Völkerrechtsverbrechen können nicht nur vor dem Internationalen Strafgerichtshof verfolgt werden, sondern seit 20 Jahren auf Grundlage des Völkerstrafgesetzbuchs auch vor deutschen Gerichten. Kurz nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine leitete der Generalbundesanwalt wegen möglicher Kriegsverbrechen Russlands ein sogenanntes Strukturermittlungsverfahren ein. Bei den Rechten der Opfer weisen die Regelungen zum Völkerstrafprozess allerdings Defizite auf.
Gallina will erreichen, dass der Bund die Opferrechte im Völkerstrafprozess entsprechend stärkt. Der Bundesjustizminister soll demnach aufgefordert werden zu prüfen, ob und wie die Beteiligung von Verletzten in Verfahren nach dem Völkerstrafgesetzbuch in einer Weise gesetzlich verankert werden kann, die eine effektive Durchführung der Hauptverhandlung ermöglicht. Dafür könnten zum Beispiel die Delikte des Völkerstrafgesetzbuchs in den Katalog der Nebenklagedelikte aufgenommen werden - wie beispielsweise das Verbrechen des Völkermords.
Weil sich solche Verbrechen gegen eine ganze Zivilbevölkerung richten können, muss gleichzeitig sichergestellt werden, dass ein Verfahren trotz der möglicherweise hohen Anzahl an Verletzten effizient geführt werden kann. Möglich wäre hier zum Beispiel eine stärkere Bündelung der Nebenklagen.
Anna Gallina: "Wir müssen die Beteiligung der Opfer von Kriegsverbrechen in Völkerstrafprozessen stärken. Das Bundesjustizministerium sollten dringend prüfen, welche gesetzlichen Lücken für diese Opfer geschlossen werden müssen. Insbesondere sollte geprüft werden, ob ihnen die gleichen Rechte zukommen sollten wie den Opfern anderer Verbrechen wie Vergewaltigung oder Menschenhandel. Opfer von Kriegsverbrechen müssen eine gewichtigere und eigenständigere Rolle in Völkerstrafprozessen vor deutschen Gerichten bekommen."
Thüringens Justizminister Dirk Adams hat sich der Forderung aus Hamburg angeschlossen: "Die Stärkung von Opferrechten hinsichtlich des Völkerstrafrechts ist ein wichtiger Schritt, der auf dessen grundlegenden Gedanken beruht. Denn zu viele Opfer - mitunter die gesamte Zivilbevölkerung - finden gar kein Gehör, weil sie keinen Zugang zur Justiz und keine Unterstützung erhalten. Daneben sollten auch die flankierenden Regelungen in den Blick genommen werden, um Völkerstrafprozesse weiterhin prozessökonomisch durchführen zu können. Zum Beispiel durch die Bündelung der teilweise sehr hohen Zahl an Nebenklägern."