Viele Straßen sind nach Frauen benannt, was auf einen Beschluss der Bezirksversammlung Altona zurückgeht. Diese hatte entschieden, dass die Mehrzahl der Straßen weibliche Namen tragen solle – auch weil in Hamburg die meisten der nach Personen benannten Straßen männliche Namen tragen.
Erläuterungen zu den neuen Straßennamen
Felicitas-Kukuck-Straße
Felicitas Kukuck war eine deutsch-jüdische Komponistin, die in der 30er Jahren bei Paul Hindemith Komposition studierte und ihr Studium abschloss, allerdings sofort Unterrichtsverbot erhielt. Ihre Rettung vor der Ermordung in der Nazizeit war eine Geburtsurkunde mit dem Namen Kestner statt Conheim, den der jüdische Vater 1916 angenommen hatte. Felicitas Kukuck hat sich auch in der Nazizeit als Komponistin nie entmutigen lassen und seitdem von ihrem Wohnort Blankenese in Altona ein umfassendes Werk geistlicher und weltlicher Vokalmusik neben etlichen Instrumentalwerken geschaffen. Die Freie und Hansestadt Hamburg ehrte sie mit der Biermann-Ratjen-Medaille sowie der Johannes-Brahms-Medaille.
Elfriede-Land-Weg
Elfriede Land war die erste Busfahrerin in Deutschland (zuvor Straßenbahnfahrerin), die zwischen Langenfelde und Rathausmarkt pendelte. Erst im Dezember 1971 veröffentlichte das Bundesgesetzblatt eine modifizierte Frauen-Arbeits-Verordnung, so dass den Damen das Bussteuer nicht länger vorenthalten blieb.
Recha-Ellern-Weg
Recha Ellern war Sozialfürsorgerin der Altonaer jüdischen Gemeinde. Sie versorgte und betreute Menschen, die im Rahmen der "Polenaktion" vom Altonaer Bahnhof aus abgeschoben werden sollten. Sie verhinderte u. a. Abschiebungen, in dem sie Pässe besorgen und so die Emigration ermöglichen konnte. Sie war Mitbegründerin der „Bachad“.
An der Kleiderkasse
Benannt nach der als Kleiderkasse bezeichneten ehem. Ausgabe- und Lagerstelle für die Dienstkleidung der Bahnmitarbeiter auf dem Gelände des Güterbahnhofs. Das um 1900 errichtete denkmalgeschützte Gebäude bleibt als identitätsstiftendes Element erhalten und wird in den an diese Straße angrenzenden Park integriert.
Emma-Poel-Straße
Emmal Poel war eine Gründerin sozialer Einrichtungen und für Altona in der Hinsicht besonders bedeutsam, da sie 1935 den „Weiblichen Verein für Armen- und Krankenpflege in Altona“ gründete, auf den die spätere Gründung des Kinderkrankenhauses in Altona zurückgeht.
Eva-Rühmkorf-Straße
Eva Rühmkorf, geb. Titze wurde am 06. März 1935 in Breslau geboren und ist am 22. Januar 2013 in Ratzeburg verstorben. Sie war Diplompsychologin und sammelte viele Erfahrungen in der Wirtschaft, bevor für sie der Strafvollzug ein Thema wurde. 1968–1978 war sie Grundsatzreferentin in der Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg für den Strafvollzug und anschließend bis 1978 Direktorin der Jugendstrafanstalt Vierlande in Hamburg-Bergedorf. Im Januar 1979 wurde Eva Rühmkorf als Leiterin der neu gegründeten Hamburger „Leitstelle Gleichstellung der Frau“ Deutschlands erste Gleichstellungsbeauftragte, seit 1983 als Staatsrätin. 1988 berief Björn Engholm sie als Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur des Landes Schleswig-Holstein. Sie wechselte 1990 in das Ministerium für Bundesangelegenheiten, war Stellvertreterin des Ministerpräsidenten, schied auf eigenen Wunsch am 5. Mai 1992 aus der Landesregierung aus. Von 1999 bis 2001 war sie Vorsitzende von Pro Familia. Die Diplompsychologin und Frauenpolitikerin war für viele Frauen ein Vorbild und steckte mit ihrem unermüdlichen Engagement an. Der Landesfrauenrat Hamburg, die Lobby der Hamburger Frauen, ehrte Eva Rühmkorf, die erste Leiterin der Leitstelle Gleichstellung der Frau, und verlieh ihr den Titel Hammonia 2010 in Erinnerung an die Schutzgöttin der Stadt. Eva Rühmkorf hat sich um die Gleichberechtigung und die faktische Gleichstellung von Frauen und Männern verdient gemacht. Sie war 1964 mit dem Schriftsteller Peter Rühmkorf verheiratet.
Susanne-von-Paczensky-Straße
Susanne von Paczensky wurde in Berlin geboren, während der NS-Zeit wurde sie von Lehrern in Rassenkunde als Musterbeispiel eines „Mischlings“ vorgeführt. Sie war eine deutsche Journalistin, Autorin und engagierte Vertreterin der Frauenbewegung. 1982 gründete sie das Hamburger Familienplanungszentrum Hamburg e. V., das Beratung zu Themen wie Sexualität, Empfängnisverhütung, Schwangerschaft und Sexualpädagogik anbietet.
Eduard-Duckesz-Straße
Nach Eduard Duckesz, Rabbiner, Historiker und Genealoge, ermordet 1944 in Auschwitz. Er machte sich insbesondere um die Erforschung und Bewahrung der jüdischen Geschichte und der Genealogie jüdischer Familien in der Dreigemeinde Altona/Hamburg/Wandsbek (=> jüd. Friedhof Altona, seit 2014 auf der dt. Vorschlagsliste für das UNESCO-Welterbe) verdient. Der Straßenname erinnert an die umfangreiche jüdische Geschichte in Altona.
Erika-Krauß-Twiete
Erika Krauß wurde noch während des Ersten Weltkriegs in Karski geboren und wurde als erste Frau Deutschlands zur Kamerafrau ausgebildet. Nach dem zweiten Weltkrieg erwarb sie zusätzlich den Meisterbrief für Fotografie. 1950 kam sie nach Hamburg und wurde bei der neu gegründeten Zeitung Hamburger Morgenpost angestellt. Sie blieb über 60 Jahre, teils freiberuflich, teils in Anstellung. Sie fotografierte noch, als sie schon über 90 Jahre alt war.
Glückel-von-Hameln-Straße
Sie war eine jüdische Kauffrau (geb. 1645 in Hamburg, gest. am 19. September 1724 in Metz), die wohl mit ihren Eltern in Altona lebte. Sie schrieb als allererste Frau ihre Autobiographie. Für ihre Nachkommen schrieb sie Tagebücher, die heute eine der wichtigsten Quellen über das damalige jüdische Leben sind. Ihre Großmutter und eine Tochter sind in Hamburg begraben.
Helga-Feddersen-Twiete
Helga Feddersen war eine deutsche Schauspielerin, Autorin und Sängerin. Die Hamburger Volksschauspielerin war auf die Rolle der naiven, liebenswerten „Ulknudel“ abonniert.
Domenica-Niehoff-Twiete
Domenica Niehoff war eine Prostituierte, Domina und Streetworkerin in Hamburg. Sie galt als Deutschlands prominenteste ehemalige Prostituierte. Bekannt wurde sie vor allem durch Auftritte in Fernseh-Talkshows in den 1980er Jahren, in denen sie für die Anerkennung und Legalisierung des Berufsstands der Prostituierten kämpfte.
Mariannenruh-Platz
Die „schöne Marianne“ war Marianne Ruaux, eine Hamburger Gastwirtin, die am 2. Juli 1802 in Altona geboren wurde und am 4. Juli 1882 in Eimsbüttel verstarb. Sie führte ab 1824 das väterliche Ausflugslokal "Mariannenruh" in Langenfelde, das unter ihrer Leitung sehr beliebt wurde. Später eröffnete sie noch eine Reihe weiterer Lokale. Da der Platz Nord in Zukunft auch Gastronomische Betriebe als Anlieger haben wird, ist dies die passende Benennung.
Lille Torv
Dänisch für „kleiner Platz“. Hier soll an die Geschichte von Altona als einst zweitgrößte Stadt Dänemarks erinnert werden.
Platz der Arbeiterinnen
Die zahlreichen Arbeiterinnen Altonas sollen mit diesem Platz eine sichtbare Erinnerung erhalten. In Altona arbeiteten Frauen schon sehr lange in der Hafenwirtschaft oder in Dienstleistungssektoren wie den Verkehrsbetrieben, darunter die ebenfalls für einen Straßennamen vorgeschlagene Elfriede Land. Trotzdem war es oft eine besondere Lebensleistung von Frauen, sich in „Männerdomänen“ wie Hafen, Fischverarbeitung, Zigarrenindustrie oder Verkehrsbetrieben zu behaupten, gerade in Zeiten, zu denen die Gleichberechtigung von Mann und Frau weder rechtlich noch gesellschaftlich existierte. Damit diesen vielen namentlich unbekannten Arbeiterinnen als Kollektiv Würdigung erfahren, soll ein Platz nach ihnen benannt werden.
Weiterführende Informationen zu den Planungen und Verfahren für Mitte Altona: