Der Senat hatte vor einem Jahr beschlossen, an der Ecke Neuer Jungfernstieg / Lombardsbrücke einen Denk-Ort für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu realisieren. Der Beschluss geht zurück auf das Engagement der zivilgesellschaftlichen Initiative „Denk-mal sexuelle Vielfalt“. Nach mehreren Werkstatttagen mit Vertreter*innen der Hamburger LSBTIQ*-Communitys im Rahmen eines breit angelegten Beteiligungsverfahrens hatte die Behörde für Kultur und Medien Anfang des Jahres einen künstlerischen Wettbewerb zur Realisierung des Denk-Ortes international ausgeschrieben. Am 17. Juli tagte das Preisgericht unter dem Vorsitz von Dr. Martin Eichenlaub von der Initiative „Denk-mal sexuelle Vielfalt“. Dieses prämierte den Entwurf „Für Capri und Roxi“ der Künstlerinnen Franziska Opel und Hannah Rath mit dem ersten Preis und empfahl ihn zur Realisierung. Der zweite Preis ging an den „Pavillon der Stimmen“ von Studio Other Spaces, bestehend aus Sebastian Behmann und Ólafur Elíasson.
Da die Initiative zu dem Denk-Ort maßgeblich aus den Reihen der LSBTIQ*-Communitys kam und mit dieser auch alle Schritte des Wettbewerbs eng abgestimmt wurden, hat die Behörde für Kultur und Medien das Wettbewerbsergebnis auch mit den Beteiligten diskutiert. Ziel war es dabei, gute Voraussetzungen für eine breite Akzeptanz des Denk-Ortes zu schaffen und die Beteiligung fortzuführen, die den Prozess von Anfang an prägte. Dabei wurde die große Qualität der prämierten Arbeiten sehr gelobt. In dem eingeholten Stimmungsbild sprachen sich die Teilnehmer*innen einstimmig für die Realisierung des zweitprämierten „Pavillons der Stimmen“ von Studio Other Spaces, Sebastian Behmann und Ólafur Elíasson, aus. Dieser hat nach Ansicht der Vertreter*innen der Communitys das gewünschte Ziel des Denkortes am besten umgesetzt, nicht nur ein deutliches Zeichen für Respekt und Anerkennung von Vielfalt zu setzen, sondern auch einen prominent sichtbaren Raum für alle Personen der LSBTIQ*-Communitys zu schaffen, der zu Begegnung und Akzeptanz einlädt. Außerdem schafft der Entwurf einen sichtbaren und anpassbaren Raum für alle Personen der Communitys. Die Behörde für Kultur und Medien hat daher entschieden, unter Berücksichtigung sowohl des Juryergebnisses als auch des Dialogs mit der LSBTIQ*-Community, den „Pavillon der Stimmen“ von „Studio Other Spaces“, Sebastian Behmann und Ólafur Elíasson, zu realisieren. Die konkrete Umsetzung wird nun mit allen Beteiligten und unter Berücksichtigung der städtebaulichen und denkmalpflegerischen Besonderheiten dieses Ortes besprochen und geplant. Für die Realisierung des Denk-Orts steht ein Gesamtbudget von bis zu 300.000 Euro zur Verfügung.
Kulturstaatsrätin Jana Schiedek: „Die große Qualität der eingereichten Entwürfe macht auch die große Bedeutung eines solchen Denk-Ortes deutlich. Ich danke allen Künstler*innen, die sich beteiligt haben, der Jury, die sich sehr fundiert mit den Einreichungen befasst und nach intensiven Diskussionen die Preise vergeben hat, und ich danke den Vertreter*innen der LSBTIQ*-Communitys, die den Prozess seit vielen Jahren so engagiert und konstruktiv begleiten und sich intensiv mit dem Jury-Ergebnis auseinandergesetzt haben. Die sehr guten Entwürfe haben eine Entscheidung nicht leicht gemacht. Ein Ergebnis des Beteiligungsprozesses war auch, dass an der Alster ein Ort entstehen soll, der sowohl künstlerisch überzeugt als auch Raum für alle Personen der LSBTIQ*-Communitys schafft und zu Begegnung und Akzeptanz einlädt. Unter Abwägung dieser unterschiedlichen Interessen haben wir uns dazu entschieden, den ‚Pavillon der Stimmen‘ zu realisieren. Damit berücksichtigen wir sowohl das Ergebnis der Jury, die diesen aus den insgesamt 14 Einreichungen mit dem zweiten Platz bedacht hat, als auch das eindeutige Votum der Community. Hamburg kann stolz sein, bald an prominenter Stelle zu zeigen, dass wir für Vielfalt und Toleranz stehen und die Stadt kann sich auf einen Ort freuen, der dies selbstbewusst und einladend deutlich macht.“
Dr. Martin Eichenlaub, Initiative Denk.mal sexuelle Vielfalt und Vorsitzender der Jury des Preisgerichts: „Das Preisgericht hat aus 14 bemerkenswerten Entwürfen zwei mit einem Preis ausgezeichnet. Doch welchen Sinn hat eine künstlerische Gestaltung eines Ortes ohne die Akzeptanz derjenigen, um die es bei dem Ort geht? Beim Denk-Ort-Dialog hat sich die vielfältige, Hamburger queere Community einstimmig für einen von zwei prämierten künstlerischen Entwürfen ausgesprochen und klar gemacht, mit welcher künstlerischen Gestaltung sie sich identifizieren kann und welche dem von ihr erstellen Ausschreibungstext am ehesten entspricht. Allen war wichtig, die Gesamtheit der queeren Community einzubeziehen. Damit hat sich der partizipative Prozess des Denk-Ort-Prozesses fortgesetzt. Beeindruckt hat mich das große Engagement aller am gesamten Prozess Beteiligten. Ich bin überzeugt, dass der Denk-Ort ein Ort wird, der Menschen mit Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt zusammenbringt.“
Bei dem von der Jury mit dem ersten Platz ausgezeichneten Entwurf von Franziska Opel und Hannah Rath handelt es sich um eine metallene Skulptur in bläulich-violetter Farbe, die wie eine Luftschlange geformt ist und sich auf elf Metern Länge an dem geplanten Denk-Ort an der Binnenalster erstrecken soll. Der Entwurf erinnert an das 1960 vom Bezirksamt Mitte erlassene „Tanzverbot“, das es schwulen Männern untersagte, in den lokalen Szenetreffs miteinander zu tanzen. Dies war eine Hamburger Besonderheit, denn ein vergleichbares Verbot gab es andernorts nicht. Mit „Für Capri und Roxi“ präsentierten die Künstlerinnen einen Entwurf, der stellvertretend für die Repression der LSBTIQ* Community im gesellschaftlichen und rechtlichen Raum steht und dieser ein sichtbares Zeichen entgegensetzen soll.
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Sebastian Behmann und Ólafur Elíasson (Studio Other Spaces) präsentieren mit ihrem Entwurf einen „Pavillon der Stimmen“, der aus einem 12 Meter durchmessenden Ring aus bunten Glasfliesen besteht. Dieser Ring wird von einer Edelstahlkonstruktion in 3,5 Meter Höhe getragen. Die Glasfliesen zeigen ein Farbrad, das alle Farbtöne der bestehenden Pride-Fahnen abstrahiert. Die Künstler stellen sich diesen Pavillon als einen öffentlichen Raum vor, der für Versammlungen und zum Gedenken genutzt werden soll. Lautsprecher werden die Stimmen aus den LSBTIQ* Communitys durch Tonspuren hörbar machen und ihre Vielfalt repräsentieren.
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Anerkennungen vom Preisgericht erhielten die Entwürfe „HEISSE PLATTE: DANCING TO REMEMBER“ von Niclas Riepshoff, He Shen und Juan Barcia Mas und „EIN JUBELN UND JAUCHZEN DRINGT AUS DEN BÜSCHEN“ von - Axel Loytved, Franziska Nast, Malte Struck und Sebastian Rohrbeck (Kunstverein St. Pauli).
Im März 2024 hatte eine Auswahlkommission aus insgesamt 149 eingegangenen Bewerbungen folgende 15 Künstler*innen und Teams zur Teilnahme am Wettbewerb ausgewählt:
Fadi Aljabour; Amstad / Eknæs / Vergueiro (Michael Amstad, Marte Eknæs und Nicolau Vergueiro); Monica Bonvicini; Adam Nathaniel Furman + Transit Architektinnen, Diana Felber und Laura Bracke; Selma Gültoprak; Philipp Gufler; Lena Henke; Stefan Kern; Kunstverein St. Pauli, Axel Loytved, Franziska Nast, Malte Struck und Sebastian Rohrbeck; Niclas Riepshoff mit He Shen und Juan Barcia Mas; Toni Schmale; Hannah Rath und Franziska Opel; Studio Other Spaces, Sebastian Behmann und Ólafur Elíasson; Viron Erol Vert; Phillip Zach