Das von Rechtsextremisten ausgehende Bedrohungspotenzial durch Gewalttaten und rechtsterroristische Anschläge ist aber nach wie vor hoch. Gewalt findet immer wieder spontane Anwendung in Alltagssituationen, indem sie sich im Einzelfall situativ gegen klassische rechtsextremistische Feindbilder richtet, welche auf Ideologieausprägungen wie Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Demokratiefeindlichkeit fußen. Diese werden in Teilen der Gesellschaft rezipiert, woraus ein Nährboden für die teils rasante Radikalisierung von Einzelpersonen und Kleingruppen resultiert. Grundsätzlich wird Gewalt in weiten Teilen der rechtsextremistischen Szene als legitimes und notwendiges Mittel zur Durchsetzung der eigenen politischen Ziele betrachtet. Insbesondere terroristische Attentäter wollen durch ihre Gewaltakte potenzielle Opfergruppen einschüchtern und – im Wissen um eine breite mediale Resonanz – ein Klima der Angst erzeugen.
Als zusätzlicher Brandbeschleuniger erweisen sich die ausufernden Aktivitäten im virtuellen Raum mit den unzähligen geschlossenen Räumen und Filterblasen. Rechtsextremistische Online-Foren erleichtern die Kontaktaufnahme und ermöglichen einen intensiven Austausch unter Gleichgesinnten, der sich insbesondere durch eine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auszeichnet. Eine konkrete Gruppenanbindung, etwa am eigenen Wohnort, ist längst nicht mehr erforderlich.
Durch die verstärkte Nutzung des Internets zur persönlichen Selbstdarstellung rechtsterroristischer Attentäter, zum Beispiel durch die Übertragung eines Live-Streams während der Tat, ist in den vergangenen Jahren eine Art internationale Online-Community entstanden, die verschiedene Plattformen nutzt, um sich gegenseitig in ihren abstrusen Ansichten, insbesondere zum „Großen Austausch“ oder auch „Great Reset“, zu bestärken. Junge Erwachsene, Jugendliche und mitunter auch bereits Kinder lassen sich hierdurch beeindrucken und radikalisieren sich auf diesem Wege in kürzester Zeit. Besonders besorgniserregend ist, dass noch sehr junge Akteure bereits eine ausgeprägte Gewaltbereitschaft aufweisen, welche sich gezielt in zunächst verbalen Hassbotschaften und Tötungsabsichten äußert.
Hierbei spielt auch die internetbasierte „SiegeCulture“, eine Form der rechtsextremistischen Terrorpropaganda, eine Rolle. Im Sinne des Akzelerationismus sollen in der Gesellschaft vorhandene Konflikte und Spannungen mittels terroristischer Akte potenziert werden, um so einen Bürgerkrieg auszulösen. Anhänger dieser „Siege-Culture“ haben eine ausgesprochene Faszination für rechtsextremistisch motivierte Amokläufer wie Anders Behring Breivik oder auch David Sonboly. Breivik ermordete im Jahr 2011 in Norwegen 77 Menschen, Sonboly im Jahr 2016 in München neun Menschen.
Vor dem Hintergrund der zahlreichen Kommunikationsplattformen und sozialen Netzwerke ist das rechtzeitige Auffinden dieser potenziellen Täter eine große Herausforderung. Das Ziel der Sicherheitsbehörden ist und bleibt, mögliche Täter frühzeitig zu erkennen und terroristische Anschläge schon in der Planungsphase zu stoppen. Den Sicherheitsbehörden in Deutschland lagen in den vergangenen Jahren wiederholt Hinweise auf rechtsextremistisch motivierte terroristische Bestrebungen vor, welche konsequent verfolgt wurden. Beispiele sind die Aufdeckung der Aktivitäten der „Revolution Chemnitz“, der „Gruppe S“ oder der „Bürgerwehr Freital“ (auch: „Gruppe Freital“).