Das als zentrales Lagerhausviertel des Hamburger Hafens errichtete Quartier entstand zwischen 1883 und 1927 als größtes und modernstes Logistikzentrum seiner Zeit und erstreckt sich über eine Länge von 1,1 Kilometer. Anlass zum Bau der Speicherstadt war der für 1888 vereinbarte Anschluss Hamburgs an das Reichszollgebiet. Als Ausgleich wurde der Freihafenbereich geschaffen. Maßgebend für die Planungen war der städtische Oberingenieur Franz Andreas Meyer. Die Speicherstadt, die in ihrer Konstruktionsweise und Ausstattung Maßstäbe setzte, zeichnet sich durch eine hohe architektonische und städtebauliche Geschlossenheit aus: Sie wurde einheitlich mit roten Backsteinfassaden, überwiegend in den neogotischen Formen der „Hannoverschen Bauschule“, errichtet. Besonders ist der repräsentative Charakter der vorwiegend funktionalen Gebäude, der auch der Nähe zur Altstadt geschuldet ist. Darin und in ihrer Größe unterscheidet sich die Speicherstadt erheblich von Lagerhauskomplexen anderer Hafenstädte. Aufgrund des behutsamen Wiederaufbaus nach den Zerstörungen des 2. Weltkrieges ist sie heute das größte zusammenhängende, einheitlich geprägte Speicherensemble der Welt.
Mehr zur Architektur der Speicherstadt auf der Website der HHLA (Hamburger Hafen- und Logistik AG)
Speicher
Sämtliche Blöcke in der Speicherstadt stehen auf Pfahlgründungen aus 12 Meter langen Nadelholzstämmen. Die Blöcke sind in Skelettbauweise errichtet, um möglichst ungeteilte und somit flexibel nutzbare Flächen zur Verfügung stellen zu können. Im Laufe des Baufortschritts wurden unterschiedliche Materialien für die inneren Stützen getestet: Holz, Gusseisen und Eisenbeton. Bedingt durch die Vorgaben von Franz Andreas Meyer hat sich die Speicherstadt in einem einheitlichen, durch die Vielzahl der beteiligten Architekten dennoch abwechslungsreichen, architektonischen Charakter entwickelt, der von weitem an ein mittelalterliches Stadtbild erinnert.

Das „Rathaus“ der Speicherstadt
Bei St. Annen 1
Der westliche Auftakt des Blocks U an der Straße St. Annen wird von dem von 1902 bis 1904 nach Plänen der Architekten Hanssen & Meerwein errichteten fünfgeschossigen Gebäude gebildet, das als Verwaltungszentrale der Hamburger Hafen und Logistik AG dient. Es setzt sich durch seine Gestaltung in Formen der Renaissance, teils auch der Spätgotik, und durch einen großen Uhrenturm von den weiteren Gebäuden der Speicherstadt ab. Es erinnert an Rathausbauten der Zeit. Seiner Funktion und Ähnlichkeit verdankt der Bau seinen Spitznamen.
Mehr Information zum "Rathaus der Speicherstadt" auf der Website der HHLA
Block E (1885-1888)
Brook 9
Der weitgehend erhaltene Bereich des ersten Bauabschnitts ist 600 m lang und wird im Westen von der Straße Kehrwiedersteg, im Osten von der Straße Kannengießerort und der Neuerwegsbrücke begrenzt. Besonders eindrucksvoll ist Block E, der sich zwischen Sandbrücke und Kibbelsteg befindet. Die nordwestliche, abgeschrägte Ecke zur Brooksbrücke hin wird durch ein zusätzliches Geschoss mit vorkragendem Balkon und einem hohen wappengeschmückten Giebel hervorgehoben. Das erste und das zweite Obergeschoss werden durch Bänder aus grünen Glassteinen betont. Dieser Gebäudeteil war vor allem für Büros gedacht, wie man an den großen Fenstern ablesen kann.

Block P und Q/R (1891-1896)
Kannengießerort 7
Der zweite Bauabschnitt besteht nur aus den Blöcken P und Q/R. Die Speicher Q/R hat man statt mit den üblichen steilen Satteldächern mit Flachdächern errichtet, wodurch es gelang 8 statt der üblichen 6 Geschosse unterzubringen. Der nördlich des Wandrahmfleets gelegene Block P ist im Krieg beschädigt und eng am historischen Vorbild wiederaufgebaut worden. Die östliche Giebelseite gestaltete Werner Kallmorgen in Formen der Nachkriegsmoderne aus Trümmersteinen, wobei sich die Fassade in die Nachbarbebauung harmonisch einfügt.
Block V (1899-1927)
Brooktorkai 13
Der dritte Bauabschnitt reicht von der Straße Bei St. Annen bis an die östliche Spitze der Speicherstadt und besteht aus den Speichern S bis X sowie der Feuerwache, dem Windenwärterhaus und den vier Zollamtsgebäuden St. Annen und dem Zollamt Ericus. Block V zeichnet sich durch eine besondere Gestaltung aus: Die roten Backsteinfassaden werden durch horizontale Bänder aus grünen Ziegeln und durch gotische Blendbögen aus hellen Sandsteinen aufwendig gegliedert. Vielfältige Fensterformen beleben die Fassadenansichten. Der westlichste Eingang ist hervorgehoben in Jugendstilformen gestaltet.
Brooksbrücke
Die 1888 eröffnete stählerne Bogenbrücke war einer der Hauptzugänge zur neu errichteten Speicherstadt, die allein der Warenaufbewahrung diente. Davor waren die hamburgischen Kaufmannshäuser Kontor-, Wohn- und Lagerhaus in einem, wie man noch an der Deichstraße nachvollziehen kann, die sich unweit der Brücke befindet und sich durch das letzte Ensemble bürgerlicher Häuser aus dem 17.–19. Jahrhundert auszeichnet. Die Torbauten und der Skulpturenschmuck der Brooksbrücke wurden im 2. Weltkrieg zerstört. Inzwischen zieren sie Plastiken von Jörg Plickat, die Europa, Hammonia, St. Ansgar und Barbarossa darstellen (2001–2006).
- Mehr zur Historie der Speicherstadt auf der Website der HHLA
WAREHOUSE DISTRICT
Constructed between 1883 and 1927, the centrally located warehouse district – the Speicherstadt – in Hamburg harbour extending over a length of 1.1 km was the largest and most modern logistics hub of its time. The construction of the Speicherstadt was a consequence of the 1888 treaty integrating Hamburg into the German Customs Union. As compensation for the loss of its previous privileges a free harbour zone was established. In charge of planning was the city’s senior civil engineer Franz Andreas Meyer. Setting new standards for building methods and facilities, the Speicherstadt is exceptional for its high degree of coherence in architectural and urban planning terms. The quarter was uniformly built with red brick façades, predominantly with Neo-Gothic features of the “Hanover School”. Especially notable is the representative character of the mainly functional buildings, a result of their proximity to Hamburg’s historic centre. This and its sheer volume distinguish the Speicherstadt significantly from warehouse complexes in other harbour cities. Thanks to the scrupulous reconstruction of the district after the devastation of World War II, today the Speicherstadt is the largest intact and coherently designed warehouse ensemble in the world.