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Arbeitsschutz

Sicherer Umgang mit Diisocyanaten - Schulungspflicht

Schulungspflicht für industrielle und gewerbliche Anwender von Diisocyanaten

Unternehmen müssen ihre Beschäftigten nachweislich bis zum 24. August 2023 schulen. Diese Schulungspflicht ist im Rahmen der europäischen REACH Verordnung[1] verbindlich vorgeschrieben. Lieferanten waren bereits ab dem 24. Februar 2022 verpflichtet, die Schulungspflicht auf dem Etikett ihrer Produkte anzubringen, sofern diese eine Gesamtkonzentration an Diisocyanaten > 0,1 Gew.-% aufweisen.

Folgende Symbole bzw. Gefahrenhinweisen auf dem Etikett oder im Sicherheitsdatenblatt können Ihnen dabei helfen zu erkennen, ob Sie oder Ihr Betrieb von der Schulungspflicht betroffen sind.

BAuA


H334: Kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen.

EUH204: Enthält Isocyanate. Kann allergische Reaktionen hervorrufen.

BAuA


H317: Kann allergische Hautreaktionen verursachen.


Was sind Diisocyanate und warum diese Schulungspflicht?

Diisocyanate (Strukturformel O=C=N-R-N=C=O) sind reaktive, chemische Bausteine, die zur Herstellung einer breiten Palette von Polyurethanprodukten verwendet werden, z. B. in Montageschäumen, Dicht-stoffen, Klebern, Beschichtungen und Lacken. Betroffene Branchen sind unter anderem viele selbstständige Handwerksbetriebe im Bausektor und Kfz-Bereich (Lackierereien), die oft sogenannte 2-Komponenten Reaktionssysteme verwenden.

Die neue EU-weite Regelung adressiert nicht nur die Beschäftigten, sondern auch Selbstständige. Eine Diisocyanat-Exposition z. B. als Aerosol in Sprayanwendungen kann zu berufsbedingtem Asthma führen. Ist die Diagnose berufsbedingtes Asthma gestellt, kann es für die Betroffenen bedeuten, dass sie Ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Die Zahl der anerkannten Berufskrankheiten[2] ist in Deutschland über die Jahre nahezu konstant geblieben. Daher scheint der derzeit bestehende Arbeitsschutz in Deutschland und Europa trotz eines vorhandenen nationalen Arbeitsplatzgrenzwerts als Schutz vor Berufsasthma unzureichend. Das Verhalten am Arbeitsplatz ist entscheidend für einen sicheren Umgang mit Diiso-cyanaten. Die Wirksamkeit von Schulungs- und Trainingsmaßnahmen konnte durch Studien in anderen Europäischen Ländern bestätigt werden.

Wer bietet Schulungen an?

Fachverbände haben entlang der Lieferkette Trainingskonzepte und -material erarbeitet, die gegen eine geringe Schutzgebühr (ab 5 € z. B. bei der ISOPA/ALIPA) in Anspruch genommen werden können. Die Schulungsinhalte wurden europaweit einheitlich erarbeitet und sind auch in Deutsch erhältlich.

Selbstständige und Unternehmen müssen alle betroffenen Beschäftigten nach diesen Inhalten schulen, wobei sich der Umfang an der Art der Tätigkeit bzw. einer möglichen Exposition orientiert. Die Dauer einer solchen Schulung kann daher variieren, dauert aber mindestens 40 min. Die Schulung ist in Module unterteilt und kann webbasiert, in Präsenz oder als Hybrid-Veranstaltung erfolgen.

Die folgende Liste bietet weitere Informationen und auch die Möglichkeit einer Schulungsteilnahme:

  1. Deutsche Handwerkszeitung:
    Schulungspflicht bis 2023: PU-Bauschaum sicher handhaben - dhz.net (deutsche-handwerks-zeitung.de)
  2. Fachverband Schaumkunststoffe und Polyurethane e.V. (FSK):
    Shop | FSK Training (fsk-training.de)
  3. Europäische Fachverbände ISOPA/ALIPA:
    Safe use of Diisocyanates – Selbstlernen (safeusediisocyanates.eu)
  4. REACH-CLP-Biozid Helpdesk:
    Helpdesk - Meldungen - Neue Helpdesk kompakt-Ausgabe zur Beschränkung von Diisocyanaten - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (reach-clp-biozid-helpdesk.de)
  5. Verordnung (EU) 2020/1149 der Kommission vom 3. August 2020 zur Änderung von Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) hinsichtlich Diisocyanaten:
    https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32020R1149&from=DE

Die Unternehmensleitung oder der/die Selbstständige dokumentiert die durchgeführte Schulung. Die Firma, die die Schulung anbietet, stellt den Teilnehmenden eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung muss alle 5 Jahre erfolgen.

Die Schulung stellt somit eine Ergänzung der rechtlichen Vorgaben der Gefahrstoffverordnung nach § 14 (Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten am Arbeitsplatz) dar.

Bitte bedenken Sie, dass ohne Nachweise der Schulung bzw. des Trainings (Bescheinigung) ab dem 24. August 2023 ein Verwendungsverbot besteht!


[1] Aufnahme von Eintrag Nr. 74 in REACH Anhang XVII

[2] BK 1315: Atemwegserkrankung durch Isocyanate und BK 5101: Hauterkrankungen