Jochen Riehle, Leiter des Fachbereichs Lebensmittelsicherheit und Zoonosen am Institut für Hygiene und Umwelt: "Im Moment dienen unsere Analysen, die wir im Auftrag der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz durchführen, vor allem der Datenerhebung. Zum einen, um eine Datenbasis zu schaffen, auf der die EU schnellstmöglich Höchstgehalte für Alternaria-Toxine festlegen kann. Zum anderen können die Analysenergebnisse von den Herstellern als Monitoring genutzt werden, um das Risiko der Kontamination zu verringern und Maßnahmen einzuleiten."
Schimmelpilze der Gattung Alternaria sind in der Umwelt weit verbreitet. Sie können Pflanzen wie zum Beispiel Getreide, Ölsaaten, Tomaten, Äpfel und Oliven befallen. Wie gefährlich Alternaria-Toxine für den Menschen sind, ist noch nicht ausreichend erforscht, es gibt aber viele Hinweise auf potenziell gesundheitsschädliche Wirkungen. Die EU-Kommission hat daher in der Empfehlung (EU) 2022/553 zunächst sogenannte Richtwerte für häufig kontaminierte Lebensmittelgruppen festgelegt, für die die Datenlage ausreichend war. Außerdem enthält die Empfehlung einen Aufruf zum Start eines EU-weiten Monitoring: Um das Risiko besser abschätzen zu können, sollen verschiedene pflanzliche Lebensmittel verstärkt auf die Toxine Alternariol, Alternariolmonomethylether und Tenuazonsäure untersucht werden.
Das Hamburger Landeslabor hat bereits 2019 eine Untersuchungsmethode für diese Toxine etabliert und seitdem fast 250 Proben damit analysiert. Von den untersuchten Proben waren 85,5 Prozent mit Alternaria-Toxinen belastet. Besonders auffällig waren dabei Tomatenerzeugnisse (Tomatensaft, passierte Tomaten, Ketchup, Tomatenmark), in denen in jeder Probe Alternaria-Toxine nachweisbar waren. Die höchsten Gehalte wurden bei getrockneten Feigen festgestellt. Hier wurde der EU-Richtwert von 1000 µg/kg für Tenuazonsäure in getrockneten Feigen mehrfach überschritten.
Die Untersuchungsergebnisse werden an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und von dort an die EFSA übermittelt. Die Rechtslage ist daher zunächst auf europäischer Ebene weiter zu bewerten.
Gleichwohl können Lebensmittelunternehmen schon jetzt etwas tun. Bei Überschreitungen der Richtwerte sollte ermittelt werden, welche Faktoren zum Vorhandensein von Alternaria-Toxinen führen beziehungsweise wie sich die Lebensmittelverarbeitung auswirkt. Entsprechend dem ALARA-Prinzip (ALARA = as low as reasonably achievable) sind Kontaminanten vom Hersteller eines Lebensmittels auf so niedrige Gehalte zu begrenzen, wie sie durch gute Praxis auf allen Stufen der Herstellung und Verarbeitung sinnvoll erreicht werden können.
Die erhobenen Analysedaten und die durch die Lebensmittelunternehmen gemeinsam mit der Lebensmittelüberwachung eingeleiteten Ursachenanalysen und Korrekturmaßnahmen sind ein wichtiger Beitrag zum gesundheitlichen Verbraucherschutz.