Es war gegen 19.15 Uhr, als Bürgermeister Ole von Beust die Ehrengäste auf der Senatstreppe begrüßte. Das hat lange Tradition, denn die protokollarischen Regeln reichen bis in das 13. Jahrhundert zurück. Sie schreiben Hamburgs Erstem Bürgermeister vor, seine Ehrengäste am oberen Absatz der Senatstreppe zu empfangen. Bevor es in den Großen Festsaal ging, trugen sich Lászlo Sólyom, Hans-Dietrich Genscher und Marianne Birthler in das Goldene Buch der Stadt Hamburg ein.
In diesem Jahr feiert Deutschland den 20. Jahrestag der Wiedervereinigung im Jahr 1990. Die friedliche Revolution ein Jahr zuvor hatte den Weg dazu bereitet. Folglich standen die historischen Ereignisse von Europas friedlicher Revolution 1989 im Mittelpunkt des Festmahls. Die Auswahl der Ehrengäste lag auf der Hand, denn die historischen Geschehnisse sind eng mit Ungarn als auch der Person Hans-Dietrich Genscher verknüpft. Marianne Birthler beschäftigt sich in ihrer Behörde intensiv mit der geschichtlichen Aufarbeitung.
In seiner Begrüßungsrede würdigte Bürgermeister Ole von Beust die drei Ehrengäste. Sie hätten alle "ihren ganz persönlichen Beitrag zum Gelingen dieser Revolution geleistet", sagte er. Genscher habe es gemeinsam mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl geschafft, "dass die Welt Deutschland wieder Vertrauen schenkte". Auch an Vorbildern wie Marianne Birthler habe es gelegen, dass sich so viele Menschen nicht mit ihrem Leben in der Diktatur abfinden wollten. Ole von Beust erinnerte an die Beteiligung Sólyoms in Ungarn. Es sei das "mutige ungarische Volk" gewesen, das als erstes den Eisernen Vorhang öffnete. "Hierfür werden wir Ungarn immer dankbar sein", sagte der Bürgermeister.
Der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher betonte, Europa habe aus den Erfahrungen der Geschichte gelernt, dass man miteinander weiter komme als gegeneinander. "Ich glaube die Völker Europas waren sich in ihrer langen und oft blutigen Geschichte niemals so nahe wie 1989 und 1990. Diese Nähe und diese Verbundenheit ist das kostbarste Erbe jener Zeit," sagte er.
Die Matthiae-Mahlzeit ist seit 1356 historisch belegt und blickt damit auf eine lange Tradition zurück, dessen Elemente noch heute zelebriert werden. So wird zum Beispiel jedes Jahr der wohl gehütete Silberschatz des Rathauses geöffnet. Seine Tafelaufsätze und Schalen zieren die langen, festlich gedeckten Tische. Herausragendes Stück dieses Schatzes ist ein stattlicher Pokal, ein Geschenk von König Edward VII. von England aus dem Jahre 1904.