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Verdacht eines Dienstvergehens vollständig ausgeräumt

Disziplinarverfahren entlastet Generalstaatsanwalt

25. Mai 2023 Pressemitteilung
  • Justiz und Verbraucherschutz

Das Disziplinarverfahren gegen Generalstaatsanwalt Dr. Jörg Fröhlich, das die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz im Oktober 2022 eingeleitet hatte, ist eingestellt worden. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass ein Dienstvergehen nicht vorliegt. Das Verfahren des zum unabhängigen Ermittlungsführer bestellten Richters am Bundesgerichtshof a.D. Dr. Nikolaus Berger hat im Gegenteil erbracht, dass Herr Dr. Fröhlich in dem zu überprüfenden Dienstgespräch richtigerweise auf die zutreffenden rechtlichen Voraussetzungen hingewiesen hatte. Das Disziplinarverfahren hatte der Generalstaatsanwalt selbst beantragt, um jedwedem bösen Anschein zu begegnen.

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IMAGO / Panthermedia

Das Disziplinarverfahren sollte die in den Medien erhobenen Vorwürfe gegen den Generalstaatsanwalt in einem rechtlich geregelten Verfahren aufklären. In den Berichten war es um eine angebliche rechtswidrige Einflussnahme auf die Einleitung von Ermittlungen gegen den Hamburger Innensenator, den ehemaligen Wirtschaftssenator und den Polizeipräsidenten gegangen. Mit dem Disziplinarverfahren kam die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz als Dienstherrin auch ihrer Fürsorgepflicht nach. Der Generalstaatsanwalt als Bediensteter wurde nun vollständig entlastet, nachdem sich der Verdacht eines Dienstvergehens nicht bestätigt hat.

Einzelheiten

Ausgangspunkt für das Disziplinarverfahren war eine Dienstbesprechung am 9. Juli 2019, in deren Rahmen vom Generalstaatsanwalt unter anderem mit der Leiterin der Korruptionsabteilung, dem zuständigen Hauptabteilungsleiter und dem stellvertretenden Behördenleiter der Staatsanwaltschaft erörtert worden war, ob gegen den ehemaligen Wirtschaftssenator Horch, den Innensenator und früheren Bezirksamtsleiter Grote sowie den Polizeipräsidenten Meyer Ermittlungsverfahren einzuleiten und Durchsuchungsbeschlüsse zu beantragen seien, nachdem diese Personen während einer Betriebsprüfung beim Fußballverein FC St. Pauli für die Veranlagungszeiträume 2013 bis 2016 auf Listen über eine Vergabe von VIP-Freikarten festgestellt worden waren.

Ergebnis dieser gemeinsamen Besprechung – eine Weisung wurde nicht erteilt – war, dass ein Anfangsverdacht für Korruptionsstraftaten nach §§ 331 ff. StGB verneint wurde. Der Vorgang, der schon als steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche des FC St. Pauli geführt wurde (eingestellt bzw. durch Bußgeldbescheid erledigt im Juni 2020), sollte an die hierfür zuständige Abteilung 51 abgegeben werden; für insbesondere im Zuge dieser Ermittlungen eventuell in der Korruptionsabteilung anfallende weitere Erkenntnisse sollte ein Beobachtungsvorgang angelegt werden.

Noch am selben Tage fertigte die Leiterin der Korruptionsabteilung über dieses Gesprächsergebnis einen Aktenvermerk für die Verfahrensakte und einen überwiegend nur ihr zugänglichen Zweitvermerk zu dem angeblichen Verlauf der vertraulichen Dienstbesprechung und dem angeblichen Inhalt der dortigen Äußerungen. Auf diesen nicht mit den Gesprächsteilnehmenden abgestimmten und nicht zu den regulären Verfahrensakten genommenen Zweitvermerk, der unter ungeklärten Umständen presseöffentlich geworden war, hatte sich der Verdacht gestützt, dass im Rahmen der Dienstbesprechung am 9. Juli 2019 sachfremde Erwägungen des Generalstaatsanwaltes dazu geführt haben könnten, von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie anschließenden Durchsuchungsmaßnahmen abzusehen.

Das Ergebnis der disziplinaren Ermittlungen hat den Anfangsverdacht eines hierin liegenden möglichen Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 StPO) nunmehr vollständig entkräftet.

Der Ermittlungsführer im Disziplinarverfahren, Dr. Berger, hat nach Auswertung aller einschlägigen Akten und Unterlagen sowie nach Vernehmung mehrerer Zeug:innen festgestellt, dass zu Recht kein (weiteres) Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsstraftaten eingeleitet wurde und auch sonst die Voraussetzungen für Durchsuchungsmaßnahmen bei Beachtung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu aufgestellten Grundsätze – insbesondere der vom Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit gesetzten Maßstäbe – nicht vorlagen. Soweit Herr Dr. Fröhlich eine entsprechende Auffassung am 9. Juli 2019 vertreten und hierdurch auf das gemeinsame Gesprächsergebnis maßgeblich argumentativ Einfluss genommen hat, ist er seiner Verantwortung für die Rechtmäßigkeit des staatsanwaltschaftlichen Handels in vollem Umfang nachgekommen.

Soweit der Zweitvermerk der Leiterin der Korruptionsabteilung ihre Eindrücke von der Besprechung darstellt, sind die betreffenden Wortbeiträge teils herausgelöst aus dem Gesprächskontext, teils sinnentstellend verkürzt wiedergegeben. Unter Berücksichtigung des rechtlichen Gesamtzusammenhangs der Erörterungen am 9. Juli 2019 sowie der Ergebnisse der Beweisaufnahme des Ermittlungsführers, die einen differenzierteren Gesprächsverlauf der Dienstbesprechung ergeben hat, ist der mögliche Anschein einer sachfremden Argumentation und einer daraus folgenden rechtlich unzulässigen Verfahrensweise seitens des Generalstaatsanwalts vollständig widerlegt.

Hintergrund

Das Disziplinarverfahren ist im Hamburgischen Disziplinargesetz geregelt. Es soll ein mögliches Dienstvergehen feststellen, aber auch eine Person vor unberechtigten Vorwürfen schützen. Liegen demnach konkrete Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat die oder der Dienstvorgesetzte die Pflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten und die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Dabei sind die belastenden, entlastenden und weiteren für die Bemessung einer etwaigen Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände zu ermitteln. Betroffene können Ermittlungen gegen sich beantragen, um sich von dem Verdacht eines Dienstvergehens zu entlasten.