Wie ist der Katastrophenschutz organisiert?
Das 1978 erlassene Hamburgische Katastrophenschutzgesetz legt den rechtlichen Rahmen für den Katastrophenschutz fest. Es definiert den Begriff der Katastrophe wie folgt:
„Katastrophe ist eine Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, zu deren Bekämpfung die Verstärkung der für den täglichen Einsatz bestimmten Kräfte und Mittel sowie die einheitliche Lenkung der Abwehrmaßnahmen mehrerer Behörden erforderlich ist.“
Zentrales Ziel des Katastrophenschutzgesetzes und der 1983 in Kraft gesetzten Katastrophenschutzordnung ist die Herstellung von Strukturen zur wirksamen Bekämpfung von großen Gefahrenlagen. Die Katastrophenschutzordnung regelt zusammen mit der "Allgemeinen Richtlinie für den Katastrophenschutz" Aufgaben, Führungsstrukturen und Verantwortlichkeiten. Hieraus ergibt sich die grundsätzlich Organisationsstruktur des Hamburger Katastrophenschutzes:
Sowohl im präventiven als auch im abwehrenden Katastrophenschutz hat die Behörde für Inneres und Sport eine behördenübergreifende Lenkungsfunktion mit Bindungswirkung. Für akute Gefahrensituationen am und im Umfeld des Schadensortes sind Feuerwehr und Polizei zuständig. Wichtige bevölkerungsbezogene Maßnahmen, wie zum Beispiel die Evakuierung, Betreuung und Unterbringung von Bewohnerinnen und Bewohnern betroffener Schadensorte werden von den Bezirksämtern als regional ausgerichtete Verwaltungsbehörden wahrgenommen.
Die Fachbehörden beraten im Einsatzfall den Zentralen Katastrophendienststab der Behörde für Inneres und Sport, die Bezirksämter, so wie Polizei und Feuerwehr.
Die Hilfsorganisationen mit ihren ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sind ein fester und unverzichtbarer Bestandteil des Hamburger Katastrophenschutzes. Sie sind in bestehende Planungen zur Katastrophenabwehr eingebunden und nehmen als Einsatzkräfte vielfältige Aufgaben wahr.
Behörde für Inneres und Sport
Ihr Staatsrat trägt als Leiter der gesamten Katastrophenabwehr die Verantwortung für die einheitliche Lenkung aller Abwehrmaßnahmen in der Stadt. Seine Aufgabe ist es, taktische, politische und administrative Ziele vorzugeben.
Im Einsatzfall ist er weisungsbefugt gegenüber allen Hamburger Behörden und besitzt die Befugnis zum Erlass von Senatsbeschlüssen im Verfügungswege. Diese ermöglichen es ihm, erforderliche wesentliche Maßnahmen (z.B. ein Fahrverbot oder Evakuierungen von Gebieten) unverzüglich und unbürokratisch zu veranlassen. Im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr wird hiermit von der in der Hamburgischen Verfassung verankerten Regelung abgewichen, dass der Senat Entscheidungen grundsätzlich in seiner Gesamtheit trifft (Kollegialprinzip).
Unterstützt und beraten wird der Leiter der Katastrophenabwehr vom Zentralen Katastrophendienststab (ZKD) der Behörde für Inneres.
ZKD
Der Zentrale Katastrophendienststab (ZKD)
- koordiniert die hamburgweiten Maßnahmen aller Beteiligten,
- erstellt Entscheidungsgrundlagen und Lösungsvorschläge für den Staatsrat als Leiter der Katastrophenabwehr,
- steuert die erteilten Aufträge und überwacht ihre Ausführung,
- erschließt bei Bedarf zusätzliche Ressourcen,
- hält Kontakt zu den beteiligten Stellen und den gegebenfalls betroffenen Nachbarländern,
- leitet die zentrale Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und veranlasst bei Bedarf
- die regionale bzw. überregionale Warnung und Information der Bevölkerung,
- die Einrichtung einer Personenauskunftsstelle sowie
- den Betrieb eines Bürgertelefons.
Neben der Behörde für Inneres und Sport nehmen die Senatskanzlei und die Fachbehörden, die für die Bereiche
- Umwelt, Klima und Energie,
- Gesundheit und Verbraucherschutz,
- Wirtschaft und Hafen sowie
- Verkehr
zuständig sind, sowie die Bezirksämter besondere Aufgaben sowohl im Einsatz als auch im Rahmen der Planungen zum vorbeugenden Katastrophenschutz wahr.
Fachstäbe
Bei den zuständigen Fachbehörden werden im Einsatzfall Fachstäbe gebildet. Diese beraten den ZKD unter anderem zu folgenden Aufgabengebieten:
- Gesundheitswesen und Krankenhäuser
- Versorgungssicherheit (Energie, Trinkwasser, Lebensmittel usw.)
- Entsorgungssicherheit (Abwasser, Müll)
- Deichbau und Hochwasserschutz
- Betrieb von Brücken, Tunneln und Straßen
- Gewässer- und Umweltschutz
- Kerntechnik
- Gefahrgüter in produzierenden, umschlagenden und lagernden Betrieben
- Schiffs- und Luftverkehr
Regionale Katastrophenschutzstäbe
Die RKD - die Regionalen Katastrophendienststäbe der Bezirksämter - sind für alle Planungen und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bevölkerung zuständig.
Sie gewährleisten
- die regionale Warnung und Information sowie
- die Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Bevölkerung bei Räumungen und / oder Evakuierungen.
Die Abwehrpotenziale
Hamburgs Abwehrpotentiale fußen auf zwei Säulen. Zum Einen sind das die Potenziale der hauptamtlichen Sicherheitsbehörden Polizei und Feuerwehr. Neben diesen stellen diverse Hilfsorganisationen ihre Einsatzkräfte und ihr Einsatzmaterial für die Mitwirkung in der Katastrophenabwehr zur Verfügung.
Einsatzkräfte
Mit rund 9.000 Beschäftigten bilden die Kräfte des täglichen Dienstes von Feuerwehr und Polizei die Basis für eine effektive Gefahrenabwehr in der Freien und Hansestadt Hamburg.
Unterstützt werden diese Einsatzkräfte durch Fachleute der anderen Katastrophenschutzbehörden sowie durch ehren- und hauptamtliche Kräfte der Freiwilligen Feuerwehren, der Hilfsorganisationen, der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, der Hamburger Deichwacht und der Bundeswehr.
Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sind fester und unverzichtbarer Bestandteil der hamburgischen Katastrophenabwehr und in die bestehenden Planungen entsprechend eingebunden.
- Feuerwehr
- Berufsfeuerwehr
- Freiwillige Feuerwehren
- Arbeiter-Samariter-Bund (ASB)
- Bezirksämter
- Kriminalpolizei
- Schutzpolizei
- Wasserschutzpolizei
- Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG)
- Deutsches Rotes Kreuz (DRK)
- Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH)
- Malteser Hilfsdienst (MHD)
- Hamburger Deichwacht
- Fachbehörden
- Bundeswehr
- Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)
Die Feuerwehr
Folgende Maßnahmen führt die Feuerwehr im Katastrophenschutz durch:
- Stellung von Einsatzpersonal der Berufsfeuerwehr (BF) und der Freiwilligen Feuerwehr (FF) für die Gefahrenabwehr in den Bereichen der Brandbekämpfung, der technischen Hilfeleistung, des Rettungsdienstes, der Gefahrstoffbekämpfung und der Deichverteidigung
- Mitarbeit in verschiedenen Gremien der Katastrophenschutzplanung z.B. Deichverteidigung, Strahlenschutz, Gefahrstoffe etc.
- Mitarbeit bei der Planung und Durchführung von Katastrophenschutz-Übungen z.B. Praktische Deichverteidigungsübung, Stabsrahmenübungen etc.
- Besetzung im Einsatzfall von Stäben zur Gefahrenabwehr z.B. Technische Einsatzleitungen in der Deichverteidigung (TEL/DV) und die Feuerwehreinsatzleitung (FEL) etc.
- Entsendung von Fachberatern und Verbindungsbeamte in Stäbe anderer Behörden, Ämter und Landkreise z.B. Führungsstab der Polizei, Hafenstab etc.
- Personalplanungen der BF und FF für verschiedene Schadenslagen
- Führen von internen Alarmkalendern für Stabspersonal
- Einsatzplanungen mit allen mitwirkenden Organisationen z.B. Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Deichwacht und Bundesanstalt Technisches Hilfswerk
Die Polizei
Die Polizei sorgt für den Schutz der Bevölkerung. Dabei arbeitet sie eng mit der Feuerwehr zusammen. Der oder die Schadensorte werden geräumt und freigehalten. Sie ist außerdem zuständig für das Warnen der gefährdeten Bevölkerung. Dazu nutzt sie das Modulare Warnsystem MoWaS, über dessen Warnkanäle die Bevölkerung gewarnt wird. Außerdem können vor Ort Lautsprecherdurchsagen zum Einsatz kommen oder die Einsatzkräfte informieren die Menschen direkt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des zuständigen Bezirksamtes übernehmen diese Aufgabe von der Polizei, sobald sie ihre eigenen Strukturen aufgebaut haben.
Rund um den oder die Schadensort(e) übernimmt die Polizei die Verkehrsregelung und hält die Rettungswege frei. Speziell ausgebildete Spürtrupps der Polizei stehen im Bedarfsfall zur Messung von Schadstoffkonzentrationen bereit. Je nach Schadensfall übernimmt die Kriminalpolizei nach Abschluss der Rettungsarbeiten die Ermittlungen zur Schadensursache. Dies ist zum Beispiel bei einem Flugunfall oder Bahnunfall erforderlich.
In Hamburg gibt es eine Zentrale Auswerte- und Meldestelle (ZAM), die bei der Polizei angesiedelt ist. Bei Entweichen von Radioaktivität werden hier zentral Messdaten gesammelt, ausgewertet und weitergeleitet.
Im Schadensfall muss leider auch mit verletzten, vermissten, evakuierten oder getöteten Personen gerechnet werden. Die Polizei richtet in solchen Fällen eine Personenauskunftsstelle (PASt) ein. Für die Angehörigen wird ein Bürgertelefon eingerichtet. Die Telefonnummer wird bei Bedarf über die Medien bekanntgegeben. Angehörige und Verletzte werden durch die Hilfsorganisationen psychologisch betreut.
Aufgaben der Einsatzkräfte vor Ort
Das vielfältige Aufgabenspektrum der Einsatzkräfte umfasst:
- Deichverteidigung
- Warnung und Information der Bevölkerung
- Bereitstellung und Betrieb von Notunterkünften
- Betreuung und Versorgung der Bevölkerung
- Registrierung
- Personenauskunft
- Gesundheitsschutz / Impfungen
- Retten von Menschen
- Bergen von Sachen
- Technische Schadensbekämpfung
- Brandbekämpfung
- Messen und Spüren
- Dekontamination
- Verkehrslenkung und –regelung
- Ermittlung der Ursachen
Planungen für den konkreten Einzelfall
Auf folgende mögliche Szenarien haben sich die Hamburger Behörden vorbereitet und Richtlinien erstellt, die das Zusammenwirken aller Beteiligten im Ernstfall regeln:
- Sturmflut
- Ölunfall
- Störfälle in Betrieben, von deren Anlagen Gefahren ausgehen können (z.B. Raffinerien)
- Flugunfall
- Bahnunfall
- Gentechnik
- Freisetzung von giftigen Gasen
- Pandemie
- Biogefahren
- Terroranschläge
Selbstverständlich können die vorhandenen Planungen für bestimmte Ereignisse nicht alle denkbaren Gefahren abdecken. Sie orientieren sich daher an dem für Hamburg definierten Risikopotenzial und der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens.
Besonders umfassend vorgeplant sind sämtliche Maßnahmen, die im Fall einer Sturmflut von den Katastrophenschutzbehörden zu veranlassen sind.
Üben für den Ernstfall
Glücklicherweise kommt es im Katastrophenschutz nur selten zu Einsätzen.
Um alle Beteiligten auf mögliche Einsätze vorzubereiten, führt die Behörde für Inneres und Sport regelmäßig Katastrophenschutzübungen durch, bei denen die Übenden die Zusammenarbeit trainieren.
Zugleich dienen die Übungen der Überprüfung vorhandener Planungen auf Zweckmäßigkeit, Vollständigkeit und Handhabbarkeit. Die Übungen finden zum Teil gemeinsam mit anderen Bundesländern statt.
Neben der Behörde für Inneres und Sport führen auch die übrigen Katastrophenschutzbehörden eigenständige Übungen durch.
Die für den Hochwasserschutz zuständige Behörde* und die hochwassergefährdeten Bezirke üben jährlich im Herbst mit ca. 500 ehrenamtlichen Kräften sämtliche Maßnahmen, die zur Verteidigung und Sicherung der Deiche bei Sturmfluten zu ergreifen sind.
Unter Leitung der Feuerwehr Hamburg finden Übungen z. B. zur Erstversorgung und Dekontamination statt und die Hilfsorganisationen veranstalten eigene Übungen und Schulungen.
Siehe auch Thema Übungen.
* Zuständig für den öffentlichen Hochwasserschutz ist die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft. Die Aufgaben (Bau, Erhaltung und Verteidigung) werden vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer wahrgenommen. Für den privaten Hochwasserschutz im Hafen ist die Hamburg Port Authority die Aufsichtsbehörde.
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