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Neuenfelde

Ein Mekka des Gemeinsinns

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Apfelblüte im Frühjahr, Altländer Bauernhäuser, Arp-Schnitger-Stätte: Das alte Dorf im Südwesten Hamburgs ist ein beliebtes Ausflugsziel. Bei den Bewohnern punktet es vor allem mit seinem aktiven und traditionsreichen Vereinsleben.

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Christoph Bellin / bildarchiv-hamburg.de

Der Stadtteil in Zahlen

Fläche

15,5 km²

Einwohnerzahl

5228 (31. Dez. 2023)

Bevölkerungsdichte

337 Einwohner/km²


Frisches Obst vom Bauern

Eine Ortschaft hinter dem Deich, umgeben von Plantagen mit Apfelbäumen so weit das Auge reicht. Neuenfelde gehört zur sogenannten Dritten Meile des Alten Landes, des größten geschlossenen Obstanbaugebietes in Nordeuropa. In der Gegend gibt es viele Familienbetriebe, die Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Himbeeren und Erdbeeren anbauen und einen Teil davon in ihren Hofläden verkaufen. Nicht nur Hamburger kommen dort gerne vorbei, um sich mit frischem Obst einzudecken.

Besucher zieht es zudem in die Region rund um Neuenfelde, um sich etwa im Frühjahr an den blühenden Apfel- und Kirschbäumen in der Region sattzusehen. Die Zimmervermittlung ist ein beliebtes Nebengeschäft der Obstbauern. Die Räume werden nicht nur von Touristen, sondern auch von Monteuren aus Osteuropa genutzt.

Nähe zu Airbus

Das nordöstlich gelegene Airbus-Werk im nahen Finkenwerder bietet ihnen und vielen anderen Bewohnern der Gegend Arbeit. Doch das Verhältnis zum Flugzeugbauer spaltet die Neuenfelder: Geländeerweiterungen und Fluglärm von bis zu 35 Starts und Landungen am Tag werden bei einigen Bürgern sehr kritisch gesehen.

Im Zuge der Erweiterung von Airbus hatte die Stadt Hamburg ab 2002 insgesamt 67 Häuser an der Hasselwerder Straße sowie am Organistenweg gekauft und leer stehen lassen. Seit ein Lärmgutachten den Fluglärm als gar nicht so stark einstufte, bemühte sich die Stadt ab 2011 um eine Neuvermietung. Etliche Häuser wurden im Auftrag des städtischen Immobilienmanagements vom Wohnungsunternehmen SAGA saniert. Inzwischen sind zahlreiche Häuser wieder vermietet.

In zwei Häusern erforscht das sogenannte „Refugium für urban gestresste Menschen“, wie sich die Gebäude sonst noch nutzen lassen. Das Team aus Kulturwissenschaftlern, Landschaftsarchitekten und Künstlern will die Bevölkerung daran teilhaben lassen. Projektinitiator Matthias Lindl hat übrigens die Wilhelmsburger Veranstaltungshalle Soul Kitchen betrieben, bekannt als Kulisse für den gleichnamigen Erfolgsfilm von Fatih Akin.

Viel Platz für den einzelnen

Weitere Bewohner kann Neuenfelde durchaus vertragen, denn mit 300 Einwohnern je Quadratkilometer ist er einer der am dünnsten besiedelten Stadtteile Hamburgs. Mag es in Neuenfelde auch relativ wenig Bewohner – rund 4.600 – geben, fühlen diese sich doch sehr verbunden mit ihrem 15,5 Quadratkilometer großen Flecken: „Eenmol Neefeller, jümmer Neefeller“! – „Einmal Neuenfelder, immer Neuenfelder“, lautet ein beliebter Spruch.

Der Ort hat bereits Erfahrung mit der Zuwanderung von Fremden. Die ansässige Pella Sietas-Werft, älteste Werft Hamburgs, warb in den 1950er- und 60er-Jahren viele türkische Gastarbeiter an und baute Neuenfeldes einzige Wohnsiedlung: die Seehof-Siedlung im Westen. Zahlreiche der türkischen Werftarbeiter sind im Ort heimisch geworden und zählen damit zu den über 40 Prozent der Stadtteilbewohner mit Migrationshintergrund. Die Moschee Küçük Istanbul Camii der Islamischen Gemeinde Neuenfelde e.V. befindet sich am Neuenfelder Fährdamm.

TV-Auftritt

Gemeinsinn wird auch sonst in Neuenfelde großgeschrieben. Das Örtchen hat allein rund 50 Vereine und Institutionen, die Palette an Veranstaltungen und Aktivitäten reicht von plattdeutschen Theateraufführungen bis hin zu Erntedankfest samt Umzug, bei dem die Frauen und Kinder in Altländer Tracht laufen. Die Freiwillige Feuerwehr Neuenfelde-Nord wurde sogar bereits zum Fernsehstar: Der TV-Sender RTL verfilmte einen Einsatz der Wehr und zeigte ihn in der Fernsehserie „Notruf“.

In Neuenfelde leben mit einem Anteil von 21,3 Prozent mehr Familien mit unter 18-Jährigen als im Durchschnitt Hamburgs (15,9 Prozent). Kinder und Jugendliche nutzen unter anderem die Freizeitangebote des DRK-Kinderzentrums in der Seehofsiedlung, der Moschee und der evangelisch-lutherischen Pfarrkirche St. Pankratius. Die dortigen Konzertabende sind eine Attraktion für Jung und Alt.

Die Kirche wurde zwischen 1682 und 1687 auf einer Sanddüne erbaut und in den folgenden 50 Jahren einheitlich barock eingerichtet. Sie beherbergt nicht nur Norddeutschlands ältesten Kanzelaltar, sondern auch die größte erhaltene Orgel des Orgelbaumeisters Arp Schnitger. Er wurde dort beigesetzt.

Die Kirchdüne bot den Bewohnern wiederholt Zuflucht, wenn Sturmfluten das Marschland überfluteten. So auch bei der Flutkatastrophe im Februar 1962, als zahlreiche Deiche brachen und zehn Menschen in Neuenfelde starben.

Prunkvolle Häuser

In dem Ort liegt übrigens auch der Bauernhof Schnitgers, diverse unter Denkmalschutz stehende Bauernhäuser sowie drei Prunkpforten aus dem 17. Jahrhundert, die vor den Höfen Quast, Palm und Jonas stehen. Viele Besucher bestaunen die Altländer Bauernhäuser, bevor sie weiter den Deich entlang wandern oder radeln. Ein beliebter Stopp ist auf dem Parkplatz am Neuenfelder Hauptdeich beim Este-Sperrwerk, wo man über die Elbe bis nach Blankenese blicken kann.

Daneben hat Neuenfelde noch Gasthöfe und Kneipen. Wer den Ort am ersten September-Wochenende besucht, kann alljährlich den „Neefeller Markt bi de Kark“ erleben, zu dem fast alle Vereine, Einrichtungen und Gruppen aus Neuenfelde und Francop rund um die Neuenfelder Kirche einladen.

Aus zwei mach eins

Neuenfelde entstand aus den Dörfern Saschfeld und Niefeld auf der ehemaligen Elbinsel Hasselwerder. Diese nannte sich ursprünglich „Haslewarther“ und wurde erstmals in einer Urkunde von 1059 erwähnt. Die Vorsilbe „Hassel“ verweist dabei auf Haselnussbüsche, „Werder“ ist die Bezeichnung der Flussinsel. Niefeld oder auch Nigefeld ist – gegenüber dem sächsischen Saschfeld – das neuere Feld.

Hasselwerder wurde früh von Sachsen besiedelt, die im Zuge der Völkerwanderung auch in die umliegenden Gebiete kamen. Ab etwa 1140 wurden auf Geheiß des Erzbischofs von Bremen holländische Kolonisten ins Land geholt, um Deiche zu bauen und das tiefer liegende Binnenland zu kultivieren. Sie gründeten unter anderem auch den Ort Nincop, der urkundlich erstmals 1257 erwähnt wird.

Lange Zeit lebten die Sachsen und Holländer eher neben- als miteinander. Doch durch Sturmfluten, Deichsicherung und Hochzeiten wuchsen ihre Orte seit Beginn des 15. Jahrhunderts immer stärker zu einem Gemeinwesen zusammen. Es entstanden gemeinsame Einrichtungen wie die Schule, die Post und das Standesamt.

Im Jahr 1929 schlossen sich Hasselwerder und Nincop zur neuen Gemeinde Neuenfelde zusammen. Diese blieb jedoch nicht lange eigenständig: Zuerst ging sie 1932 vom Kreis Jork in den Landkreis Harburg über. Dann sorgte das Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 dafür, dass Neuenfelde ein Stadtteil von Hamburg wurde. Heute ist es das größte Hamburger Dorf im Alten Land – weit vor Cranz und Francop. 

*Quelle: Hamburger Stadtteilprofile, Statistikamt Nord (Stand: Jan 2019)

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