Justizsenatorin Anna Gallina: "Eine zentrale Frage dieser Konferenz war, wie wir den freiheitlichen Rechtsstaat stärken und die Justiz besser vor Verfassungsfeinden schützen. Der Blick in autoritär regierte Länder zeigt, wie sehr die Justiz unter Druck geraten kann. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Federführung Hamburgs hat sich deshalb seit vergangenem Herbst damit befasst, wie das Bundes- und Landesrecht diesen Schutz noch besser sicherstellen kann, im Mittelpunkt stand die Stärkung des Bundesverfassungsgerichts. Die Beratungen waren intensiv, zielgerichtet und parteiübergreifend - und nun haben wir ein Paket an möglichen Maßnahmen und einen Gesetzentwurf zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts, der im Austausch mit ehemaligen Mitgliedern des Gerichts entstanden ist. Die Überlegungen sind ein guter Ausgangspunkt für die Gespräche zwischen dem Bund und den Ländern. Wir müssen gemeinsam eine mögliche Schwächung des Rechtsstaats verhindern und das Bundesverfassungsgericht stärker absichern."
Die Konferenz hält eine Ergänzung der Artikel 93 und 94 des Grundgesetzes für dringend geboten, um die unabhängige und unparteiliche Stellung des Bundesverfassungsgerichts zu stärken und seine Funktionsfähigkeit zu wahren. Besonders geprüft und abgewogen werden sollen dabei die verfassungsrechtliche Verankerung der Zweidrittelmehrheit für die Wahl der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts und eines Ausgleichsmechanismus für Wahlblockaden sowie die Frage, ob Änderungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes die Zustimmung des Bundesrats erfordern sollen. Da die Stärkung des Rechtsstaats und die Sicherstellung seiner Wehrhaftigkeit im gemeinsamen Interesse von Bund und Ländern liegen, ist laut Beschluss zudem die Fortsetzung und Erweiterung des Pakts für den Rechtsstaat unerlässlich.
Beschlossen wurde auch ein Antrag aus Hamburg zum zivilrechtlichen Umgang mit sogenannten Deepfakes, also manipulierten Fotos, Videos und Audiodateien. Der Bund wird aufgefordert, gesetzgeberische Maßnahmen zu prüfen, damit sich Betroffene schneller, einfacher und ohne großes Kostenrisiko zur Wehr setzen und auf Entschädigung klagen können. Dabei soll insbesondere auch die Rolle der Dienstanbieter, wie z. B. soziale Netzwerke, auf denen die Deepfakes veröffentlicht wurden, genauer in den Blick genommen werden. Zudem stellt der Beschluss Regulierungsbedarf bei den Programmen fest, mit denen Deepfakes erstellt werden können - zum Beispiel in Form einer Kennzeichnung ähnlich einem Wasserzeichen, die in die entsprechende Deepfake-Aufnahme integriert wird. Gallina: Deepfakes verletzen das Persönlichkeitsrecht massiv und diskreditieren oder entwürdigen Personen des öffentlichen Lebens, aber auch Privatpersonen. Gleichzeitig können Deepfakes auch für gezielte Desinformation genutzt werden, dem Ruf von Personen, Institutionen und Unternehmen nachhaltig schaden und auch der Qualität der öffentlichen Debatte schweren Schaden zufügen."
Auf Initiative von Hamburg sprach sich die Konferenz der Justizminister:innen zudem für ein stärkeres Vorgehen gegen Hass und Hetze im Netz aus. Die Justizminister:innen haben den Bund bereits vor drei Jahren um Prüfung gebeten, ob bei Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung ein erweiterter Strafrahmen oder eine erhöhte Mindeststrafe notwendig ist, wenn die Tat rassistisch, antisemitisch oder generell menschenverachtend ist. Laut Beschluss sollen auch sexualbezogene Beleidigungen in die Prüfung miteinbezogen werden, genauso wie sogenannte Hate Storms - also von mehreren Personen nebeneinander begangene Beleidigungen im Internet. Senatorin Gallina: "Die Zunahme von Hass und Hetze im Internet ist besorgniserregend. Gleichzeitig hinken unsere Gesetze in bestimmten Bereichen dem digitalen Zeitalter hinterher. Wir müssen deshalb das Unrecht der Beleidigung grundlegend überprüfen und gegebenenfalls an die digitale Realität anpassen. Hass und Hetze im Netz sind ein gewaltiges Problem, sexualbezogene Herabwürdigungen treffen vor allem Frauen und queere Personen und können für die Betroffenen erhebliche Folgen haben."
Die Justizminister:innen stimmten auch für eine Initiative aus Hamburg, die eine stärkere Kostenbeteiligung des Bundes und der EU an der Europäischen Staatsanwaltschaft in Deutschland fordert. Den jeweiligen Ländern, die die Finanzierung der Arbeitsplatzausstattung und der Folgedienste übernehmen, entstehen erhebliche zusätzliche Kosten. Zudem sind die Verfahrenskosten gestiegen. Gleiches gilt für die Bedarfe der Europäischen Staatsanwaltschaft an der Inanspruchnahme von nationalen Wirtschaftsreferent:innen und Rechtspfleger:innen, letztere insbesondere für die Umsetzung vermögenssichernder Maßnahmen. Der Bund soll eine Unterstützung der Länder prüfen und sich zudem für eine stärkere Kostenbeteiligung der EU einsetzen. Gallina: "Die neue europäische Strafverfolgungsbehörde leistet einen wichtigen Beitrag zur konsequenten Verfolgung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union. Bei der Unterstützung der Europäischen Staatsanwaltschaft handelt es sich um eine gesamtstaatliche Aufgabe. An den Kosten, die hierdurch den Ländern entstehen, sollte sich der Bund entsprechend beteiligen."
Die Beschlüsse der Konferenz sind abrufbar unter www.jumiko.de.