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Schiitischer Islamismus

Der schiitische Islamismus strebt eine theokratische Herrschaftsform an, in der die Religion über allem steht. Schiitische Organisationen, wie die Hizb Allah, sind vor allem im Irak und im Libanon verbreitet. Seit dem Sturz des Schah im Jahre 1979 gründet sich die Machtausübung in der "Islamischen Republik Iran" auf eine Form des schiitisch-politischen Islams. Bis heute sind die Revolutionsziele aktuell, wie z.B. der Export der islamischen Revolution mit dem Vorsatz, die gesamte Welt zu islamisieren.

Hizb Allah

Die schiitische „Hizb Allah“ wurde im Sommer 1982 nach dem Einmarsch israelischer Truppen in den Libanon auf iranische Initiative gegründet. Sie entwickelte sich aufgrund massiver iranischer Unterstützung rasch zu einer militanten Sammlungsbewegung libanesischer Schiiten mit Schwerpunkten im Bekaa-Tal, Süd-Libanon und den Vororten von Beirut. Hier agiert sie, neben staatlichen Behörden und Strukturen, als parastaatliche Ordnungsmacht. Eine Entwaffnung dieser Miliz ist nach wie vor eine nicht umgesetzte Forderung der UN-Resolution 1559 vom September 2004. Von den USA, Großbritannien, Kanada, Israel und den Staaten der Arabischen Liga wird die gesamte Hizb Allah als Terrororganisation eingestuft; Europa und Australien stufen den militärischen Arm der Hizb Allah als Terrororganisation ein. Am 30. April 2020 hat das Bundesministerium des Innern die Betätigung der schiitischen Terrororganisation Hizb Allah in Deutschland verboten. Wichtigstes Ziel der Hizb Allah ist der Kampf – auch mit terroristischen Mitteln – gegen Israel als vorgeblich „unrechtmäßigen Besatzer palästinensischen Bodens“, den die Hizb Allah als „legitimen Widerstand“ bezeichnet. Das lange propagierte Fernziel, die Umwandlung der staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen des Libanon in eine Gesellschaftsordnung nach iranischem Vorbild, hat sich im Lauf der Zeit gewandelt. Nunmehr steht die allgemeinere Forderung nach mehr politischem Einfluss und einer Revision des konfessionellen Proporzsystems im politischen und administrativen Bereich zugunsten der Muslime, insbesondere der Schiiten, im Vordergrund. Die enge ideologische Beziehung zum Iran, verbunden mit einer finanziellen Abhängigkeit, besteht jedoch unverändert fort. So gestand der politische Führer der Hizb Allah und zugleich Oberbefehlshaber der Hizb Allah-Miliz, Hassan Nasrallah, bereits am 24. Juni 2016 in einer Ansprache im Hizb Allah-eigenen Fernsehsender Al Manar ein, dass alles, was die Hizb Allah brauche, wie Geld, Waffen und Nahrungsmittel, direkt aus dem Iran komme. Unter dem Dach der Hizb Allah agieren eine seit 1992 im libanesischen Parlament vertretene Partei, verschiedene Wohlfahrtsorganisationen sowie der militärische Flügel „Islamischer Widerstand“ (al-Muqawama al-Islamiya). Die Hizb Allah ist im Libanon seitdem zu einem festen Bestandteil des politischen Systems geworden. Generalsekretär Hassan Nasrallah wird von seinen Anhängern verehrt und ist als einer der führenden Vertreter des schiitischen Islamismus ein einflussreicher Politiker im Libanon. Der im Nachbarland Syrien andauernde Bürgerkrieg gegen das Regime von Präsident Bashar al-Assad hat seit Jahren auch massive Auswirkungen auf die Sicherheitslage und Innenpolitik im Libanon. Nach wie vor gab und gibt es auch auf libanesischem Staatsgebiet bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Unterstützern al-Assads, zu denen die Hizb Allah zählt. So hat Hassan Nasrallah wiederholt erklärt, dass die Hizb Allah bis zum Sieg an der Seite des syrischen Machthabers al-Assad, dessen Regime von der UN massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, kämpfen werde.

Iranische Islamisten

Die „Islamische Republik Iran“ ist einerseits ein politisches System mit gewählten Gremien und einem Parlament, andererseits eine theokratische Ordnung. Präsident Ebrahim Raisi, der im Mai 2024 bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam, repräsentierte in diesem Rahmen die Republik und hatte sich unter anderem vor dem Volk zu verantworten. Der oberste Religionsgelehrte Ali Khamenei gilt als Stellvertreter des zwölften Imams, Muhammad ibn Hasan al-Mahdi, des sogenannten „verborgenen Imams“. Dieser sei im 9. Jahrhundert aus Schutz vor Feinden „entrückt“, lebe im Verborgenen und werde wieder kehren, um die Führung zu übernehmen und die Welt zu erlösen. Die Rolle des obersten Koran gelehrten als Platzhalter des verborgenen Imams mit nahezu unbegrenzter weltlicher Machtfülle formulierte der Gründer der Islamischen Republik Iran, der 1989 gestorbene Großayatollah Khomeini, mit dem Prinzip der „velayat-e faqih“, der absoluten Herrschaft des anerkannten Rechtsgelehrten und des Klerus. Religionsführer Khamenei bestimmt – trotz massiver Verwerfungen innerhalb des Establishments und teilweise mangelnder Anerkennung in klerikalen Kreisen – nach wie vor die Richtlinien in grundlegenden politischen Fragen. Hierzu steht ihm mit dem sogenannten „beyt-e rahbar“ ein eigenes Steuerungs-, Macht- und Finanzinstrument zur Verfügung, das zwar eine informelle, aber zentrale politische Funktion innerhalb des Iran einnimmt und mit tausenden Mitarbeitenden der faktischen Durchsetzung des Prinzips der Herrschaft des Obersten Rechtsgelehrten dienen soll. In der innen- als auch auf der außenpolitischen Bühne wird ein antiwestlicher und rigoros islamistischer Kurs mit dem in der iranischen Verfassung deklarierten Leitmotiv der Islamisierung der westlichen Nationen („Export der islamischen Revolution“) gepflegt.

Proiranische Einrichtungen in Deutschland sind nach Einschätzung des Verfassungsschutzes grundsätzlich als Instrumente der iranischen Staatsführung zu bewerten, die deren theokratische Staatsdoktrin vertreten. Sie repräsentieren eine Werteordnung, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist. Regimegegner sowie religiöse und ethnische Minderheiten im Iran sind regelmäßig Opfer staatlicher Repressionen, was sich unter anderem in der hohen Anzahl an Hinrichtungen zeigt. Zu diesen Opfern zählten auch Menschen, die aufgrund ihrer gleichgeschlechtlichen Ausrichtung verurteilt und hingerichtet wurden.

Islamisches Zentrum Hamburg (IZH)

In Hamburg befand sich eine wichtige proiranische Einrichtung, die an der Außenalster gelegene schiitische „Imam Ali-Moschee“, deren Trägerverein das „Islamische Zentrum Hamburg e.V.“ (IZH) war.

Vertreter des Revolutionsführers Khamenei

Die Position des IZH-Leiters wird traditionell mit einem linientreuen Anhänger der iranischen Staatsdoktrin und der islamischen Revolutionsziele besetzt. Er gilt als Vertreter des Revolutionsführers Khamenei in Europa und in der schiitischen Gemeinde als religiöser Repräsentant des Iran. Seit August 2018 ist Dr. Mohammad Hadi Mofatteh Leiter des IZH. Der langjährige IZH-Leiter Dr. Reza Ramezani wurde in den Iran zurückbeordert. Mofatteh ist ein versiert geschulter Vertreter des gegenwärtigen Regimes in Teheran. Seine Familie ist fest in die staatlich-religiöse Elite des Iran eingebunden. Er selber agierte langjährig in verschiedenen Führungsfunktionen staatlich gelenkter Medienstellen. Das IZH ist eines der wichtigsten Zentren seiner Art in Europa, das von schiitischen Muslimen verschiedener Nationalitäten als zentrale religiöse Anlaufstelle genutzt wird. In der Moschee finden seit Jahrzehnten regelmäßig Gebetsveranstaltungen sowie eine Vielzahl religiöser Feierlichkeiten statt. Zudem werden diverse Lehrveranstaltungen angeboten, so etwa islamischer Religionsunterricht für Kinder und Unterricht in den Sprachen Arabisch, Farsi und Deutsch.

In der Öffentlichkeit treten Funktionäre und Unterstützer des IZH gemäßigt auf und suchen aktiv den gesellschaftlichen Kontakt, zum Beispiel mit Einladungen zum „Tag der offenen Moschee“ der Organisation von Diskussionsveranstaltungen. In Hamburg wirkte das IZH bis November 2021 in führender Position in der islamischen Organisation „Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V.“ (SCHURA), einem Zusammenschluss zahlreicher Moschee-Trägervereine, mit. Am 18. November 2022 informierte das IZH in einer Pressemitteilung, dass es ab sofort nicht mehr der SCHURA angehöre. Auf Bundesebene sind Vertreter des IZH in der „Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden in Deutschland e.V.“ (IGS) aktiv, auf europäischer Ebene in der „Islamisch-Europäischen Union der Schia-Gelehrten und Theologen“ (IEUS). Die IGS und IEUS werden vom Verfassungsschutz beobachtet.

Das IZH ist ebenfalls Mitglied im „Zentralrat der Muslime in Deutschland“ (ZMD), wobei diese Mitgliedschaft satzungsgemäß von Seiten des ZMD ausgesetzt wurde. Grund hierfür waren Durchsuchungen in den Räumlichkeiten des IZH am 16. November 2023 In Deutschland existiert eine Reihe schiitisch-islamischer Zentren und Organisationen. Das IZH hat in der Vergangenheit ein bundesweites Kontaktnetz aufgebaut und übt nach Einschätzung des LfV Hamburg auf Schiiten unterschiedlicher Nationalität sowie die schiitisch-islamischen Moscheen und Vereine Einfluss aus, bis hin zur vollständigen Kontrolle. Das IZH publizierte in Zusammenarbeit mit einem islamistischen Verlag das vom ersten iranischen Revolutionsführer Khomeini stammende Buch „Der Islamische Staat“ [Anmerkung: Es besteht kein Bezug zu der gleichnamigen sunnitischen Terrororganisation]. Der Inhalt dieses Buches ist auch heute noch ein bindender ideologischer Grundpfeiler des theokratischen Regimes, dessen Vorgaben sich in der iranischen Verfassung niedergeschlagen haben. Wesentliche Inhalte stehen in einem diametralen Gegensatz zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes.

Buch: "Der islamische Staat" Montage LfV HH

Den Vorgaben Khomeinis zufolge habe sich das gesamte staatliche Handeln ausschließlich am islamischen Recht – der Scharia – zu orientieren. Auf zahlreichen Seiten wird der Demokratie und der Volksouveränität eine klare Absage erteilt. Auch die Justiz sei an diesen Maßstäben auszurichten, der jeweilige Revolutionsführer sei sogleich oberster Staatenlenker, religiöses Oberhaupt und oberster Richter. Diese Rolle kommt seit dem Tod Khomeinis im Jahr 1989 dessen Nachfolger Ayatollah Khamenei zu. Das Buch „Der Islamische Staat“ wird in der aktuellen Auflage durch keinerlei Kommentar oder Relativierung – weder in historischer noch in örtlicher oder politischer Hinsicht – in die aktuellen Gegebenheiten eingeordnet. Auf der Rückseite des Buches ist das Logo des IZH mit dem Hinweis „In Kooperation mit: Islamischen Zentrum Hamburg www.izhamburg.de“ abgedruckt. Dies ist als tatsächlicher Anhaltspunkt in die Gesamtbewertung des IZH als extremistische Organisation des Islamismus eingeflossen. Dies gilt unter anderem auch für die in diesem Buch propagierten und als unabwendbar dargestellten Hadd-Strafen (Körperstrafen), die bei gewissen Vergehen zu verhängen seien. Diesen Vorschriften zufolge sind beispielsweise bei Ehebruch die „schuldigen“ Frauen und Männer zu steinigen, religiöse Abweichler auszupeitschen und Homosexuelle öffentlich hinzurichten. Diese eklatant gegen die Menschenwürde verstoßenden Strafen werden im Iran nach wie vor vollzogen. Darüber hinaus enthält das Buch zahlreiche antisemitische Stereotypen. So heißt es über die „Zionisten und deren Hintermänner“, dass sie beabsichtigten, „die ganze Welt unter ihr Regiment zu bringen. Und da sie eine verschlagene, listige und emsige Bruderschaft sind“, sei zu befürchten, dass sie „eines Tages – was Gott verhüten möge – ihr Ziel erreichen“. Damit ist das IZH nach Bewertung des LfV Hamburg ein wichtiges Instrument des Teheraner Regimes zur Etablierung einer antidemokratischen und antisemitischen Ausrichtung des schiitischen Islam nach Vorbild der iranischen Staatsideologie innerhalb Europas. 

Klage des IZH

Im Dezember 2020 reichte das IZH eine Unterlassungsklage gegen seine Nennung in den Hamburger Verfassungsschutzberichten der Jahre 2018 und 2019 ein. Mit seiner Entscheidung vom 27. Juni 2023 bestätigte das Verwaltungsgericht Hamburg die Rechtmäßigkeit der Berichterstattung des LfV Hamburg über das IZH als extremistische und vom Iran gesteuerte Einrichtung sowie seine Einstufung als extremistische Gruppierung. Einzelne Aussagen im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2019 bewertete das Gericht als nicht hinreichend genug belegt, sodass sie nicht als gesicherte Erkenntnisse gelten konnten. Das Gericht sprach während der Verhandlung auch den Beweisnotstand an, dem Verfassungsschutzbehörden regelmäßig unterliegen, da sie geheimhaltungsbedürftige Erkenntnisse nicht offenlegen dürfen. Dieser Umstand bewirke aber keine Erleichterung der die Verfassungsschutzbehörde treffenden Beweislast. Das IZH hat gegen das Urteil das Rechtsmittel der Berufung eingelegt, das Verfahren ist derzeit beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht anhängig. 

Vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen das IZH

Durchsuchung des IZH Michael Arning

Am 9. November 2022 nahm der Deutsche Bundestag den Antrag der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und FDP mit dem Tenor „Protestbewegung im Iran unterstützen – Druck auf das Regime in Teheran erhöhen“ an, in dem gefordert wurde, „zu prüfen, ob und wie das ‚Islamische Zentrum Hamburg‘ als Drehscheibe der Operationen des iranischen Regimes in Deutschland geschlossen werden kann“ (Drucksache 20/4329, S. 6 Nr. 23). Daraus resultiert, dass die Bundesregierung auf Grundlage dieses Beschlusses mit der Prüfung einer möglichen Schließung des IZH beauftragt wurde. Im Rahmen dieser Prüfung wurden am 16. November 2023 in sieben Bundesländern insgesamt 54 Vereins- und Privatobjekte sowie Konten durchsucht, die in einer Verbindung mit dem IZH stehen. Grundlage für diese Durchsuchungen war ein derzeit anhängiges vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat nach § 4 Vereinsgesetz gegen das IZH sowie seine Teilorganisationen. In Hamburg waren neben dem IZH weitere 30 Vereins-, Privatobjekte sowie Konten von den Durchsuchungsmaßnahmen betroffen. Bei den Durchsuchungen wurden zahlreiche Schriftstücke, Flyer sowie Laptops, Mobiltelefone und andere elektronische Datenträger sichergestellt, die derzeit ausgewertet werden. Des Weiteren wurde ebenfalls ein hoher Bargeldbetrag in den Räumlichkeiten der Blauen Moschee an der Außenalster gefunden und beschlagnahmt.
 

Meldungen Iranische Islamisten und Islamisches Zentrum Hamburg (IZH)

LfV Hamburg
Der Verfassungsschutz informiert

Verbot des Islamischen Zentrum Hamburg (IZH)

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hat am 24. Juli 2024 das „Islamische Zentrum Hamburg e.V.“ (IZH) mit seinen bundesweiten Teilorganisationen verboten, da es eine extremistische Organisation des Islamismus ist, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.

LfV
Verwaltungsgericht Hamburg bestätigt Verfassungsschutz

Berichterstattung des LfV Hamburg über das IZH als extremistische Einrichtung ist rechtmäßig

Der Trägerverein der Imam Ali Moschee, Islamisches Zentrum Hamburg e.V. (IZH), ist mit einer Unterlassungsklage gegen seine Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten des LfV Hamburg der Jahre 2018 und 2019 weitgehend gescheitert.

LfV, MH
Der Verfassungsschutz informiert

Neue Erkenntnisse über das Islamische Zentrum Hamburg

Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) ist nach Auffassung des LfV nach wie vor als Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu werten.