Antisemitismus zu beschreiben ist gar nicht so einfach, deswegen gibt es verschiedene Versuche Antisemitismus zu definieren.
Was ist Antisemitismus?
Antisemitismus meint Judenfeindschaft und grundsätzlich geht es bei Antisemitismus darum, dass einzelnen Menschen, Menschengruppen oder Institutionen aufgrund ihrer vermeintlichen Zugehörigkeit zu jüdischen Identität bestimmte negative Eigenschaften zugeschrieben werden.
Es zählt also nicht, wie sich eine Person verhält. Einzig ihre wahrgenommene Identität entscheidet darüber, ob die Person negativ beurteilt wird.
Wahrgenommene Identität meint hier übrigens, dass eine Person nicht einmal wirklich jüdischer Identität sein muss, um Vorurteilen oder gar Gewalt ausgesetzt zu werden. Es reicht, wenn diese Person von anderen als „jüdisch“ wahrgenommen wird.
Seit der Staatsgründung Israels beziehen sich diese Vorurteile auch auf den Staat Israel und die meisten seiner Bewohner. Dies führt dazu, dass Menschen Israel die Existenzberechtigung absprechen und hinter der Politik Israels stets böse Mächte vermuten.
Vorurteile gegen Jüdinnen und Juden
Eigenschaften die als jüdisch gelten und Vorurteile über jüdische Menschen gibt es viele. Und die allermeisten davon haben eine lange, teilweise Jahrhunderte alte Geschichte.
Und obwohl sie mit der Realität nichts zu tun haben, werden Sie heute immer noch benutzt. Viele davon haben ihren Ursprung im christlichen Glauben.
Besonders perfide wurden sie ab dem 19. Jahrhundert eingesetzt, als vermeintlich jüdische Eigenschaften mit der sogenannten Rassenlehre verknüpft wurden. Das bedeutet, dass man Menschen unabhängig von ihrer tatsächlichen Identität als Jüdinnen oder Juden definierte, so als wären sie und bestimmte erfundene Eigenschaften quasi genetisch eingebrannt.
Auf diese Weise wurden jüdische Menschen oder solche Menschen, die als jüdisch definiert wurden, gegenüber nicht-jüdischen Menschen abgewertet. Diese Vorstellungen ebneten den Weg zur Shoa, dem nationalsozialistischen Völkermord an Millionen von Jüdinnen und Juden in Europa.
Wie funktioniert Antisemitismus?
Antisemitismus gibt es nicht, weil es Jüdinnen und Juden gibt. Es gibt Antisemitismus, weil er einen vermeintlichen Nutzen für die Menschen hat, die ihn gewollt oder ungewollt benutzen und reproduzieren.
Reproduzieren meint hier, dass Menschen sich in ihrem Alltag antisemitisch äußern oder gar Verhalten. Dies kann mehr oder weniger unbewusst passieren, indem sie zum Beispiel bestimmte Vorurteile oder Verschwörungsmythen verbreiten, oder indem sie antisemitische "Witze" machen. Aber auch ganz bewusst, indem andere Menschen beleidigt oder angegriffen werden.
Wenn den Vorurteilen oder "Witzen" dann nicht widersprochen wird, bei Beleidigungen oder Angriffen nicht geholfen und im Alltag keine Solidarität mit Betroffenen gezeigt wird, reproduziert sich Antisemitismus immer weiter.
Der latente Nutzen von antisemitistischen Einstellungen liegt häufig darin begründet, dass damit die Komplexität menschlichen Zusammenlebens reduziert wird. Vielen Menschen erscheint die Welt gerade heutzutage als komplex und unberechenbar.
Viele sind versucht, die Ungerechtigkeiten und das Elend der Welt auf das vermeintliche Wirken einiger weniger Personen oder Gruppen, wie Manager und Intellektuelle, zurückzuführen und die Welt in Gut und Böse einzuteilen. Dabei wird dann häufig an die oben beschriebenen Vorurteile gegenüber Jüdinnen und Juden angeknüpft.
Manche Menschen oder politischen Akteure instrumentalisieren Antisemitismus aber ganz gezielt, um ihre Ziele zu erreichen. Dies trifft zum Beispiel auf die Blutkult- oder Ritualmordlegende zu, der zufolge Jüdinnen und Juden das Blut nichtjüdischer Kinder für rituelle Zwecke benutzen würden.
Diesen Kult gibt es nicht und hat es in der langen Geschichte des Judentums nie gegeben. Benutzt wird diese Legende aber heutzutage immer noch, um den Staat Israel zu diskreditieren und ihm seine Existenzberechtigung abzusprechen.