Der Senat hat daher jetzt die Verleihung für die Jahre 2019-2021 beschlossen und wird diese im kommenden Jahr überreichen. Dem Preisträger für das Jahr 2019, dem Künstler Alexander Rischer, wird der Preis am 11. April 2022 im Barlach Haus übergeben. Die Preisträgerinnen und Preisträger für die Jahre 2020 und 2021, das Kollektiv Jochen Schmith und die Künstlerin Nana Petzet, werden zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines Senatsempfangs geehrt.
Mit Alexander Rischer, Jochen Schmith und Nana Petzet werden drei künstlerische Positionen gewürdigt, die in Hamburg besonders präsent sind. Ihre Kunst verfolgt dabei jeweils eine unverwechselbare Ästhetik und Methodik. Alexander Rischers Fotografien waren bereits an vielen Hamburger Ausstellungsorten zu sehen, so zum Beispiel im Kunsthaus und in der Galerie für Landschaftskunst. Das Kollektiv Jochen Schmith sorgte unter anderem für Aufsehen mit einer konzeptuellen Arbeit, als sie sich auf Kunstmessen dem Sammeln der Überreste von Zigarren widmeten, die sie dann in Bronze gegossen haben. Nana Petzet erarbeitete zum Beispiel von 2008 bis 2011 eine Kartierung des bedrohten Hafenbiotops „Peutegrund“. Sie dokumentierte die Tier- und Pflanzenwelt mit filmischen Mitteln und ließ sich dabei fachlich von Biologen beraten.
Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Der Edwin-Scharff-Preis wird seit mehr als 60 Jahren vom Hamburger Senat vergeben. Er ehrt jährlich bildende Künstlerinnen und Künstler, deren Werke das Kulturleben der Stadt Hamburg nachhaltig prägen. Der Preis macht sichtbar, wie wichtig die kreative Energie von Künstlerinnen und Künstlern für unsere Stadtgesellschaft ist. Auch in Zeiten der Pandemie möchten wir diesen wichtigen Beitrag der Kunst und Kultur für unser gesellschaftliches Zusammenleben auszeichnen. Mit Alexander Rischer, Jochen Schmith und Nana Petzet werden drei ganz unterschiedliche künstlerische Ausdrucksweisen mit dem Edwin-Scharff-Preis geehrt, die seit vielen Jahren das kulturelle Leben in Hamburg maßgeblich mit prägen. Sie beziehen Stellung, ecken an und öffnen uns so neue Sichtweisen. Dafür danke ich allen sehr und gratuliere zum Edwin-Scharff-Preis.“
Preisträgerinnen und Preisträger
Zu Alexander Rischer heißt es in der Begründung der Jury: „Mit Alexander Rischer (*1968 in Hamburg) würdigt die Jury einen Künstler, dessen Werk seit rund 25 Jahren nicht nur eine unverwechselbare Ästhetik und Methodik verfolgt, sondern konsequent die Wahrnehmung von kulturellem Erbe hinterfragt, insbesondere von Leerstellen und Unvollkommenheiten im urbanen Raum. (…) Alexander Rischer ist zeitlebens mit Hamburg verbunden, so studierte er an der Universität Hamburg und an der HFBK, war von 1995 bis 2001 Kurator in dem von Künstlern betriebenen Ausstellungsraum KX. Kunst auf Kampnagel, erhielt 2002 das Hamburger Arbeitsstipendium und hatte von 2008 bis 2014 einen professoralen Lehrauftrag für Fotografie an der HFBK inne, neben anderen Lehrtätigkeiten an der HAW Hamburg sowie in Berlin, Leipzig und Köln. (…) Seit Mitte der neunziger Jahre hat Rischer nicht nur an fast allen Kunst-Orten der Stadt ausgestellt, sondern auch als Künstler, Musiker und Autor in teils langjährigen Projekten mit zahlreichen Hamburger Künstlerinnen und Künstlern zusammengearbeitet.“
Die Jury sagt über das Künstlerkollektiv Jochen Schmith: „Jochen Schmith haben an der Hochschule für bildende Künste Hamburg studiert und leben und arbeiten bis heute in Hamburg und von Hamburg aus. Bereits während ihres Studiums wurden sie zur Teilnahme an zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen eingeladen, erhielten Stipendien, wie 2011 den einjährigen Aufenthalt im WIELS residency program in Brüssel, oder Auszeichnungen, wie den Hamburger Lichtwark Förderpreis (2017); sie lehrten und lehren als Gastprofessor:innen, u. a. an der HFBK Hamburg und der HGB Leipzig. Mit dem Edwin-Scharff-Preis wird aber nicht nur ein besonders überzeugendes künstlerisches Werk geehrt, sondern auch Jochen Schmiths einflussreiche Präsenz im Hamburger Kulturgeschehen.
Jochen Schmith untersuchen gesellschaftliche Rituale und öffentliche Räume darauf hin, wie sich Präsentationsformen mit Macht- und Herrschaftsstrukturen kurzschließen. Die Medien, in denen sie ihre Beobachtungen künstlerisch materialisieren, sind vielfältig und leiten sich aus den jeweils analysierten Bedingungen ab – Bedingungen des Ausstellens in Kunstinstitutionen wie allgemeiner solche gesellschaftspolitischer und ökonomischer Prozesse. Oftmals entwickeln sie Module und Markierungen, die in ihrer Kombination einen anderen Raum und andere Verhältnisse vorstellbar machen.“
In der Jurybegründung zu Nana Petzet heißt es: „Seit den 1990er Jahren hat Nana Petzet unzählige regionale und internationale Projekte zur Artenvielfalt und Nachhaltigkeit entwickelt und realisiert, die sie selbst unter dem Begriff Sammeln – Bewahren – Forschen fasst. Als Konzeptkünstlerin beschäftigt sie sich seit vielen Jahren mit gesellschaftspolitischen Fragen von Ökologie, Geschichte und Material in einem erweiterten Sinne. (…) Von Anfang an dokumentieren die Projekte Petzets Interesse daran, wie sich Kunst und Wissenschaft gegenseitig in inhaltlichen und ästhetischen Strukturen und Fragestellungen durchdringen und unterstützen können. Ihre kooperativen Projekte mit Wissenschaftler:innen zeigen eine Kunst, die spezifisch ortsbezogen arbeitet und drängende Fragestellungen verhandelt. (…) Als Künstlerin, die in Hamburg lebt und viele Ihrer Projekte hier verwirklichte und mit zahlreichen Künstler:innen, Wissenschaftler:innen und Institutionen zusammenarbeitete, leistet sie mit ihrem Werk seit langem auch einen großen, kritischen Beitrag für die Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Hamburg. (…)“
Die Jurymitglieder
Zur Jury 2019 gehörten Goesta Diercks (Sammlungsleiter Sammlung Falckenberg), Wolf Jahn (Journalist), Dr. Dirk Luckow (Direktor Deichtorhallen), Lene Markusen (Künstlerin), Linda McCue (Edwin-Scharff-Preisträgerin 2009), Sylvia Schultes (Künstlerin) und Julia Sökeland (Betreiberin der Video-Kunst-Plattform „blinkvideo“).
Zur Jury 2020 gehörten Thomas Baldischwyler (Preisträger 2017), Florian Hüttner (Bildender Künstler), Prof. Hanne Loreck (Professorin an der HfbK), Bettina v. Dziembowski (Kuratorin/Künstlerische Leiterin Kunstverein Springhornhof), Eske Schlüters (Bildende Künstlerin), Stefanie Kleefeld (Direktorin Kunsthalle und Kunstmuseum Bremerhaven), Christoph Rauch (Bildender Künstler).
Zur Jury 2021 gehörten Geelke Gaycken (Bildende Künstlerin), Belinda Grace Gardner (Kunst- und Literaturwissenschaftlerin), Prof. Dr. Petra Lange-Berndt (Prof. an der Universität Hamburg), Michaela Melián (Preisträgerin 2018), Linda McCue (Bildende Künstlerin), Stefan Sandrock (Bildender Künstler), Ingeborg Wiensowski (Kunstkritikerin/Galeristin Berlin).
Der Edwin-Scharff-Preis
Der Edwin-Scharff-Preis wird seit 1955 an bildende Künstlerinnen und Künstler verliehen, die in Hamburg und Umgebung leben und „deren Werke unter dem Anspruch, den der Namensgeber des Preises setzt, Auszeichnung verdienen“ (Satzung). Über die Verleihung entscheidet eine Fachjury, die vom Senat berufen wird. Der Namensgeber des Preises, Edwin Scharff, gilt als einer der bedeutendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts. 1887 in Neu-Ulm geboren, wurde er in der Nachkriegszeit an die Landeskunstschule nach Hamburg berufen, wo er bis zu seinem Tod lebte und arbeitete. Frühere Preisträgerinnen und Preisträger sind unter anderem Hanne Darboven, Franz Erhard Walther, Anna und Bernhard Blume sowie Daniel Richter. Der Preis ist seitens der Stadt mit 7.500 Euro dotiert und wird für die Jahre 2019-2021 durch die Haspa aufgestockt.