Das Welterbekomitee begründet die Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste damit, dass es sich bei Speicherstadt und Kontorhausviertel um „ein hervorragendes Beispiel“ von Gebäuden und Ensembles handelt, „die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Menschheits-Geschichte versinnbildlichen.“
Der außergewöhnliche universelle Wert der beiden monofunktionalen, aber sich ergänzenden Gebiete, kommt in der zwischen 1885 bis 1927 errichteten „Stadt aus Speichern“ mit ihrem Verbindungsnetz aus Straßen, Kanälen und Brücken sowie in der modernen Backsteinarchitektur der Bürohauskomplexe für hafenrelevante Nutzungen aus den 1920er bis 1950er Jahren zum Ausdruck.
Hamburg war und ist eine dynamische Hafen- und Handelsmetropole, die sich in einem ständigen Veränderungsprozess befindet. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde mit dem Bau der Speicherstadt ein Transformationsprozess eingeleitet, in dessen Folge Hamburg sich von einer Stadt mit durchmischten Wohn-, Kaufmanns- und Arbeitsquartieren zu einer modernen City mit Dienstleistungsvierteln entwickelte.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dieser Prozess unter anderem mit dem Bau des Kontorhausviertels fortgesetzt. Ergebnis sind die Speicherstadt und das angrenzende Kontorhausviertel, zwei dicht bebaute zentrale Stadtquartiere in der deutschen Hafenstadt Hamburg.
Das als zentrales Lagerhausviertel des Hamburger Hafens errichtete Quartier entstand zwischen 1883 und 1927 als größtes und modernstes Logistikzentrum seiner Zeit und erstreckt sich über eine Länge von 1,1 Kilometer. Anlass zum Bau der Speicherstadt war der für 1888 vereinbarte Anschluss Hamburgs an das Reichszollgebiet. Als Ausgleich wurde der Freihafenbereich geschaffen. Maßgebend für die Planungen war der städtische Oberingenieur Franz Andreas Meyer. Die Speicherstadt, die in ihrer Konstruktionsweise und Ausstattung Maßstäbe setzte, zeichnet sich durch eine hohe architektonische und städtebauliche Geschlossenheit aus: Sie wurde einheitlich mit roten Backsteinfassaden, überwiegend in den neogotischen Formen der „Hannoverschen Bauschule“, errichtet. Besonders ist der repräsentative Charakter der vorwiegend funktionalen Gebäude, der auch der Nähe zur Altstadt geschuldet ist. Darin und in ihrer Größe unterscheidet sich die Speicherstadt erheblich von Lagerhauskomplexen anderer Hafenstädte. Aufgrund des behutsamen Wiederaufbaus nach den Zerstörungen des 2. Weltkrieges ist sie heute das größte zusammenhängende, einheitlich geprägte Speicherensemble der Welt.
Sämtliche Blöcke in der Speicherstadt stehen auf Pfahlgründungen aus 12 Meter langen Nadelholzstämmen. Die Blöcke sind in Skelettbauweise errichtet, um möglichst ungeteilte und somit flexibel nutzbare Flächen zur Verfügung stellen zu können. Im Laufe des Baufortschritts wurden unterschiedliche Materialien für die inneren Stützen getestet: Holz, Gusseisen und Eisenbeton. Bedingt durch die Vorgaben von Franz Andreas Meyer hat sich die Speicherstadt in einem einheitlichen, durch die Vielzahl der beteiligten Architekten dennoch abwechslungsreichen, architektonischen Charakter entwickelt, der von weitem an ein mittelalterliches Stadtbild erinnert.
Das „Rathaus“ der Speicherstadt
Bei St. Annen 1
Der westliche Auftakt des Blocks U an der Straße St. Annen wird von dem von 1902 bis 1904 nach Plänen der Architekten Hanssen & Meerwein errichteten fünfgeschossigen Gebäude gebildet, das als Verwaltungszentrale der Hamburger Hafen und Logistik AG dient. Es setzt sich durch seine Gestaltung in Formen der Renaissance, teils auch der Spätgotik, und durch einen großen Uhrenturm von den weiteren Gebäuden der Speicherstadt ab. Es erinnert an Rathausbauten der Zeit. Seiner Funktion und Ähnlichkeit verdankt der Bau seinen Spitznamen.
Der weitgehend erhaltene Bereich des ersten Bauabschnitts ist 600 m lang und wird im Westen von der Straße Kehrwiedersteg, im Osten von der Straße Kannengießerort und der Neuerwegsbrücke begrenzt. Besonders eindrucksvoll ist Block E, der sich zwischen Sandbrücke und Kibbelsteg befindet. Die nordwestliche, abgeschrägte Ecke zur Brooksbrücke hin wird durch ein zusätzliches Geschoss mit vorkragendem Balkon und einem hohen wappengeschmückten Giebel hervorgehoben. Das erste und das zweite Obergeschoss werden durch Bänder aus grünen Glassteinen betont. Dieser Gebäudeteil war vor allem für Büros gedacht, wie man an den großen Fenstern ablesen kann.
Block P und Q/R (1891-1896)
Kannengießerort 7
Der zweite Bauabschnitt besteht nur aus den Blöcken P und Q/R. Die Speicher Q/R hat man statt mit den üblichen steilen Satteldächern mit Flachdächern errichtet, wodurch es gelang 8 statt der üblichen 6 Geschosse unterzubringen. Der nördlich des Wandrahmfleets gelegene Block P ist im Krieg beschädigt und eng am historischen Vorbild wiederaufgebaut worden. Die östliche Giebelseite gestaltete Werner Kallmorgen in Formen der Nachkriegsmoderne aus Trümmersteinen, wobei sich die Fassade in die Nachbarbebauung harmonisch einfügt.
Block V (1899-1927)
Brooktorkai 13
Der dritte Bauabschnitt reicht von der Straße Bei St. Annen bis an die östliche Spitze der Speicherstadt und besteht aus den Speichern S bis X sowie der Feuerwache, dem Windenwärterhaus und den vier Zollamtsgebäuden St. Annen und dem Zollamt Ericus. Block V zeichnet sich durch eine besondere Gestaltung aus: Die roten Backsteinfassaden werden durch horizontale Bänder aus grünen Ziegeln und durch gotische Blendbögen aus hellen Sandsteinen aufwendig gegliedert. Vielfältige Fensterformen beleben die Fassadenansichten. Der westlichste Eingang ist hervorgehoben in Jugendstilformen gestaltet.
Brooksbrücke
Die 1888 eröffnete stählerne Bogenbrücke war einer der Hauptzugänge zur neu errichteten Speicherstadt, die allein der Warenaufbewahrung diente. Davor waren die hamburgischen Kaufmannshäuser Kontor-, Wohn- und Lagerhaus in einem, wie man noch an der Deichstraße nachvollziehen kann, die sich unweit der Brücke befindet und sich durch das letzte Ensemble bürgerlicher Häuser aus dem 17.–19. Jahrhundert auszeichnet. Die Torbauten und der Skulpturenschmuck der Brooksbrücke wurden im 2. Weltkrieg zerstört. Inzwischen zieren sie Plastiken von Jörg Plickat, die Europa, Hammonia, St. Ansgar und Barbarossa darstellen (2001–2006).
Constructed between 1883 and 1927, the centrally located warehouse district – the Speicherstadt – in Hamburg harbour extending over a length of 1.1 km was the largest and most modern logistics hub of its time. The construction of the Speicherstadt was a consequence of the 1888 treaty integrating Hamburg into the German Customs Union. As compensation for the loss of its previous privileges a free harbour zone was established. In charge of planning was the city’s senior civil engineer Franz Andreas Meyer. Setting new standards for building methods and facilities, the Speicherstadt is exceptional for its high degree of coherence in architectural and urban planning terms. The quarter was uniformly built with red brick façades, predominantly with Neo-Gothic features of the “Hanover School”. Especially notable is the representative character of the mainly functional buildings, a result of their proximity to Hamburg’s historic centre. This and its sheer volume distinguish the Speicherstadt significantly from warehouse complexes in other harbour cities. Thanks to the scrupulous reconstruction of the district after the devastation of World War II, today the Speicherstadt is the largest intact and coherently designed warehouse ensemble in the world.
Die große Choleraepidemie von 1892 war der Anlass, die heruntergekommenen Altbaugebiete der Innenstadt, die „Gängeviertel“, seit 1912 abzureißen und stattdessen das erste reine Büroviertel auf dem europäischen Kontinent zu errichten. Im 2. Weltkrieg blieb es von Zerstörungen weitgehend verschont und besteht vorwiegend aus Bauten der 1920er, 30er und 50er Jahren. Mit seinen Kontorhausblocks und seiner Klinkerarchitektur ist das Quartier ein Wahrzeichen Hamburgs.
Die Mitte der von Fritz Schumacher geplanten städtebaulichen Anlage bildet der Burchardplatz, um den sich in weiterem Kreis das Chilehaus, der Meßberg-, der Mohlen- und der Sprinkenhof gruppieren. Diese Gebäude gehören zu den bedeutendsten Bauten ihrer Zeit und besitzen als Werke von teils international bekannten Architekten der 1920er Jahre hohen künstlerischen Wert.
Sprinkenhof Altstädter Str. 2 Das größte Gebäude im Kontorhausviertel entstand in drei Bauabschnitten von 1927 bis 1943. Die Pläne stammen von Fritz Höger sowie Hans und Oskar Gerson. Während des zweiten Bauabschnittes 1930–1932 verstarb 1931 Hans Gerson. Die letzte Bauphase von 1939–1943 wurde von Fritz Höger geleitet, der 1933 in die NSDAP eingetreten war. Oskar Gerson wurde als Jude verfolgt und 1939 in die Emigration getrieben. Der Stahlbetonskelettbau umschließt drei Innenhöfe und ist aufwändig mit Klinkern im Zierverband, Vergoldungen und Terrakotten dekoriert, die von Ludwig Kunstmann stammen. Gegenüber dem Chilehaus ist die Fassade (erster Bauabschnitt) mit Rauten und stark hervortretenden Reliefmedaillons überzogen, die hamburgische Motive wie Möwen oder das Hamburg-Wappen widergeben. Mit Zahnrädern, Segelschiffen etc. verweisen die Reliefs auf Branchen, die im Sprinkenhof ihre Niederlassungen hatten.
Meßberghof / Ballinhaus Meßberg 1
Das Ballinhaus, benannt nach dem bedeutenden Reeder Albert Ballin, entstand als eines der ersten Gebäude des Kontorhausviertels, zeitgleich mit dem Chilehaus (1922–1924), nach Plänen der Architekten Hans und Oskar Gerson. 1938 erhielt es den Namen Meßberghaus, da der Reichsstatthalter Karl Kaufmann verfügt hatte, alle Straßen und Gebäude, die nach Jüdinnen und Juden benannt waren, umzubenennen. Das zehngeschossige Hochhaus, das zurückhaltend dekoriert ist, steht in direkter Sichtbeziehung zur Speicherstadt auf der innerstädtischen Seite des Zollkanals und hebt sich mit seinen ruhigen, bewusst flächig gehaltenen Fassaden deutlich vom Chilehaus ab. Ursprünglich schmückten Skulpturen von Ludwig Kunstmann den Bau. 1997 wurden stattdessen neu gestaltete Bronzeskulpturen von Lothar Fischer angebracht. Im Inneren findet man noch eine Eingangshalle mit beeindruckendem Treppenhaus mit rundem Treppenauge. Die Fußböden bestehen aus hellen polierten Sandsteinplatten, die Wände sind mit Travertin oder farbigen Fliesen verkleidet.
Mohlenhof Burchardplatz 3
Der Mohlenhof wurde von 1927 bis 1928 nach Plänen von Rudolf Klophaus, August Schoch und Erich zu Putlitz errichtet. Der Betonskelettbau hat glatte Klinkerfassaden mit einfach eingeschnittenen Fenstern. Mit seinen schlichten, klar ablesbaren Baukörpern spiegelt das Kontorhaus die Architekturtendenzen der späten 1920er Jahre wider, die weg von den dekorierten expressionistischen Gebäuden wie dem Chilehaus hin zur Architektur des Neuen Bauens führen. Den Haupteingang am Burchardplatz prägt eine überlebensgroße Skulptur von Richard Kuöhl, der auch das Chilehaus mit Bildschmuck versah. Dargestellt ist Merkur, der eine Kogge auf der Schulter trägt und eine Hammonia in Form einer weiblichen Skulptur in der Hand hält, die Hamburg personifiziert. Merkur wird auf beiden Seiten von Reliefs flankiert, die die fünf Kontinente symbolisieren.
Das Chilehaus mit seinem markanten „Schiffsbug“ an der Ostspitze und der elegant geschwungenen Südseite ist wohl eines der bekanntesten Gebäude Hamburgs und des Backstein-Expressionismus.
Fritz Höger entwarf das Kontorhaus zwischen 1922 und 1924 für Henry Brarens Sloman, der vor allem mit dem Import von Chile-Salpeter reich geworden war. Auf der Gebäudespitze befindet sich ein Andenkondor, das Wappentier Chiles. Der zu dekorativen Verbänden vermauerte Klinker und die Bauplastik von Richard Kuöhl prägen den zehngeschossigen Bau.
Das Chilehaus ist eines der ersten Hochhäuser Deutschlands. Im Inneren haben sich die bauzeitlichen Eingangshallen, Treppenhäuser und Erschließungsgänge erhalten. Das Kontorhaus, entstanden während der Inflation zu Beginn der Weimarer Republik, steht für die Hoffnung auf den wirtschaftlichen Aufschwung nach dem 1. Weltkrieg und die international zu beobachtende Entwicklung der 1920er Jahre innerstädtische Bereiche, die ursprünglich dem Wohnen und Arbeiten dienten, zu rein gewerblichen Vierteln umzuwandeln.
Adresse: Pumpen / Burchardstraße
Unser Nationalpark ist Weltnaturerbe
Bilder
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Neuwerk im Sommer 2013
Das Ostvorland mit breitem Priel (Sommer 2013)
Die unendlichen Weiten des Wattenmeeres (Sommer 2013)
Ganz plötzlich kann Seenebel aufziehen (Sommer 2013)
Der alte Leuchtturm von Neuwerk ist schon über 700 Jahre alt. (Sommer 2013)
Das UNESCO-Welterbe-Komitee hat am 27.06.2011 in Paris beschlossen, auch den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer als Teil des Weltnaturerbe Wattenmeer in die Liste der Welterbestätten der Menschheit einzuschreiben.
Er komplettiert damit zugleich den deutschen Anteil des grenzüberschreitenden Welterbegebietes nach der bereits erfolgten Anerkennung des Wattenmeeres in den Niederlanden, in Niedersachsen und Schleswig-Holstein im Juni 2009.
In ihrer Stellungnahme stellt die Kommission fest, dass durch das Erweiterungsgebiet das bereits bestehende Welterbe sowohl in seiner Integrität als auch in seinem Schutz und Management gestärkt wird. Mehr Anerkennung für Hamburgs erfolgreiche Naturschutzarbeit im Wattenmeer kann es nicht geben.
Das Nationalpark-Haus ist das Informationszentrum auf der Insel Neuwerk.