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Dr. Margarete Mitscherlich zur Konfrontation mit der Vergangenheit Mai 1945 - Befreiung vom Elend des Krieges und Konfrontation mit den Folgen der nationalsozialistischen Verbrechen

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Textauszüge aus ihrem 1995 gehaltenen Vortrag im Hamburger Rathaus anlässlich des 50. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges.
Entnommen der Veröffentlichung: Bürgerschaftliche Veranstaltungsreihe zum 50. Jahrestag des Kriegsendes: Hamburg 1945: Zerstört. Befreit. Hoffnungsvoll? Dokumentation der Vorträge von Ralf Dahrendorf, Margarete Mitscherlich und Ralph Giordano. Hamburg 1995, S. 57- 61.

Mai 1945 - Befreiung vom Elend des Krieges und Konfrontation mit den Folgen der nationalsozialistischen Verbrechen

„ […] In Hamburg wurde früher als in einer anderen deutschen Großstadt versucht zu klären, unter welchen Umständen die Kapitulation herbeigeführt worden war. Der Streit darum, wem oder was man für die kampflose Übergabe Hamburgs Dank zu zollen hatte, wie diese Ereignisse von wem gesehen werden sollten, sind typisch für die weitere Auseinandersetzung nicht nur der Hamburger, sondern der Deutschen überhaupt mit ihrer Vergangenheit, ich möchte sie deswegen kurz rekapitulieren.

Im April 1946 wurde auf Antrag der FDP-Fraktion der Senat ersucht, eine chronologische Darstellung der Ereignisse im April/Mai 1945 zu erarbeiten, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Archivrat Dr. Kurt Detlef Möller wurde beauftragt, diese Untersuchung durchzuführen. Die Hamburger Bevölkerung erinnerte sich an ein unmittelbar vor der Kapitulation bekanntgewordenes Flugblatt des Gauleiters Kaufmann. Er hatte darin erklärt, Herz und Gewissen gebiete ihm, Hamburg vor sinn- und verantwortungsloser Vernichtung zu bewahren. Das hatte dafür gesorgt, dass es gewisse Sympathien für diesen Mann gab. Um einer Legendenbildung um den seinerzeitigen Gauleiter und seinen Gleichgesinnten entgegenzutreten, forderte die SPD nach der Veröffentlichung der Arbeit von Möller, dass nicht nur die Ereignisse im April/Mai 1945 zu untersuchen seien, sondern auch die vorangegangene Entwicklung seit 1933 einbezogen werden sollte.

Das von Möller vermittelte Bild befasste sich vor allem mit der Kapitulationsgeschichte Hamburgs, ohne den Terror und die Unterdrückung durch die NS-Gewalthaber (Kaufmann war seit 1933 Gauleiter) in Hamburg genügend zu berücksichtigen. Über die grausige Vergangenheit wollte möglichst niemand sprechen, aber die Nazis nachträglich zu verherrlichen, weil sie vernünftigerweise dem Befehl Hitlers zum Widerstand am Ende des Krieges nicht gefolgt waren, ging dann doch vielen Hamburgern zu weit. Weit eher konnte man sich jetzt darauf einigen, dass es der Geist dieser Stadt war, ‚den wir den hanseatischen nennen‘, der dazu beigetragen hatte, dass Hamburg friedlich übergeben werden konnte. Die Legende von dem guten, vernünftigen Gauleiter wurde durch die Legende von dem Geist der Stadt Hamburg, der hanseatischen Tradition, ersetzt. Möller, der angeblich zur ‚Kaufmann-Legende‘ beigetragen hatte, was sich beim Lesen seines Buches [K. D. Möller: Das letzte Kapitel. Geschichte der Kapitulation Hamburgs. Hamburg 1947] nicht bestätigt, wurde abgesetzt. Die Aufgabe, die Geschichte Hamburgs zwischen 1933 und 1945 zu erforschen, übernahm der Historiker Dr. Heinrich Heffter. In dessen erstem Vortrag über die Kriegs- und Nachkriegsgeschichte war es nun zur Befriedigung aller die Hamburger Tradition, die zum historischen Helden gemacht wurde und nicht der Nazi Kaufmann.

 Das Bemühen, nach dem Einbruch des Jahres 1945, nach der Konfrontation mit den Folgen des Hitler-Wahns Schuld und Scham abzuwehren und eine neue Identität zu suchen, war nur allzu verständlich, unterstützte aber die allgemeine Unfähigkeit, sich der Realität zu stellen und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Der Autor der Schrift ‚Schwierigkeiten mit der Vergangenheit‘, Joist Grolle, bemerkt dazu, dass die oft gehörte Behauptung, es habe zwischen Hitler und Hamburg Berührungsängste gegeben, irrig sei. Ich zitiere: ‚In neueren Untersuchungen wird darauf hingewiesen, dass Hitler der Stadt Hamburg insgesamt 31 Besuche abgestattet hat. Jedes Mal wurde er von den Hamburgern emphatisch gefeiert – nicht anders als in anderen deutschen Großstädten.‘ Hamburgs historische Tradition hinderte diese nicht daran, ‚dass Hamburg den Ehrgeiz hatte, sich als ‹Führerstadt› besonders hervorzutun. In vieler Hinsicht konnte die Stadt sich als ›Mustergau‹ rühmen – von der Konsequenz der Sterilisierungspraxis bis zur Härte der politischen Strafjustiz‘, so heißt es weiter. Der ‚Hanseatengeist‘ hatte die Hamburger vor dem Ungeist des Nationalsozialismus leider nicht schützen können. [Joist Grolle: Schwierigkeiten mit der Vergangenheit, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte. Bd. 78. Hamburg 1992.]

Das kollektive Schweigen der Jahrzehnte nach dem Kriege umfasste auch die Gegner und Verfolgten der Nazis. Die VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes), deren Mitglieder häufig Kommunisten waren, mussten während des Kalten Krieges wieder mit Verfolgung rechnen. Auch die überlebenden Juden waren zu einer Zusammenarbeit und zum Gespräch mit Historikern selten bereit. Über das Schicksal der aus Hamburg vertriebenen Juden erfuhr die Hamburger Forschungsstelle deswegen nur wenig. Auf eine Anfrage reagierte z.B. Rabbi Salomon Carlebach eher ablehnend. Er gehörte zu den wenigen am Leben Gebliebenen eines Deportationstransportes von 400 Hamburger Juden, die 1941 nach Lettland verbracht und dort fast alle ermordet worden waren, darunter auch die Eltern Salomon Carlebachs und drei seiner Geschwister. Sein Vater war Dr. Joseph Carlebach, der letzte Hamburger Oberrabbiner. Er sei – so schrieb Salomon Carlebach – nicht ohne weiteres bereit, Fragen zu beantworten, sondern begierig, Beweise dafür zu erhalten, ‚dass Ihrer Arbeit ein ernster Vorsatz zugrunde liegt … und der Anlass für Ihren Auftrag auf den vorgehenden Gedanken basiert ist: ‹Lasst uns das Ausmaß unseres Vergehens erforschen, auf dass wir es wiedergutmachen können›.‘

Es kam letztlich nicht zu einem wirklichen Kontakt noch zu einem ausführlichen Bericht. Über den Holocaust in reiner Chronisten-Manier etwas aufzuschreiben, war dem Angesprochenen unmöglich. Die ‚den überlebenden Juden auf der Seele brennenden Fragen von Schuld und Sühne, von Moral und Ethik ließen sich nicht in die Raster gewohnter Historie pressen.‘ [Joist Grolle, a. a. O., S. 59f.] Den Überlebenden der KZs fällt es bekanntlich bis heute schwer, mit ihren Kindern über die grauenvolle Zeit der Verfolgung und Vernichtung zu sprechen.

Noch weniger waren und sind natürlich die Täter, die aktiv an der Durchsetzung der NS-Herrschaft beteiligt gewesen waren, aber auch die Masse der Mitläufer, zu Äußerungen über ihre Beteiligung an der Nazi-Vergangenheit zu bewegen. Sie wollten, so hieß es, ‚die kritische Zeit nach Möglichkeit ganz aus ihrem Gedächtnis löschen‘. ‚Der unvermittelte Bruch zwischen dem Gestern und Heute, die schmerzhaften Risse in den Lebensgeschichten, die Spannung zwischen Opportunität und Erinnerung – all dies hat die notwendige Vergangenheitsarbeit belastet und schließlich scheitern lassen.‘ [Joist Grolle, a. a. O., S. 64.] Auch wenn es zahlreiche Filme und Vorträge über die Naziherrschaft gab, so wurde doch in den Familien meist geschwiegen, auch in den Schulen gab es kaum offene Gespräche.

Ein Mitläufer war auch Dr. K.D. Möller gewesen, dessen Auftragsarbeit ‚Das letzte Kapitel. Geschichte der Kapitulation Hamburgs‘ erst gelobt und unterstützt, dann als Rechtfertigung des Gauleiters Kaufmann und anderer Nazis verstanden und abgelehnt wurde. Sowohl er wie seine Arbeit wurden zu einem Politikum, an dem große Teile der Stadt Hamburgs teilnahmen. Möller berichtete aus der Sicht des Mitläufers, der selbst dem Irrtum zeitweilig verfallen war, diesen aber als solchen mittlerweile erkannt hatte. Er versuchte, sich aufrichtig mit der Realität der Nazizeit, eben auch mit der eigenen Vergangenheit, auseinanderzusetzen und sie besser zu verstehen. Wenn man will, kann man das auch als Trauerarbeit bezeichnen, die aber offenbar damals von niemandem gewollt und von keinem der Kontrahenten als notwendige und heilende Schuldverarbeitung verstanden wurde.

Stehen wir solchen Prozessen der schmerzlichen Erinnerungsarbeit mittlerweile offener und einfühlender gegenüber? Ertragen wir es, uns mit unserer Schuld – auch wenn es für die meisten nur noch eine historische Schuld ist – ohne Selbstidealisierung, ohne Abwehr und Verleugnung zu konfrontieren? Indem Möllers Versuch einer aufrichtigen, wenn auch oft unbeholfenen und ungenügend informierten Auseinandersetzung mit der unmittelbaren Vergangenheit Hamburgs und seinem eigenen Mitläufertum so radikal abgelehnt wurde und zu seiner Entlassung führte, wurde damit einer der vielen Anfänge gesetzt für ein kollektives Beschweigen, für das Entstehen einer Lebenslüge, die mit untergründigem Selbsthass verbunden ist, der wiederum danach drängt, ein Objekt in der Außenwelt zu finden, auf das er seinen Hass verschieben kann.

Ich fürchte, dass bis heute bei allzu vielen Zeitgenossen Schuldabwehr nach wie vor ihr Verhalten bestimmt. Um diese Abwehr aufrechtzuerhalten, stellt man sich immer noch oder schon wieder blind und taub. Die historische Wahrheit darf um nichts in der Welt in ihrem vollen Umfang wahrgenommen werden. […]

Das Bedürfnis, die Wirklichkeit nicht zu sehen, Schuld und Verbrechen des eigenen Volkes von sich zu schieben, ist, […] bis heute […] ein vorherrschender Mechanismus der Abwehr. […] Schuldabwehr und Schuldverschiebung, die Suche nach einem neuen oder vergangenen Ideal, das man in Besitz nehmen und mit dem man sich verteidigen kann, ist offenbar so alt wie die Menschheit und beginnt mit Adam und Eva.

Nach ihrem ersten Besuch in Deutschland sprach Hannah Arendt 1950 von einer ‚Weigerung der Deutschen zu trauern‘. Was war geschehen? Die Idealisierung der gefallenen Soldaten als ‚Helden‘ war mit dem Führerwahn zusammengebrochen. Die Männer, Väter und Söhne waren umsonst gestorben. Diese Wahrheit zu ertragen, war schwer. Mit dem Zusammenbruch der Grandiositätsideen und der Konfrontation mit dessen mörderischen Konsequenzen, mit ihrer Schuld, Scham und Trauer konnten viele Deutsche offenbar nicht anders umgehen, als die Vergangenheit möglichst zu vergessen oder sie zu derealisieren. Eine die Mehrzahl der Deutschen beherrschende Trauer, die nach den ungeheuerlichen Verlusten an Menschenleben und an Menschlichkeit, an lange bestehenden ‚Idealen‘, an Heimat und Kultur zu erwarten gewesen wäre, fand wegen des Zusammenbruchs bisheriger nationaler Selbstidealisierung kaum statt. Der seelische Totstellreflex wie auch die Flucht in einen hektischen Wiederaufbau war offenbar ein Versuch, sich gegen die völlige Verzweiflung zu wehren.

Bis heute kann mit dem Verlust der nationalen Grandiosität schlecht umgegangen werden. Je labiler die Selbstachtung eines Menschen ist, umso dringender sein Bedürfnis, sich selbst zu idealisieren und alles ‚Fremde‘ gemeinsam mit Gleichdenkenden zu verachten. Wenn Kränkung des Selbstwertgefühls im Mittelpunkt des Erlebens steht, gibt es keine Einfühlung in Menschen, die nicht als Teil des eigenen Selbst erlebt werden, kein Mitleid mit den Opfern unserer Vorurteile und Projektionen. Die Wirklichkeit dessen, was war, zu leugnen, ist jedoch auf Dauer nicht möglich.

Tatsache ist, dass sich von der historischen Verantwortung niemand befreien kann, auch die nachfolgenden Generationen nicht, und dass bei einer Abwehr der Auseinandersetzung mit unserer Geschichte die Unfähigkeit zu Mitleid und Einfühlung, auch mit uns selbst, sich chronifizieren kann und quasi von Generation zu Generation weitergegeben wird. Wenn wir jedoch bereit sind, die historische Verantwortung für frühere Generationen zu übernehmen, wächst auch unsere Selbstachtung, die wiederum dazu befähigt, soweit möglich die Verantwortung für zukünftige Generationen zu akzeptieren.

[…] Wie Dr. Möller hatten auch andere Mitläufer unmittelbar nach dem Krieg das dringende Bedürfnis, sich der schmerzlichen Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit zu stellen, aber wie Möller fanden sie wenig Verständnis, weder bei denen, deren Lebenslauf dem ihren ähnlich war, noch bei vielen, die sich aus dem Nazi-Wahn herausgehalten hatten oder im Widerstand Schweres und Schwerstes erlebt hatten. Obwohl Opfer des Nationalsozialismus, die am schlimmsten gelitten hatten, noch am ehesten bereit waren und sind – wie ich aus meiner Praxis und meinem Freundeskreis weiß – für Verführte und Fehlgeleitete, die schwer unter ihrem Irrtum litten und leiden, Verständnis aufzubringen.

[…] Seine Illusionen, die eigene Begrenztheit, Kritiklosigkeit, Vorurteile zu erkennen und wahrzunehmen, welche Opfer der nationalsozialistische Wahn, wie auch der pervertierte Sozialismus zur Folge hatte, ist für jeden von uns denkbar schmerzlich. Aber die Trauer über diese Verluste von Menschen und Idealen ist eigentlich die Vorbedingung dafür, über seinen Schatten, seine Denkbarrieren springen zu lernen, seine Blindheit zu erkennen, sich in den anderen als anderen einzufühlen. Nur so lernt man Mitleid mit den Opfern seiner Irrtümer und seiner Projektionen zu empfinden, wieder gutzumachen – wenn es denn möglich ist – und seinen Vorurteilen kritisch zu begegnen.

 Aber das ist natürlich ein weiter Weg, und sich Illusionen hinzugeben, hat wenig Sinn. Obwohl viele Zeitgenossen sich an die Kapitulation und die Zeit vor dem Zusammenbruch erinnern – den meisten der heute Lebenden wurde diese Zeit nur historisch übermittelt -, neigen sie dennoch dazu, Gefühle und Verhaltensweisen von damals, die ihnen peinlich sind, auch wenn diese nur die Eltern oder Großeltern betreffen, zu verdrängen. Sie können deshalb nicht wahrnehmen, wie sich in der Mitleids- und Einfühlungslosigkeit, der Verachtung gegenüber den ‚Fremden‘, den Türken und Asylbewerbern von heute, alte unbearbeitete Verhaltensweisen und Projektionen wiederholen. Sie vergessen auch gern, dass die Mauer eine Folge des Zweiten Weltkrieges war, sie vergessen auch, warum viele Menschen innerhalb und außerhalb der DDR ursprünglich auf einen ‚Sozialismus mit menschlichem Antlitz‘ hofften, in ihm einen Kampf für Menschlichkeit und gegen den Faschismus sahen, sie vergessen die Gründe dafür, warum so viele Zeitgenossen in der Ex-DDR an dessen Pervertierung teilnahmen. Der Vergleich der DDR mit dem Dritten Reich ist absurd. Dieser schiefe Vergleich trägt dazu bei, dass die psychologische Verständigung zwischen Ost und West erschwert wird. Die Vorbedingung für die Errichtung dieser beiden Staaten ist grundverschieden. Hitler war bekanntlich mit Hilfe des Ermächtigungsgesetzes vom 24. 3. 1933, dem außer der SPD alle Parteien zustimmten, legal an die Macht gekommen. Die Gründung der DDR dagegen war eine Folge des verlorenen Zweiten Weltkrieges und des beginnenden Kalten Krieges. Zu dieser Zeit gab es keinerlei Selbstbestimmung der Deutschen. Wenn heute manche ‚Wessis‘ den ‚Ossis‘ glauben vorwerfen zu können, dass sie sich mit ihrer Vergangenheit nicht genügend auseinandersetzen, so steckt dahinter nicht nur ein Selbstvorwurf, sondern auch eine historisch nicht aufrechtzuerhaltende Gleichsetzung der DDR mit dem Hitler-Reich.

Gründe für das Vergessenwollen der Vergangenheit gibt es natürlich bei jedem von uns genug. Gegen die Erinnerung an das Leiden der Opfer millionenfacher Unmenschlichkeit wehren wir uns schon deshalb, weil uns die Tatsache des Völkermords und der Kriegsverbrechen bis heute mit Scham, aber auch wenn wir diese Gefühle zulassen, mit abgrundtiefem Entsetzen erfüllt und last not least eine massive Verletzung unserer Selbstachtung als Deutsche darstellt.

Dass jedoch Täter wie Opfer ohne partielle Verdrängung nicht leben können, weiß ich natürlich. Auch dass die nachfolgenden Generationen heute verlangen, nicht schuld an den unmenschlichen Taten ihrer Vorfahren zu sein, ist mehr als verständlich. Das schützt sie allerdings nicht vor der unbewussten Übernahme an den nichtbearbeiteten Schuldgefühlen der vorhergehenden Generationen und dem Selbsthass, der die Folge davon sein kann. Der Weg, um als Individuum und als Nation so etwas wie Reife, Mitmenschlichkeit und Toleranz auch sich selber gegenüber zu entwickeln, sich soweit möglich vom Selbsthass zu befreien, führt nun einmal über die Konfrontation mit der Realität der Vergangenheit, mit der damit verbundenen Schuld und ihrer Bearbeitung. Der ‚Hanseatische Geist‘ und andere ‚Ideale‘, an die wir uns klammern, nutzen uns da wenig, sie haben uns nicht vor Irrtümern beschützt, die die Welt veränderten. […]“

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