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Rechtspolitische Impulse für den Bund

Justizminister:innen stimmen für Initiativen aus Hamburg

06. Juni 2025 Pressemitteilung

Die Justizminister:innen haben auf ihrer Frühjahrskonferenz am 5. und 6. Juni in Bad Schandau zahlreiche Initiativen aus den Ländern beraten. Auch Anträge aus Hamburg erhielten eine Mehrheit. Ein großes Thema war zudem ein neuer Pakt für den Rechtsstaat zwischen dem Bund und den Ländern.

96. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister Sachsen 2025
96. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister Sachsen 2025 SMJus/Daniel Meißner

Die Justizminister:innen haben sich geschlossen für eine Neuauflage des Pakts für den Rechtsstaat ausgesprochen. Der Beschluss sieht vor, die Justiz gemeinsam mit dem Bund zukunftsfest aufzustellen – durch verbesserte Digitalisierung, beschleunigte Verfahren und eine nachhaltige personelle Stärkung. Die Justizminister:innen halten es unter anderem für erforderlich, dass sich der Bund an der Finanzierung von mindestens 2.000 weiteren neuen Stellen für den richterlichen und staatsanwaltlichen Dienst sowie der in der Folge notwendigen zusätzlichen neuen Stellen im Bereich des nichtrichterlichen und nichtstaats-anwaltlichen Personals in den Gerichten und Staatsanwaltschaften der Länder angemessen und nachhaltig beteiligt. Justizsenatorin Anna Gallina: “Die Justiz weiter zu stärken, ist eine gemeinsame Herausforderung. Es braucht eine neue Vereinbarung mit den Ländern. Immer mehr und komplexere Verfahren, neue Kriminalitätsphänomene und Zusatzbelastungen durch die Gesetzgebung des Bundes erfordern eine Beteiligung des Bundes. Bei der Digitalisierung der Justiz sind wir gemeinsam auf einem sehr guten Weg. Nach dem Vorbild des ersten Paktes für den Rechtsstaat ist das auch bei der personellen Verstärkung der Justiz geboten.“

Die Justizminister:innen befassten sich auf Initiative Hamburgs mit der Situation von Opfern häuslicher Gewalt, die aus der gemeinsam angemieteten Wohnung geflüchtet sind. Sie stellen fest, dass die Opfer Schwierigkeiten haben können, sich aus dem Mietvertrag zu lösen, und dadurch einem Neuanfang Hindernisse entgegenstehen. Den Opfern steht zwar in der Regel ein Anspruch gegen den Mitmieter auf Zustimmung zur Kündigung des Mietvertrags zu. Dieser Anspruch muss jedoch im Streitfall in einem Zivilprozess oder – im Falle verheirateter Mieter – vor den Familiengerichten geltend gemacht werden. Bis zur Kündigung und Räumung der Wohnung haften die Opfer häuslicher Gewalt für weitere Forderungen aus dem Mietverhältnis gesamtschuldnerisch mit. Gallina: “Mit dem Beschluss wollen wir erreichen, dass Opfer häuslicher Gewalt schnell und unkompliziert aus dem Mietvertrag einer gemeinsamen Wohnung mit dem Täter ausscheiden können. Durch die aktuelle Rechtslage kann den Opfern häuslicher Gewalt im Streitfall ein langwieriger belastender Rechtsstreit aufgezwungen werden. Es ist unzumutbar, in dieser Zeit auch noch die Miete des Täters mitzufinanzieren und damit häufig selbst nicht die Ressourcen für eigene neue und sichere vier Wände zu haben. Die Täter können zudem auf diese Weise auch weiterhin Kontrolle über das Leben ihrer Opfer behalten. Deshalb müssen wir die Durchsetzung des Zustimmungsanspruchs gegen den Mitmieter vereinfachen und beschleunigen.“ Die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz wird gebeten, zeitnah Möglichkeiten gesetzlicher Regelungen zu prüfen. Die Rechte der Vermieter:innen bleiben hierbei unberührt. Es soll lediglich die Durchsetzung des bestehenden Kündigungsrechts erleichtert werden.

Beschlossen wurde auch eine Initiative aus Hamburg zur Restitution von NS-Raubkunst und anderem in der NS-Zeit verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut. Die Justizminister:innen stellten fest, dass Opfer von NS-Verfolgung und deren Erbinnen und Erben nur noch in seltensten Fällen Herausgabeansprüche nach § 985 BGB geltend machen können, weil in der Regel zwischenzeitlich ein gutgläubiger Erwerb oder Ersitzung anzunehmen und auch ein hypothetisch noch bestehender Herausgabeanspruch verjährt ist. Bei Kunstwerken in privater Hand sind die Restitutionsaussichten faktisch allein vom guten Willen der privaten Kunstsammler:innen abhängig. Gallina: “Noch immer scheitern Rückgabeansprüche oft an der Verjährung, an gutgläubigem Erwerb oder an der Ersitzung – vor allem, wenn sich die Kunst heute in privater Hand befindet. Die bisherige Rechtslage wird der Sonderstellung des NS-Unrechts nicht gerecht und ist für die Wiedergutmachung gegenüber den damals Geschädigten und der Beseitigung der Unrechtsfolgen unzureichend. Wir wollen, dass bei Kunst – auch im Privatbesitz – die Chancen auf Rückgabe verbessert werden. Wo ein Eingriff ins Eigentum rechtlich schwierig ist, könnten Ausgleichsansprüche geschaffen werden – für eine gerechte Lösung zwischen heutigen Besitzern und den Erben der Verfolgten. Es geht um historische Verantwortung, Wiedergutmachung und um späte Gerechtigkeit.“ Die Justizminister:innen bitten die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, zeitnah einen Vorschlag vorzulegen, wie eine umfassende Restitution von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut erreicht werden kann, und dafür sowohl Änderungen im Sachen- und Verjährungsrecht als auch öffentlich-rechtliche Möglichkeiten umfassend zu prüfen.

Die Justizminister:innen beschlossen zudem eine Initiative aus Hamburg, den gesetzlichen Rahmen für den Umgang mit Asservaten zu optimieren. Die Minister:innen stellen fest, dass die Verwahrung strafprozessual sichergestellter bzw. beschlagnahmter Beweis- und Einziehungsgegenstände angesichts anhaltend hoher und teilweise steigender Verfahrenszahlen eine große Herausforderung für Polizei und Justiz darstellt. Insbesondere für Verfahren aus den Bereichen der Betäubungsmittelkriminalität, des unerlaubten Glücksspiels oder auch der organisierten Wirtschaftskriminalität müssen oftmals Asservate verwahrt werden, die aufgrund ihrer Anzahl oder Größe oder aus Sicherheitsgründen erhebliche Kapazitäten binden. Gallina: “Es braucht eine effiziente Asservatenverwaltung, um insbesondere räumliche und personelle Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden zu schonen. Hierzu können auch eine praxisgerecht handhabbare und gegebenenfalls frühzeitige Herausgabe, Verwertung, Notveräußerung oder Vernichtung der Asservate beitragen, sofern Strafverfolgungszwecke nicht entgegenstehen.“ Der Bund wird um Prüfung gebeten, ob durch eine Optimierung des gesetzlichen Rahmens der Umgang mit Asservaten erleichtert werden kann. Dabei sollten unter anderem ausdrückliche Regelungen zur frühzeitigen Vernichtung nicht verkehrsfähiger Gegenstände in den Blick genommen werden. Gegenstand der Prüfung sollte ferner sein, ob der verurteilten oder aus anderen Gründen verantwortlichen Person die Kosten für den Umgang mit Asservaten auferlegt werden können.

 

Kontakt

Dennis Sulzmann

Pressesprecher

Freie und Hansestadt Hamburg
Behörde für Justiz und Verbraucherschutz
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