Senioren-Hochburg im Alstertal
Wer der Alster Richtung Nordosten folgt, dem wird das viele Grün auffallen: Natur satt erwartet Besucher und Bewohner von Poppenbüttel. In der Gegend lebt es sich nicht so hektisch wie in Hamburgs Zentrum, sondern behaglich und komfortabel. Rechts und links des Alsterlaufs verstecken sich etliche Villen unter Bäumen. Preisgekrönt ist der Wohnpark Alstertal, der Mietwohnungen und Eigentumshäuser mit Einrichtungen für betreutes Wohnen verbindet und seinen Bewohnern umfangreiche Serviceleistungen bietet.
In dem Stadtteil leben aufgrund von Neubausiedlungen zwar viele junge Familien, aber er ist besonders bei älteren Menschen gefragt: Der Anteil der über 65-Jährigen liegt bei rund einem Drittel. Dadurch bildet Poppenbüttel die Senioren-Hochburg Hamburgs. Zugleich ist es der am dichtesten besiedelte und bevölkerungsreichste Stadtteil des Alstertales, mehr als 22.500 Menschen wohnen hier.
Entschleunigen an der Schleuse
Die Einwohner Poppenbüttels schätzen es, ein vielfältiges Naturparadies vor der Tür zu haben. Die siedlungsfreien Grünzonen gehen auf feuchte und teilweise vermoorte Niederungen und Wasserläufe zurück. Der Alsterwanderweg lädt zu Spaziergängen oder zum Radeln ein. Ein beliebter Stopp ist die Poppenbüttler Schleuse. Dort kann man das Wasser plätschern hören und Kanufahrer beim Anlanden zusehen – ideal, um zu entspannen. Das alte Schleusermeisterhäuschen aus Fachwerk wurde umgebaut und beherbergt heute ein Restaurant mit Terrasse.
Burg zum Leben erweckt
Ganz in der Nähe der Schleuse thront die Burg Henneberg auf einem eigens aufgeschütteten 15 Meter hohen Hügel. Märchenhaft wirkt sie mit den Zinnen und ihren beiden Türmen, mitten in einem verwunschenen Garten mit Bäumen. Sie wurde 1887 von den Gutsbesitzern Albert und Bruno Henneberg erbaut – im Maßstab 1:4 einer Burg, die der Graf von Henneberg im thüringischen Meiningen errichtet hatte. Der Hamburger Zweig der Hennebergs wollte damit an seine Vorfahren erinnern und sich ein Denkmal setzen.
Ein Denkmal ist die Mini-Burg mit ihren 43 Quadratmetern Innenfläche auch heute: Seit 1991 steht sie unter Denkmalschutz. Ein Hamburger Ehepaar verliebte sich in das Kleinod, kaufte es 2013 und gründete eine gemeinnützige Stiftung. Inzwischen veranstaltet das Paar in den Burgräumen unter anderem Konzerte und Vorträge, Yoga-Kurse und Thailändische Massage.
Auf dem Areal liegt auch das Arboretum Marienhof: Albert Henneberg ließ den gut drei Hektar großen Park einst anlegen. Das alte Fachwerk-Herrenhaus wurde, nach seiner Frau Marie, zum Marienhof. Der Liebhaber fremdländischer Gehölze hat seinerzeit zahlreiche Raritäten auf dem Wiesengelände gepflanzt, die heute mächtig und majestätisch wirken. Zudem bezaubert der Ort durch zur Alster hin sanft fallende Rasenhänge, einen aufgestauten Teich und viele Blüten. Ein Teil der Grünflächen, der Hennebergpark, ist öffentlich. Das Arboretum dient der Forschung und ist nur für Fachgruppen zugänglich.
Schattige Wege an der Alster
Weiter Alster aufwärts führen schattige Wanderwege zum Hohenbuchenpark. Wie sein Name verrät, ist er ein alter Buchen-Mischwald, der in Hamburg eher selten vorkommt. Nordwestlich davon, am Rande Poppenbüttels, zieht der Kupferteich Freizeithungrige zum Grillen und Chillen an. Das Areal rund um den Kupferteich schätzen nicht nur Reiter, Wanderer, Jogger und Nordic Walker: Dort gibt es reichlich Sitzgelegenheiten, einen Spielplatz mit Fußballfläche und eine riesige Hundewiese.
Erste überdachte Einkaufsoase
Natur erleben ist das eine, einkaufen das andere. Im Südosten des Stadtteils befindet sich das Alstertal-Einkaufszentrum (AEZ), mit mehr als 240 Geschäften auf einer Verkaufsfläche von 59.000 Quadratmetern eins der größten Shoppingcenter Norddeutschlands. Vor dem Haupteingang stehen drei acht Meter hohe Bronzefiguren des deutsch-kanadischen Bildhauers Zoyt, Wahrzeichen des AEZ. Die in rote Gewänder gehüllten, surreal proportionierten Figuren sollen eine Familie symbolisieren. 1970 eröffnete der Hamburger Versandhauspionier und ECE-Gründer Prof. Dr. Werner Otto das AEZ – als erstes überdachtes Einkaufszentrum der Stadt. Er hatte in den USA und Kanada einige Shopping-Center gesehen und war von der Vielfalt der Läden beeindruckt.
Auf dem Weg vom AEZ zum Busbahnhof kommt man an einem Brunnen mit einer lebensgroßen Bronzeskulptur von „Antje“ vorbei. Die Walross-Dame lebte von 1976 bis 2003 im Tierpark Hagenbeck und diente dem NDR jahrelang als Maskottchen. Auf dem Poppenbütteler Marktplatz wiederum, ein weiterer Einkaufstreffpunkt, befindet sich der sogenannte Kaiserstein: Er wurde 1897 zum Gedenken an Wilhelm I. errichtet. Noch älter sind die drei erhaltenen Hügelgräber aus der Jungsteinzeit mit bronzezeitlichen Gräbern, der Kreienhoopsberg (Ecke Kreienhoop/Moorblick), der Vaterunserberg (Straße am Bronzehügel) und ein weiteres Grab am Alsterwanderweg.
Mit Geschichtlichem befasst sich auch das niederdeutsche Amateur-Theater Henneberg Bühne Poppenbüttel: Die Mitstreiter pflegen die niederdeutsche Sprache, deren Kultur und das maritime Liedgut. Regelmäßig laden sie zu Theateraufführungen und Bunten Abenden im Festsaal des Hospital zum Heiligen Geist.
Nach einem Geistlichen benannt
Poppenbüttel wurde 1336 erstmals urkundlich erwähnt, es bestand aus sieben Höfen rund um einen Platz. Zu dem Zeitpunkt wurde das Dorf von seinem Grundeigentümer, dem Knappen Lambert Strunz, an den Hamburger Priester Siegfried Latekop für 170 Mark verkauft. Der Name Poppenbüttel setzt sich entsprechend aus zwei Bezeichnungen zusammen: „Poppo“, Verkleinerungsform „Poppilo“, war im Mittelalter ein gebräuchlicher Name für Geistliche. Die Endung "-büttel" ist abgeleitet vom altsächsischen "gi-butli". Die Endung bedeutet so viel wie Siedlung oder Wohnstätte und wurde im nördlichen Hamburg häufig als Grundwort für Ortsnamen verwendet.
Vom Bauerndorf zum Erholungsort
Im 18. Jahrhundert begann in Poppenbüttel ein Strukturwandel von der Landwirtschaft zum Handwerk, es entstanden unter anderem eine Münzprägeanstalt und eine Silberschmelze. Die Beziehungen zur benachbarten Stadt Hamburg intensivierten sich Mitte des 19. Jahrhunderts, zwei Gutsbetriebe der Familie Henneberg lieferten Milch dorthin. Auch als Wohn- und Erholungsort wurde das Dorf immer beliebter. Dazu trug bei, dass 1918 die Strecke der Vorortbahn (die heutige S1/11) bis Poppenbüttel verlängert wurde. Am Alsterufer ließen wohlhabende Bürger Landhäuser und Villen errichten und Wohnsiedlungen für Arbeiter und Angestellte. 1937 wurde Poppenbüttel im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes eingemeindet.
Gedenken an jüdisches Leid
In der Zeit des Nationalsozialismus bestand von September 1944 bis April 1945 im Nachbarstadtteil Sasel ein Außenlager des KZ Neuengamme. Die dort untergebrachten rund 500 Jüdinnen mussten westlich des Poppenbütteler Bahnhofs eine Plattenhaussiedlung bauen, die als Notunterkunft für ausgebombte Hamburger diente. Die Betonfertigteile für die Häuser der Siedlung – im Volksmund Plattenbüttel genannt – wurden im Klinkerwerk des KZ Neuengamme hergestellt. In dem einzigen übrig gebliebenen Haus in Kritenbarg 8 ist seit 1985 die Gedenkstätte Plattenhaus eingerichtet. Sie erinnert an die Verfolgung von Frauen in der Nazi-Zeit und an das zerstörte jüdische Leben in Hamburg.
Nach Kriegsende wuchs der Stadtteil rasant. Trotz vieler Baumaßnahmen bemühte man sich, Landschaft und Erholungsgebiete möglichst zu erhalten: 1969 wurden zahlreiche Teile Poppenbüttels zum Landschaftsschutzgebiet erklärt. Gut für das viele Grün.
*Quelle: Hamburger Stadtteilprofile, Statistikamt Nord (Stand: Jan 2019)