Rechtsgrundlage stellt das Hamburgische Archivgesetz (HmbArchG) dar. Soweit keine anderen Rechtsvorschriften bestehen, sollte die Anbietung spätestens 30 Jahre nach Entstehung der Aufzeichnungen erfolgen. Die Anbietungspflicht umfasst alle analogen und alle digitalen Aufzeichnungen. Zu den digitalen Aufzeichnungen zählen u.a. E-Akten, Fachverfahren, individuelle Dateiablagen, E-Mails, Fotos und Videos.
Für Aufzeichnungen, die personenbezogene Angaben enthalten, ergibt sich die Pflicht zur fortlaufenden Aussonderung u.a. auch aus § 4 HmbDSG (HmbDSG vom 18. Mai 2018) und bereichsspezifischen datenschutzrechtlichen Regelungen wie dem Sozialgesetzbuch (SGB).
Auch diese Aufzeichnungen sind dem Staatsarchiv im Sinne des § 3 Absatz 2 S. 1 Nr. 1 HmbArchG (HmbArchG vom 21.01.1991) vor der Löschung anzubieten.
Durch zeitgerechte Aussonderung aller Aufzeichnungen wird ein maßgeblicher Beitrag zur Überlieferung und zum langfristigen Erhalt wertvollen Kulturguts für die Freie und Hansestadt Hamburg geleistet.
Außerdem bietet eine Aussonderung die Vorteile eines ressourcenschonenderen Einsatzes von Speicherkapazitäten sowie einer gesteigerten Übersichtlichkeit über vorliegende Aufzeichnungen, die eine effiziente Aufgabenwahrnehmung unterstützt.
Aussonderung aus E-Akten-Systemen
Für elektronisch geführte Akten werden zu einem bestimmten Stichtag alle Aktenzeichen mit abgelaufenen Aufbewahrungsfristen ermittelt und dem Staatsarchiv zur Bewertung angeboten.
Die Stichtage und der Aussonderungsturnus werden zwischen dem Staatsarchiv und den aussondernden Stellen festgelegt.
Das Staatsarchiv wählt die archivwürdigen Aufzeichnungen aus. Hierzu benötigt es einen lesenden und ggf. schreibenden Zugriff auf das E-Akten-System, in dem die Aufzeichnungen geführt werden, um die konkreten Inhalte sichten und die Bewertungsentscheidung bedarfsweise unmittelbar hinterlegen zu können.
Die Ablieferung digitaler Aufzeichnungen aus E-Akten-Systemen erfolgt in der Regel über spezielle Schnittstellen zur Aussonderung oder das interne Netzwerk. Die Überführung elektronischer Aufzeichnungen in archivfähige Formate (z. B. PDF/A) stimmt die abgebende Stelle mit dem Staatsarchiv ab.
Entsprechend der jeweils gültigen Aufbewahrungsbestimmungen und den datenschutzrechtlichen Löschvorschriften dürfen die angebotenen Aufzeichnungen nach einer erfolgreichen Übernahme in das Staatsarchiv grundsätzlich nicht länger vorgehalten werden und sind zu löschen.
Jede eigenmächtige Löschung von Unterlagen ohne vorherige Genehmigung des Staatsarchivs ist grundsätzlich gesetzeswidrig.
Aussonderung aus Fachverfahren
Der archivgesetzlich geregelte Unterlagenbegriff erstreckt sich neben den E-Akten u.a. auch auf die Fachverfahren, welche damit gemäß HmbArchG ebenfalls der Anbietungspflicht unterliegen. Die Aussonderung aus Fachverfahren unterscheidet sich im Ablauf von der Aussonderung aus einem E-Akten-System. Die in Fachverfahren geführten Aufzeichnungen verfügen im Regelfall über keinen den E-Akten vergleichbaren Lebenszyklus, der bestimmte Aussonderungszeiträume nahelegen würde. Aus diesem Grund ist eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem Staatsarchiv zwecks Festlegung eines Aussonderungsverfahrens, welches einer aktiven Planung bedarf, nötig.
Bei der Aussonderung aus bereits bestehenden Verfahren ist zunächst eine Bekanntgabe der eingesetzten Fachverfahren mit möglichst genauem Dokumentationsmaterial (Anwenderhandbücher, Datenbankmodelle etc.) an das Staatsarchiv erforderlich. Dabei ist mindestens eine Einsichtnahme und Kenntnis der Datenbankstruktur erforderlich.
Basierend auf den Informationen zu Verwendung, Inhalten und entstehenden Aufzeichnungen sowie ggf. mittels eines lesenden Zugriffs entscheidet das Staatsarchiv über die Archivwürdigkeit der einzelnen Fachverfahren. Nur für Fachverfahren, die archivwürdige Informationen beinhalten, sind weitere Maßnahmen zu ergreifen.
Für diese sind im Folgenden die Aussonderungsmodalitäten zu vereinbaren. Dazu zählen neben der Festlegung der konkret auszusondernden Aufzeichnungen und Metadaten auch eine Abstimmung entsprechender Formate (siehe Formatkatalog) und Standards, Aussonderungszyklen sowie Übertragungswege. Maßgeblich vereinfacht wird dieser Prozess durch das Vorhandensein einer Aussonderungsschnittstelle, welche die archivischen Anforderungen berücksichtigt und bestenfalls bereits vor bzw. im Zuge der Einführung neuer Verfahren abgestimmt wurde, sodass weitere Aufwände und Ressourcen eingespart werden können. Für den Fall, dass keine Aussonderungsschnittstelle bestehen sollte, treten Sie bitte mit dem Staatsarchiv in Kontakt.
Nach Festlegung der Aussonderungsmodalitäten werden üblicherweise Testläufe durchgeführt, in deren Rahmen es zu weiteren Nachbesserungen kommen kann. Anschließend wird eine Übergabevereinbarung mit den zuvor abgestimmten Modalitäten getroffen. Von diesem Zeitpunkt an finden die im festgelegten Turnus automatisiert ablaufenden Übergaben an das Staatsarchiv mit anschließender Löschfreigabe statt.
Bestehen Planungen zum Einsatz neuer Verfahren, kann in Abstimmung mit dem Staatsarchiv bereits im Vorwege eine Aussonderungsschnittstelle definiert werden, sodass die folgenden Übernahmen komplikationsfrei ablaufen können.
Insgesamt erfordert der Bereich der digitalen Übernahmen eine intensive Kommunikation zwischen den abgebenden Stellen und dem Staatsarchiv, um reibungslose Aussonderungen und damit die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben garantieren zu können.
Gerne berät das Staatsarchiv Sie bei der Einführung neuer Systeme und der für die Aussonderung relevanten Komponenten sowie bei der Aussonderung aus bereits bestehenden Systemen. Wenden Sie sich dazu gerne an: grundsatz-staatsarchiv@bkm.hamburg.de