Hintergrund
Der Übergang von der Kita in die Grundschule stellt einen wichtigen Meilenstein in der Bildungsbiografie von Kindern dar, welcher nicht nur die jeweiligen Institutionen und das Kind selbst, sondern auch das soziale Umfeld, insbesondere die Erziehungsberechtigten, betrifft. Es handelt sich um einen grundlegenden institutionellen Systemwechsel, in dem sich vor allem das Kind an neue räumliche und zeitliche Strukturen, Normen und Werte sowie pädagogische Konzepte gewöhnen muss. Besteht in der Kita bspw. noch die Möglichkeit, dem Kind die Zeit zu geben, die es für seine individuellen Bildungs- und Entwicklungsprozesse braucht, stehen in der Schule vorgegebene Lernziele und Bildungspläne im Vordergrund.
Um Kindern mit Beeinträchtigungen in der Schule einen erfolgreichen Start zu ermöglichen und kontinuierliche Lernentwicklungsprozesse zu fördern, gilt es insbesondere aus inklusiver Perspektive, die Voraussetzungen für einen gelingenden Systemübergang zu schaffen.
Vor diesem Hintergrund setzten sich die Teilnehmer*innen auf dem Fachtag im Wesentlichen mit den folgenden Fragestellungen auseinander:
- Welche Faktoren tragen zu einem gelingenden Systemübergang bei und wie kann der Übergang von der Kita in die Grundschule inklusiv gestaltet werden?
- Was braucht es, damit Kita und Schule Inklusion als gemeinsamen Auftrag erfüllen können
- Wie kann eine Anschlussfähigkeit beider Systeme und eine kooperative Einbindung der Familien gewährleistet werden?
Ablauf
Der Fachtag begann für die Teilnehmenden mit drei Fachvorträgen. Zunächst informierten die Behörde für Schule und Berufsbildung (vertreten durch Martina Hoppe), die Sozialbehörde (vertreten durch Dr. Dirk Bange) und das Regionale Bildungs- und Beratungszentrum (ReBBZ) Altona-West (vertreten durch Jan Wagner) über den aktuellen Sachstand beim Thema inklusiver Übergang von der Kita in die Schule in Hamburg (Titel: "Der Übergang von der Kita in die Grundschule – Inklusion als Chance").
Im Anschluss erfuhren die Teilnehmenden anhand eines Praxisbeispiels aus dem Bildungshaus Lurup zum Thema Sprachbildung von Julia Kock und Hanni Warnken, wie eine durchgängige inklusive Förderung in Zusammenarbeit von Kita und Schule auch für Kinder mit Behinderungen gelingen kann.
Die besondere Bedeutung der Erziehungsberechtigten im Übergangsprozess stellte Dr. Angela Ehlers (Bundesvorsitzende des Verbands Sonderpädagogik) in ihrem Vortrag vor (Titel: "Im Brennglas. Eltern von Kindern mit Behinderungen oder Teilhabe-Einschränkungen - wir nehmen Sie mit!").
Am Nachmittag ging es für die Teilnehmenden in die praktische Phase. In vier Workshops setzten sich die Teilnehmer*innen mit den Herausforderungen eines inklusiven Übergangs in der Praxis auseinander und leiteten Handlungsempfehlungen daraus ab.
Im Anschluss an die Workshops und Vorstellung der Ergebnisse folgte eine Podiumsdiskussion mit folgenden Personen:
- Dr. Mario Bauer (Bezirksamt Hamburg-Nord Gesundheitsamt)
- Angela Ehlers (Bundesvorsitzende des Verbands Sonderpädagogik)
- Wolfgang Fien (Behörde für Schule und Berufsbildung)
- Norbert Ganter (KiTa Moorwisch, Ev. Stiftung Alsterdorf)
- Corinna Saalbach (Schule Langbargheide)
- Kerrin Stumpf (Leben mit Behinderung Hamburg Elternverein e.V.)
- Inga Wischke (Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration)
Zentraler Gegenstand der Diskussion war hierbei die Einschätzung der Teilnehmenden, wie gut Hamburg beim Übergang von der Kita in die Schule im Kontext der Inklusion aufgestellt sei – gebeten wurde um eine Einschätzung auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 1 die schlechteste und 10 die beste Bewertung darstellte. Die Teilnehmenden bewerteten Hamburg mit insgesamt 38 von 70 möglichen Punkten. Dr. Angela Ehlers betonte, dass die inklusive Bildung und damit auch der Übergang Kita und Schule im Hinblick auf Inklusion in Hamburg sehr gut vorangeschritten sei. Im Vergleich zu anderen Bundesländern sei die Hansestadt in der Hinsicht sehr gut aufgestellt. Nichtsdestotrotz bemängelte sie, dass die Inklusion auch in Hamburg nur langsam voran geht. Dafür, dass in Hamburg dieses Thema so lange bewegt werde, wünsche sie sich, dass die Prozesse schneller und effizienter seien. Inga Wischke teilte diese Bewertung und hob das Bildungshaus Lurup als positives Beispiel mit einer Bewertung von 10 Punkten hervor. Wolfgang Fien gab Hamburg 7 Punkte und lobte die strukturellen Voraussetzungen, kritisierte jedoch die Umsetzung. Kerrin Stumpf betonte die ausreichenden inklusiven Angebote für Kinder bis 6 Jahre, während es für ältere Kinder schlechter aussehe. Dr. Mario Bauer gab 5 Punkte und wies auf den fehlenden Austausch von Kitas und Schulen hin. Corinna Saalbach betonte den Mangel an bspw. Schulbegleitungen und qualifizierten Personal und forderte diesbezüglich Unterstützung seitens der Behörden. Norbert Ganter stimmte ebenfalls mit 5 Punkten ab und betonte die Herausforderungen insbesondere im Bereich personeller Ressourcen.
In Bezug auf das Bildungshaus Lurup betonten die Podiumsteilnehmenden, dass hier nicht nur die Kinder im Mittelpunkt stünden, sondern auch die Eltern unterstützt werden. Hamburg könne von solchen Ansätzen profitieren. Hierfür brauche es manchmal den Mut, unabhängig von bürokratischen und sich häufig zeitlich verzögernden Entscheidungen der Verwaltung, als Institution den ersten Schritt zu gehen und Veränderungen anzustoßen. Das Bildungshaus Lurup sei bereits seit 16 Jahren im Bildungsbereich aktiv und bietet Ganztagsschulangebote für Kinder mit Inklusionsbedarf an.
In den Abschlussstatements äußerten die Teilnehmenden ihre nächsten Schritte und Wünsche für Hamburg. Norbert Ganter betonte die Bedeutung der Bündelung von Fachinformationen und deren Weitergabe an Entscheidungsträger. Corinna Saalbach forderte schnellere Prozesse und weniger Bürokratie, um Kinder schneller zu fördern. Dr. Mario Bauer betonte die frühzeitige Benennung und Erkennung von Bedarf. Kerrin Stumpf forderte bessere Informationsverfügbarkeit für Kinder und deren Familien, insbesondere in leichter Sprache. Wolfgang Fien legte den Fokus auf die Bedürfnisse des Kindes vor der Wahl der richtigen Schule. Inga Wischke betonte den Austausch und die Unterstützung für Familien. Dr. Angela Ehlers hob hervor, dass Kinder im Mittelpunkt stehen und ihre Interessen und Bedürfnisse berücksichtigt werden sollten.
Ergebnisse
Alle Präsentationen und Zusammenfassungen der jeweiligen Beiträge sowie die Ergebnisse der Workshops stehen Ihnen nachfolgend als Download zur Verfügung. Die Unterlagen werden zeitnah auch als barrierefreie Dokumente veröffentlicht.
Darüber hinaus wurden die Fachvorträge und Workshop-Ergebnisse mit Hilfe von Graphic Recording visualisiert. Das Ergebnis finden Sie im Download-Bereich.
Ausblick
Die Ergebnisse des Fachtages wird die Senatskoordinatorin in einem gemeinsamen Gespräch mit der Schul- und Sozialbehörde erörtern und notwendige Handlungsempfehlungen daraus ableiten.