuter
Der Stiftung Ausgleich Altenwerder gehören die zwei Grünlandflächen in Gut Moor und Klein-Moor, auf denen sogar der Wachtelkönig zu beobachten war. Nachdem eine der beiden Flächen jahrelang brach lag, wird sie seit 2011 wieder regelmäßig gemäht. Seitdem prägen typische Gräser und Kräuter feuchter Wiesen statt Brennnesseln das Bild. So findet sich dort heute das Wiesenschaumkraut und die Kuckuckslichtnelke. Die zweite Grünfläche mit einem angelegten kleinen Gewässer liegt direkt östlich der Autobahn und grenzt an Flächen, die vom Sondervermögen Naturschutz der Stadt Hamburg betreut werden. Am südwestlichen Rand Gut Moors fließt der Seevekanal, der in der Nähe des Rangierbahnhofs Maschen beim Hörstener Wehr von der Seeve abzweigt und in Harburg in die Süderelbe mündet.
Moor kultiviert
Den Seevekanal ließ Otto I., Herzog von Harburg um 1540 von Meckelfeld nach Harburg graben. Der Kanal sollte die dortigen Mühlen antreiben und war gleichzeitig nötig, um das umliegende Moor zu kultivieren. Sein Enkel, der letzte Harburger Herzog Wilhelm August, schenkte 1630 seinem Kanzler Johann von Drebber ein freies Gut im Moor als Dienstsitz. Zu der so entstandenen Domäne Kanzlershof gehörten zahlreiche Ländereien und auch das Gebiet des heutigen Stadtteils, der seinen Namen dem nassen Lebensraum verdankt.
Im Jahr 1645 wurde die Vogtei Höpen im Amt Harburg geschaffen, die unter anderem auch Gut Moor, Groß-Moor und Klein-Moor umfasste. 1667 wurde die Siedlung im Harburger Amtslagerbuch Mohr genannt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden die drei Moordörfer Gut Moor, Groß-Moor und Klein-Moor getrennt behandelt. Während Groß- und Klein-Moor zu Niedersachsen gehörten, wurde Gut Moor 1885 Teil des Bezirks Harburgs. 1937 wurde die zuvor selbstständige preußische Landgemeinde Gut Moor ein Hamburger Stadtteil.
*Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein / Melderegister (Stand: Jan 2019)