Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gab vergangenes Jahr einer Verfassungsbeschwerde von zwei Strafgefangenen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen statt. Zur Begründung führte das BVerfG aus, dass die geringe Vergütung gegen das Resozialisierungsgebot verstoße.
Darüber hinaus kritisierte das BVerfG grundsätzlich, dass aus den aktuellen landesgesetzlichen Regelungen keine schlüssigen und widerspruchsfreien Resozialisierungskonzepte erkennbar seien.
Hamburg hat diese Entscheidung zum Anlass genommen eine Gesetzesreform auf den Weg zu bringen, die eine weitere gesetzliche Konkretisierung und Schärfung des Resozialisierungskonzepts sowie eine verbesserte Gefangenenvergütung beinhaltet. Die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz beteiligt im nächsten Schritt die Verbände, bevor der Entwurf der Bürgerschaft zugeleitet wird.
Anna Gallina, Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz: "Mit diesem Gesetzentwurf machen wir in dieser Legislaturperiode einen weiteren wichtigen Modernisierungsschritt im Justizvollzug. In der gelebten Praxis im Hamburger Justizvollzug schauen wir schon lange auf die individuellen Bedürfnisse um eine erfolgreiche Resozialisierung möglich zu machen. Jetzt passen wir unsere gesetzlichen Regelungen entsprechend an und schärfen nochmal die Bedeutung und Ziele der individuellen Resozialisierungsmaßnahmen. Auch die Einführung des Übergangschoachings in der Untersuchungshaft werden wir gesetzlich verankern. Arbeit hat einen wichtigen Stellenwert in unserer Gesellschaft, da ist der Justizvollzug keine Ausnahme. Arbeit ist häufig ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Resozialisierung. Damit Arbeit im Justizvollzug zu diesem Ziel beitragen kann, muss eine regelmäßige Tätigkeit auch mit ausreichend Anerkennung verbunden sein. Deshalb erhöhen wir die Arbeitsvergütung spürbar. Die Gefangenen erhalten künftig in etwa das, was vom Mindestlohn nach Abzug der wesentlichen Lebenshaltungskosten übrigbleibt, denn letztere werden bereits durch den Justizvollzug abgedeckt."
Statt wie bislang neun Prozent des deutschen Durchschnittseinkommens sollen Gefangene ab dem 1. Juli 2025 15 Prozent für ihre Arbeit in Haft erhalten. Haben Gefangene in Hamburg demnach 15,27 Euro Tagessatz für ihre Arbeit erhalten, sollen sie künftig 25,45 Euro pro Tag verdienen. Bei den Sicherungsverwahrten, für die das sogenannte Abstandsgebot zum Vollzug der Freiheitsstrafe gilt, wird die Vergütung von aktuell 16 Prozent auf 22 Prozent steigen. Darüber hinaus wird auch die Zahl der Freistellungstage von derzeit maximal sechs auf künftig maximal zwölf Tage pro Jahr erhöht. Die noch geltende Arbeitspflicht im Justizvollzug soll mit der Reform entfallen.
Zentraler Punkt des neuen Justizvollzugsrechts ist außerdem die moderne Gesetzesstruktur. Aus ihr wird deutlich, dass alle Resozialisierungsmaßnahmen zunächst einmal den gleichen Stellenwert haben. Erst die konkreten Bedarfe der Gefangenen geben ihnen im Einzelfall ihre individuelle Bedeutung. Flankiert wird die Reform von einer Evaluierung sämtlicher Resozialisierungsmaßnehmen mit dem Fokus auf Arbeit und Vergütung.
Im Zuge der Gesetzesreform wird auch das Hamburgische Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz geändert. Das Übergangscoaching für Untersuchungsgefangene, das bereits im November 2023 einstimmig von der Bürgerschaft beschlossen wurde und im April 2024 gestartet ist, wird gesetzlich verankert. Damit wird dauerhaft sichergestellt, dass auch Untersuchungsgefangene von den Vorteilen eines (entlassungs-)vorbereitenden Fallmanagements profitieren.